Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Staffel

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Hier gab es keinen Halt mehr, nur die glatte Felswand. Ohne zu wissen, wie es geschehen konnte, hing die Studentin nur noch mit den Händen an einem Vorsprung, klammerte sich verzweifelt daran fest, während ihre Beine in der Luft baumelten.

      Die Sekunden zerrannen zäh. Immer wieder versuchte sie, das Eisen zu finden, auf das sie sich stellen konnte. Doch dann verließen sie die Kräfte. Ihre Finger konnten das eigene Gewicht nicht mehr halten, und mit einem lauten Schrei rutschte Nicole an der glatten Wand in die Tiefe. Ihr Kopf schlug gegen den Stein, die Hose und Jacke rissen auf, das hübsche Gesicht war von Schürfwunden bedeckt, als sie unten aufschlug.

      *

      »Grüß dich, Ria«, sagte Sebastian. »Ich hab’ eine Frage. Hattest du einen Gast in der letzten Nacht?«

      »Ja«, nickte die Pensionswirtin. »Den Herrn Arnhäuser.«

      »Um genau den geht’s. Weißt du zufällig, wo der hinwollte? Es ist wichtig.«

      Schnell erklärte er ihr, worum es ging.

      »Vielleicht ist er zum Kogler hinauf«, vermutete Ria Stubler. »Er hat mich nach einem romantischen Plätzchen gefragt.«

      Erschrocken legte sie die Hand auf den Mund.

      »Um Himmels willen, und das bei dem Wetter!«

      »Danke, das hilft uns weiter«, rief der Geistliche und lief schon wieder zum Hotel zurück.

      Florian Mooser wartete schon. Der Reisebus fuhr gerade an.

      »Wir müssen ein paar Leute alarmieren«, sagte Sebastian und ging ins Hotel.

      Minuten später kam er wieder heraus.

      »Zum Kogler. Kommen S’, Florian. Wir treffen die anderen dort.«

      Er warf einen Blick auf die Kleidung des Studenten und nickte zufrieden. Florian trug feste Schuhe, und Jacke und Hosen waren einigermaßen wetterfest. Sebastian selbst hatte sich eine Regenjacke angezogen, als er zum Bus gegangen war.

      Max Trenker hielt mit seinem Streifenwagen, und die beiden Männer stiegen ein.

      »Der Doktor ist schon unterwegs«, berichtete der Polizeibeamte.

      »Drei Leute von der Bergwacht kommen auch«, sagte der Geistliche. »Das sollte reichen.«

      Sie erreichten den Parkplatz.

      »Das ist sein Wagen«, rief Florian und deutete auf den Wagen Wolfgang Arnhäusers, der neben dem des Arztes stand. Hinter ihnen hielt ein Fahrzeug der Bergwacht. Drei Männer sprangen heraus.

      Sebastian berichtete in aller Eile, worum es ging.

      »Ich denk’, wir versuchen’s an der Klamm«, sagte er. »Die beiden sind net ausgerüstet. Sie werden also kaum die Tour zum Wendelstein gemacht haben.«

      Die Männer folgten ihm. Toni Wiesinger trug einen Rucksack, in dem steckte, was er sonst in seiner Arzttasche mit sich führte. Jetzt wäre sie jedoch unpraktisch und hinderlich gewesen. Die Retter der Bergwacht hatten eine Trage dabei, außerdem Thermoskanne mit heißem Tee und warme Decken.

      Florian eilte mit Sebastian Trenker voran. Sein Herz klopfte wie wild, aus Angst um das geliebte Madel, und seine Wut auf den Kerl, der Nicole hierher geschleppt hatte, stieg ins Unermeßliche.

      Das Getöse an der Klamm verstärkte seine Angst nur noch mehr, als er sich vorstellte, Nicole könne vielleicht in diesen Abgrund gestürzt sein. Doch Sebastian beruhigte ihn.

      »Die Frau Stubler sprach von romantischen Plätzen, nach denen der Herr Arnhäuser gefragt hat«, sagte er. »Hinter der Brücke gibt’s ein paar davon.«

      Sie überquerten die Schlucht und schauten sich suchend um. Die ›Kleine Wand‹ lag in ein paar hundert Metern Entfernung. Davor war eine Wiese, auf der der Bergpfarrer schon oft eine Rast eingelegt hatte, wenn er diese Tour ging. Inzwischen hatte der Regen nachgelassen, das Gewitter verzog sich in Richtung Österreich.

      Die Männer riefen die Namen der Vermißten, während sie weitergingen. Sie hatten sich geteilt und suchten rechts und links des Weges, in Felsspalten und Nischen nach Nicole Dressler und Wolfgang Arnhäuser.

      »Ich hör’ was!« rief Florian aufgeregt und blieb stehen.

      Pfarrer Trenker hob die Hand.

      »Ruhe!« befahl er und hob lauschend den Kopf.

      »Hilfe! Hilfe!« hörten sie eine Männerstimme.

      »Es kommt von dort«, sagte Sebastian und deutete auf den Felsen, der den Namen ›Kleine Wand‹ trug.

      Sie liefen hinüber. Nach ein paar Metern sahen sie eine Gestalt. Ein Mann der sich über jemand beugte, der am Boden lag.

      Wolfgang Arnhäuser richtete sich erleichert auf. Stumm hatte er in der Felsspalte gehockt und darauf gewartet, daß Nicole ihm folgte. Auf ihre Rufe reagierte er nicht. Still vor sich hingrinsend, saß er da und malte sich aus, mit welcher Erleichterung sie ihn aus seiner mißlichen Lage ›befreien‹ würde. Als er dann ihren entsetzten Schrei hörte, mit dem sie abstürzte, erfüllte ihn Panik. Das war kein gespielter Schrei, sondern echte Angst gewesen.

      Er war selbst wieder herausgeklettert und sah sie reglos am Fuße der Wand liegen. Später konnte er nicht mehr sagen, wie er es geschafft hatte, hinunter zu gelangen. Er beugte sich über die leblose Frau und rief um Hilfe.

      Dr. Wiesinger war, neben Sebastian und Florian, als erster an der Stelle. Rasch untersuchte er Nicole, während der Geistliche alle Mühe hatte, den Studenten zurückzuhalten, der sich mit einem Wutschrei auf Wolfgang Arnhäuser stürzen wollte.

      »Hören S’ auf, Florian, das hat doch keinen Zweck!« sagte er energisch.

      Die Männer von der Bergrettung stellten die Trage ab und hielten die Decken bereit. Toni Wiesinger richtete sich auf.

      »Sie lebt«, sagte er. »Aber wir müssen sie ins Krankenhaus schaffen und röntgen lassen. Gebrochen scheint mir nix, aber eine Gehirn­erschütterung ist sehr wahrscheinlich.«

      Florian schluchzte auf und beugte sich über Nicole. Seine Finger strichen zärtlich über das zerschundene Gesicht.

      »Nicole, Liebes, sieh mich an«, bat er. »Bitte, wach’ doch auf!«

      Sebastian hockte sich zu ihm und strich ihm tröstend über den Rücken.

      »Das kommt wieder ins Lot«, sagte er zuversichtlich.

      Er stand auf und sah Wolfgang an, der wie ein Häufchen Elend dastand. Die Retter hatten ihm eine Decke umgelegt und heißen Tee zu trinken gegeben.

      »Und Sie werden erklären müssen, was hier geschehen ist«, sagte der Geistliche ernst. »Und vielleicht auch dafür verantworten.«

      Wolfgang nickte nur stumm. Im selben Moment stieß Florian einen Schrei aus. Nicole hatte die Augen geöffnet und schaute ihn lächelnd an.

      »Du lebst«, rief der Student. »Du lebst!«

      »So leicht wirst mich auch net wieder los«,

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