Inselduell. Anja Eichbaum

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Inselduell - Anja Eichbaum

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sich Zeit. Kroll wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihn zu drängen, wenn er eine ehrliche Antwort bekommen wollte.

      »Du bist ja nun mal nicht der einzige Kandidat«, ließ er ihn dann mit einem schnellen Seitenblick wissen.

      »Das ist ja keine Neuigkeit.«

      »Und die Themen, die uns hier umtreiben, die brennen nun mal. Wird Zeit, dass sich mal einer wirklich darum kümmert.«

      »Genau dafür stehe ich.«

      Der Wirt richtete sich ein Stück weit auf, drückte den Rücken durch und senkte seine Stimme noch mehr. »Die meisten von uns wissen das. Aber …«

      »Aber was?«

      »Was man sich so erzählt. Die beiden anderen kommen auch an.«

      Kroll gab ein Schnaufen von sich. Er hatte nicht erwartet, dass über seine beiden Gegenkandidaten überhaupt ein Wort in dieser Kneipe verloren wurde.

      »Womit denn?«, fragte er und verzog seinen Mund zu einem spöttischen Grinsen. »Mit Möpsen bei der einen und Pomade bei dem anderen? Da glaubt ihr, da könnte man auf unserer Insel was werden?«

      Die meisten lachten bei seinen Worten, aber Kroll sah, dass es nicht alle waren. Irgendetwas hatte sich stimmungsmäßig verändert, seit er das letzte Mal hier war.

      »Ich weiß nicht, ob man es sich noch so einfach machen kann.« Der Wirt zapfte ein neues Bier für Kroll und stellte es vor ihn hin. »Besonders die Mertens sammelt Befürworter und Unterstützer um sich. Weil sie Themen anspricht, die alle umtreiben. Wohnungsmarkt. Arbeitskräfte. Weiterentwicklung der Insel.«

      »Die Themen stehen auch bei mir im Wahlprogramm.«

      »Die Themen ja«, kam eine Stimme von der gegenüberliegenden Seite.

      Kroll war es, als würde der ohnehin schon kleine Kneipenraum, der nur aus einem schmalen dreiseitigen Umlauf um die Zapfanlage bestand und keine weiteren Sitzgelegenheiten bot, noch enger.

      »Mach noch eine Runde«, wies er an, um etwas Zeit zu gewinnen. Als die leeren Gläser wieder mit einem hellen Klirren zurückgestellt wurden, entgegnete er betont ruhig und besonnen: »So, so, und du glaubst also, dass ich nur Themen habe und keine Antworten.«

      »Vielleicht.« Der Angesprochene zog den Kopf zwischen die Schultern. »So richtig eine Lösung habe ich jedenfalls noch nicht von dir gehört.«

      »Dann kann ich es dir gerne erneut erklären.« Kroll wusste, er durfte sich nicht provozieren lassen. »Fakt ist doch, wir müssen dringend den ganzen neumodischen Erscheinungen Einhalt gebieten. Sonst ist die Insel weg. Perdu.« Es gefiel ihm, mit einem französischen Wort seine Haltung zu betonen.

      Einstimmiges Brummen folgte.

      »Unsere ganzen Werte, unsere Bräuche, die Traditionen. Da hat doch keiner der anderen Kandidaten auch nur eine Ahnung von.«

      »Der Anzugträger schon. Er ist Ostfriese«, warf der Wirt ein.

      »Ja. Stimmt. Er ist Ostfriese. Und ein Mann. Immerhin.« Alle lachten zustimmend. »Aber warum trägt er denn Anzüge und schmiert sich Gel in die Haare? Na? Das wisst ihr doch. Weil er ein Immobilienmakler ist. Und was macht ein Immobilienmakler, der Anzugträger ist, wohl auf Norderney? Für Wohnraum sorgen?«

      »Stimmt. Von Luxussanierungen haben wir die Nase voll. Du stehst schon für die richtigen Sachen, KWK«, schlug ihm sein linker Nachbar auf die Schulter.

      Kroll kam in Fahrt. Das war sein Metier. »Und warum will der wohl Bürgermeister werden? Weil er das Beste für die Insel will? Oder weil er dann an den Schalthebeln sitzt, um die Insel noch mehr dem Ausverkauf preiszugeben?«

      Der Wirt schnalzte mit der Zunge. »Der Schnösel macht uns auch keine so großen Sorgen. Aber diese Mertens.«

      Kroll sah ihn zweifelnd an. »Für sie rechnest du dir Chancen aus?«

      »Na, wegen mir nicht. Aber hör dich doch mal um. Die wird ernst genommen.«

      »Von wem denn?«

      »Ich sag es nur ungern. So als Wirt soll man ja seinen eigenen Laden nicht runterreden. Aber schaut euch doch mal um. Wie viele Leute stehen denn abends noch bei mir an der Theke? Und wie viele waren das letztes Jahr, und vor drei oder vor fünf Jahren? Länger zurückschauen will ich gar nicht, dann nehme ich mir einen Strick. Wo sind sie denn, die Einheimischen? Die Insulaner, die dich wählen?«

      Kroll zog betroffen den Barhocker an sich heran und setzte sich. »Das meinst du doch nicht ernst.«

      »Doch. Das meine ich so. Und ich weiß, dass hier der eine oder andere auch mit der Mertens liebäugelt. Sie hat nämlich etwas drauf. Kann auf die Leute zugehen. Kennt die Sorgen der jungen Familien, weil sie selbst Kinder hat. Sie hat so etwas Modernes, Frisches. Und dann nimmt sie die Umwelt ernst. Unser Wattenmeer. Hat richtig Ahnung davon.«

      »Ich fasse das nicht. Bist du ein Überläufer? Hat sie dich angebaggert? Versprichst du dir was von ihr?« Er zeichnete übertrieben eine weibliche Figur nach, weil er wusste, dass das bei den Männern immer gut ankam.

      Diesmal schwiegen alle. In ihren Augen lag Gier. Sie wollten wissen, wie es weiterging. Ob er, Kroll, denn die passenden Antworten hätte.

      Der Wirt zapfte in Ruhe ein Bier, das er kommentarlos vor Kroll abstellte, obwohl er keins bestellt hatte. Dann goss er zwei Schnäpse ein, reichte ihm eins und stieß mit ihm an. »Nichts für ungut, KWK, ich bin auf deiner Seite. Ich sage dir nur, was ich höre und sehe. Auch hier am Tresen.« Er blickte sich nach den Männern um. »Stell es dir nur nicht zu leicht vor.«

      Auf seiner Schulter landete wieder die Hand seines Nebenmannes. »Wir stehen doch alle hinter dir. Du bist schon der Richtige – im Ganzen gesehen. Aber wir wollen wissen, wie es weitergeht mit der Insel. Ich setze auf dich: Du wirst dir doch von einem Weibsbild wie der Mertens nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Jag sie dahin, wo sie herkommt. Zurück ins Rheinland oder sonst wohin mit ihr. Wo kämen wir denn hin, wenn unser KWK gegen so eine die Wahl verlieren würde? Also: Mach was. Zeig uns, dass du die Fäden in der Hand hältst. Wir zählen auf dich, Klaas Wilko Kroll. Verstanden? Und jetzt eine Runde Schnaps auf mich.«

      *

      Donnerstag, 21.03.

      Neid

      Verdammt. Den Weg nahm er doch jeden Tag. Jeden gottverdammten Tag, den er auf Norderney verbrachte. Und das waren nicht wenige. Sondern zunehmend mehr. War es früher nur der Sommerfamilienurlaub gewesen, so waren sie später dazu übergegangen, alle Ferien auf der Insel zu verbringen. Dann, als die Kinder größer und selbstständiger wurden, kamen die Feiertage und langen Wochenenden hinzu. Es war ein Katzensprung auf die Insel von Nordhorn aus. Und trotzdem lebten sie hier in einer anderen Welt. Besonders, seit sie den festen Stellplatz gemietet hatten. Der Wohnwagen war eine Übernahme gewesen von einem freundlichen Ehepaar, das sie beim Campen über die Jahre kennengelernt hatten.

      Heile Welt, nannten sie die kleine Parzelle. Das stand auch auf dem dicken Findling, den sie neben den Eingang gewuchtet hatten. Eine heile Welt, das war die Insel immer gewesen. Und wenn er den Planetenweg morgens mit dem Segway auf dem Weg zum Bäcker befuhr, dann war das Leben für ihn in Ordnung. Später am Tag waren die Wege zu oft von rücksichtslosen Spaziergängern und Fahrradfahrern

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