Sengender Wind. Selva Almada

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Sengender Wind - Selva Almada

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beißen nicht, oder?«, fragte sie besorgt.

      »Nein, sie beißen nicht«, erwiderte Brauer.

      »Jedenfalls, ich kann nicht länger für ihn sorgen. Ich gehe nach Rosario, um Arbeit zu finden; mit dem Jungen ist das zu kompliziert. Ich weiß noch nicht, wo ich bleibe. Es gibt niemanden, wo ich ihn lassen könnte.«

      Der Gringo war mit dem Reinigen seiner Hände fertig und stopfte den Lappen unter den Gürtel. Er steckte sich eine Zigarette an und bot auch der Frau eine an.

      »Ich bin die Schwester von Perico. Ihr habt zusammen in der Baumwollfabrik von Dobronich in Machagai gearbeitet, wenn du dich erinnerst.«

      »Perico. Was treibt er so?«

      »Seit Jahren lässt er nichts von sich hören. Er ist nach Santiago, arbeiten, und ist nie wiedergekommen.«

      Der Junge hatte sich auf den Boden geworfen, und die Hunde bohrten ihm ihre Schnauzen in die Seiten, um an den Stock zu kommen, den er unter sich begraben hatte. Er lachte wie verrückt.

      »Er ist ein guter Junge«, sagte die Frau.

      »Wie alt?«

      »Bald neun. Er gehorcht und ist gesund. Ist gut erzogen.«

      »Hat er Klamotten dabei?«

      »Im Lastwagen habe ich eine Tasche.«

      »Geht klar. Lass ihn hier«, sagte er und schnippte die Kippe zur Seite.

      Die Frau nickte.

      »Er heißt José Emilio, aber wir nennen ihn Tapioca.«

      Als der Lastwagen anfuhr und langsam hoch zur Straße kroch, begann Tapioca zu weinen. Er saß still da, öffnete den Mund, aus dem ein Schluchzen kam, und die Tränen zogen feuchte Spuren ins lehmverschmierte Gesicht. Brauer beugte sich zu ihm herunter.

      »Komm, Junge, komm, wir trinken eine Cola und geben den Hunden was zu essen.«

      Tapioca nickte, ohne den Lastwagen aus den Augen zu lassen, der schon mit seiner Mutter an Bord auf die Straße einbog, um für immer zu verschwinden.

      Brauer packte die Tasche und setzte sich in Richtung Tankstelle in Bewegung. Die Hunde, die hinter dem Lastwagen her gejagt waren und die Böschung erklommen hatten, kamen mit hängenden Zungen langsam wieder herunter. Der Junge zog die Nase hoch, drehte sich um und lief hinter dem Gringo her.

      Tapioca begann den Tisch abzuräumen, und Leni stand auf, ihm zu helfen.

      »Lass mich das machen«, sagte sie und nahm ihm das Besteck aus der Hand. Rasch stapelte sie Teller und Gläser. »Sag mir, wo ich das abwaschen kann.«

      »Da drüben.«

      Leni folgte ihm auf die Rückseite der Behausung zu einem Becken aus Beton mit Wasserhahn. Was sie abspülte, reichte sie Stück für Stück Tapioca. Das nasse Geschirr türmte sich in seinen Armen.

      »Hast du ein Trockentuch?«

      »Drinnen.«

      Sie betraten den einzigen Raum. Es brannte kein Licht, und Leni brauchte eine Weile, bis sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten. Nach und nach nahmen die unförmigen Schatten Gestalt an: ein Herd mit Gasflasche, ein Eisschrank, ein Tischchen, ein paar an die Wand geschraubte Regale, zwei Pritschen und ein Kleiderschrank. Der Boden aus nacktem Beton war sauber.

      Tapioca stellte die Sachen auf den Tisch und griff sich ein Tuch. Leni nahm es ihm ab und begann abzutrocknen.

      »Räum du weg, du weißt, wo alles hingehört«, sagte sie.

      Schweigend erledigten sie die Arbeit. Hier drinnen war es sehr heiß. Als die letzte Gabel abgetrocknet war, schüttelte Leni das Tuch aus und hängte es an die Tischkante.

      »Fertig«, sagte sie lächelnd.

      Tapioca strich sich nervös mit den Händen über die Hosenbeine.

      Leni verrichtete fast nie Hausarbeiten, weil sie und ihr Vater keinen Haushalt hatten. Ihre Wäsche wurde in die Wäscherei gegeben, im Essraum deckten andere den Tisch ab und erledigten den Abwasch, im Hotel machten andere ihr Bett. Weshalb diese Dinge, die einem anderen Mädchen lästig waren, ihr ein gewisses Vergnügen bereiteten. Es war wie Hausfrau spielen.

      »Und jetzt?«, fragte sie.

      Tapioca zuckte mit den Schultern.

      »Gehen wir nach draußen«, sagte sie.

      Beim Hinausgehen mussten sich Lenis Augen erst wieder an das rabiate Sonnenlicht des frühen Nachmittags gewöhnen.

      Der Reverend schlief in seinem Stuhl, und Leni legte den Finger auf die Lippen, damit Tapioca ihn nicht aufweckte. Sie verließ die Veranda und machte ihm ein Zeichen, ihr zu folgen. Der Junge kam.

      »Gehen wir unter den Baum dort«, sagte sie.

      Tapioca ging hinter ihr her. Außer in seiner Kindheit, als er bei seiner Mutter lebte, war er nie in weiblicher Gesellschaft gewesen. Ein anderer Junge wäre misstrauisch geworden, hätte geglaubt, das Mädchen wolle sich einen Spaß mit ihm erlauben.

      Sie setzten sich unter den belaubtesten Baum, den sie finden konnten. Trotzdem hüllte der heiße Wind alles in eine infernalische Schläfrigkeit.

      »Magst du Musik?«, fragte Leni.

      Tapioca zuckte mit den Schultern. Nicht dass er sie gar nicht mochte. Aber richtig mögen, keine Ahnung. Das Radio lief ständig, und manchmal drehte der Gringo es lauter, wenn eine dieser etwas schwerfälligen correntinischen Polkas lief, die beim Hören gute Laune machen. Der Gringo begleitete sie immer mit den typischen Anfeuerungsrufen, manchmal sogar mit ein paar Tanzschritten. Tapioca fand das lustig. Jetzt, wo er darüber nachdachte, gefielen ihm eher die traurigen Lieder, die von Landstreichern und tragischer Liebe handelten. Diese Musik fand er schon schön, bei ihr krampfte sich einem das Herz in der Brust zusammen. Sie machte keine Lust zu tanzen, sondern still zu werden und zur Straße zu schauen.

      »Steck dir das mal rein«, sagte Leni und schob ihm einen Hörstöpsel ins Ohr. Den anderen nahm sie für sich. Tapioca sah sie an. Das Mädchen lächelte und drückte auf Start. Die Musik ließ ihn erst zusammenzucken: Nie hatte er sie so nah gehört, es war, als spielte sie im Gehirn. Sie schloss die Augen, und er machte es ihr nach. Sofort gewöhnte er sich an die Melodie, sie wirkte nicht mehr wie etwas von außen. Es schien, als käme die Musik direkt aus den Eingeweiden.

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