Forschungskreuzer Cimarron. Hubert Haensel
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Читать онлайн книгу Forschungskreuzer Cimarron - Hubert Haensel страница 6
Der Riss im All glühte unverändert. Eine lang gestreckte, brodelnde Verwerfung, die eine vage Vorstellung des Hyperraums entstehen ließ. Hier hatte er sich von selbst geöffnet. Der Anblick ähnelte den Szenen, die sich den Außenkameras beim Eintritt in eine Überlichtetappe boten, auch wenn jener Moment nur einen Sekundenbruchteil währte.
Inmitten des wesenlosen Wallens materialisierten mindestens zehn weitere Kugeln.
»Schockwelle!«, rief Duncan. »Wir …«
Ein Dröhnen, Zischen und Krachen erfüllte die Luft und machte jede Verständigung unmöglich. Von mehreren Seiten stießen die Kugeln auf die CIMARRON herab. Schon berührte die erste den Schutzschirm des Kreuzers. Doch statt in dem Abwehrfeld zu verdampfen, setzte sich die von intensiver werdenden Schlieren überlaufene Kugel zwischen den entstehenden Strukturrissen fest.
Flackernde Warnmeldungen. Ein jäher Energieabfall im Schutzschirm. Die Kommandantin reagierte gedankenschnell und schaltete die Feldprojektoren auf maximale Abgabe.
Drei weitere der jeweils mehrere Meter messenden Seifenblasen stießen auf die CIMARRON zu und hängten sich nacheinander an den Schutzschirm.
»Sie handeln gezielt, als hätten wir es mit denkenden Wesen zu tun«, überlegte Diana. »Dennoch fällt mir die Vorstellung schwer, dass Leben im Vakuum des Alls existieren und sogar die Barriere des Hyperraums überwinden kann. Eher haben wir es mit einer Naturerscheinung zu tun ‒ oder es handelt sich um eine Waffe.«
»Die Kugeln ziehen unsere Energie ab«, bemerkte Duncan nach einem Blick auf die Leistungsanzeige. »Die Bedrohung ist deutlich genug.«
»Solange nicht noch mehr kommen, hält der Schirm!«, rief Ramirez. »Maximal dreißig Minuten – für länger würde ich die Hand aber nicht ins Feuer legen.«
»Wir müssen dagegen vorgehen«, sagte Lemonde. »Was steckt hinter diesen schillernden Blasen? Ich halte sie für Ballungen einer uns unbekannten Energieform. Aber das sollte sich feststellen lassen.«
In einer Seitenwand der Zentrale verliefen die Zuleitungen zu den Schirmfeldprojektoren. Gemeinsam mit zwei Technikern entfernte der Erste Offizier die Abdeckungen und legte einige der schenkeldicken Kabelstränge frei. Alles verlief problemlos. Erst als er einen der Analysatoren für die Testverbindung einsteckte, gab es einen peitschenden Knall. Das handliche Gerät explodierte geradezu. Eine Flammenzunge stach aus dem Anschluss hervor und traf Duncan. Er wurde zur Seite geschleudert und blieb regungslos und mit verrenkten Gliedern liegen.
Diana Rossfeldt schrie auf. Ramirez beugte sich da schon über Lemonde und fühlte nach dessen Puls.
»Duncan lebt«, sagte der Waffentechniker aufatmend.
Ein Dröhnen hallte durch die CIMARRON. Von außen kommende Vibrationen pflanzten sich ins Schiffsinnere fort.
»Entladungen zwischen Schutzschirm und Rumpf!«, meldete Ruttloff. »Sie springen von den Kugeln über.«
Die Kommandantin nickte schwer. Nicht nur sie dachte in dem Moment an die Aufzeichnungen im Bordbuch der XB-18. Bestand ein Zusammenhang zwischen den schillernden Kugeln und dem Verschwinden des Frachters? Bislang war unbekannt, wer oder was die XB-18 angegriffen hatte, doch war es dort zu ähnlichen Erscheinungen gekommen.
Der Schutzschirm schimmerte mittlerweile in einem matten Grau. Zudem zog er sich enger um die CIMARRON zusammen.
Fast jeder in der Zentrale des Kreuzers starrte auf den Hauptbildschirm. Der Schutzschirm ließ kaum mehr Helligkeit durchdringen.
Eben noch hatte Ramirez versucht, den Ersten Offizier ins Bewusstsein zurückzuholen. Ein Befehl der Kommandantin ließ ihn innehalten und an seinen Platz zurückeilen.
»Zielerfassung auf Laser, José! Ich unterbreche die Energiezufuhr für den Schutzschirm. Sobald er zusammenfällt und die Kugeln sich weiter nähern, haben Sie Feuerbefehl!«
»Damit berauben Sie uns unseres einzigen Schutzes«, platzte Ruttloff erschrocken heraus.
Diana zuckte mit den Schultern. »Wollen Sie lieber herausfinden, was geschieht, sobald diese Wand aus Energie das Schiff berührt? Ich fürchte, es würde alles andere als angenehm für uns sein.«
Diana atmete tief ein. »José, aufpassen!« Sie schaltete die Energieversorgung für die Schirmfeldprojektoren ab.
Die schützende Energiehülle verwehte in wabernden Schwaden. Die flirrenden Kugeln blieben dennoch auf Distanz.
»Und nun?«, fragte Ramirez. »Was sollen wir unternehmen?«
Er erhielt keine Antwort, musste aber auch nicht lange warten, bis etwas geschah.
*
Grelles Licht und scharf gezeichnete Schatten, wo eigentlich weder Licht noch Schatten sein durften. Die Landschaft, in der er sich wiederfand, hatte etwas Irreales und Unnatürliches, etwas, was er bislang auf keinem Planeten gesehen hatte ‒ dabei hatte er schon viele fremde Welten betreten. Egal wohin er schaute, eine endlos weite Ebene breitete sich in alle Richtungen aus. Sattgrüne Gewächse wucherten auf rotbraunem Boden, und über ausgedehnte Geröllhalden wehte ein stetiger, warmer Wind.
Er sah keinen Horizont, denn die Ebene verlor sich in trübem Dunst. Der Himmel über ihm war erschreckend bleich und schien weder das Spiel von Wolken zu kennen noch den Schein einer wärmenden, Leben spendenden Sonne.
Er wusste nicht, wo er sich befand. Nicht einmal, wie er an diesen Ort gelangt war.
»Duncan«, murmelte er bei dem Versuch, seine Erinnerung zu erzwingen. Der Klang der eigenen Stimme erschreckte ihn.
Duncan Lemonde. Das war sein Name. Allmählich kehrte sein Gedächtnis zurück, auch wenn mit jedem Bild, das in ihm aufstieg, stärker werdende Schmerzen verbunden waren.
Er war 34 und Offizier der irdischen Raumflotte.
›Duncan‹, klang es in seinen Gedanken nach. ›Du gehörst nicht hierher, nicht in diese Welt.‹
»Wo bin ich?«, seufzte er. Vergeblich, denn es gab keine Antwort.
In seiner Nähe raschelte etwas; Steine gerieten in Bewegung und polterten einen kurzen Abhang hinab. Duncan fuhr herum, sich der drohenden Gefahr bewusst. Seine rechte Hand zuckte zur Hüfte, er wollte den Strahler aus dem Holster ziehen. Ein kurzes, erschrockenes Tasten, die Waffe war verschwunden. Und dann erstarrte er geradezu.
Auge in Auge standen sie einander gegenüber ‒ alles in Duncan verkrampfte sich beim Anblick des Wesens einer anderen Welt. Nie zuvor hatte er etwas derart Fremdes zu Gesicht bekommen. Das unheimliche Zischen, das dieses Geschöpf ausstieß, ließ ihn frösteln.
Er sah die muskelbepackten, angespannten Läufe. Sah die scharfen Krallen und das angriffslustige Funkeln in den Augen dieses … Tieres?
Duncan wandte sich zur Flucht. Er flankte über einen meterhohen Felsen, der ihm den Weg versperrte, und stolperte mehr, als er lief, den von Geröll übersäten Abhang hinunter. Ein wütendes Fauchen hinter ihm verriet, dass die Bestie ins Leere gestoßen war und sich um ihre Beute betrogen fühlte.