Peak - Performance für Frauen. Stacy T. Sims
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Warum ist das so? Nun ja, aus dem gleichen Grund, aus dem die Fahrerin eines Toyota Prius ein paar gerissene Manöver hinlegen muss, wenn sie ein Rennen gegen einen Ford Mustang gewinnen will: Wir starten mit einem kleineren Motor. Als Frau haben Sie ein kleineres Herz, ein geringeres Herzvolumen, eine kleinere Lunge (25 bis 30 Prozent weniger Kapazität als Männer) und einen niedrigeren diastolischen Druck (der Druck in den Arterien, wenn das Herz zwischen zwei Schlägen erschlafft und die Ventrikel sich wieder mit Blut füllen), was uns dafür prädisponiert, niedrigere maximale Herzschlagfrequenzen zu haben und bei Hitze anfälliger für eine Dehydrierung zu sein. Das bedeutet auch, dass unser Herz mit jedem Schlag weniger sauerstoffreiches Blut pumpt – das Herzzeitvolumen von Frauen ist ungefähr 30 Prozent niedriger als das von Männern.
Weniger sauerstoffreiches Blut bedeutet, dass wir häufiger atmen müssen, und infolgedessen müssen unsere Atemmuskeln wie die Muskeln des Zwerchfells und die Zwischenrippenmuskeln härter arbeiten und benötigen eine Menge Energie. Wie andere Skelettmuskeln sind die Atemmuskeln darauf angewiesen, dass ausreichend Blut fließt, damit sie ihren Sauerstoffbedarf decken können. Wenn Sie bei der Atemarbeit höhere Sauerstoffaufwendungen haben, wird Ihr Köper Ihren Atemmuskeln bei maximaler Belastung wahrscheinlich eine erhöhte Blutzufuhr zukommen lassen. Wenn Sie dann das Tempo erhöhen und schwer atmen, kann es schwierig sein, beim Laufwettkampf gegen Männer mitzuhalten, weil weniger Blut in Ihre Beine fließt.
Testosteron verleiht Männern ebenfalls einen kleinen Vorteil, weil das männliche Sexualhormon die Produktion roter Blutkörperchen erhöht, die Sauerstoff aufnehmen und zu den arbeitenden Muskeln transportieren. Im Durchschnitt haben Männer 6 Prozent mehr rote Blutkörperchen als Frauen, und die Hämoglobinkonzentration (Hämoglobin ist das Molekül im Blut, das den Sauerstoff transportiert) im Blut von Männern ist 10- bis 15-mal höher als in dem von Frauen.
Die Tatsache, dass Frauen ein kleineres Herz, eine kleinere Lunge und eine niedrigere Sauerstofftransportkapazität haben, bedeutet, dass wir eine niedrigere maximale Sauerstoffaufnahmekapazität (die maximale Menge Sauerstoff, die der Körper verwerten kann, um Energie zu erzeugen) haben als Männer. Wie in dem folgenden Diagramm zu sehen ist, ist die VO2max von Frauen im Durchschnitt 15 bis 20 Prozent niedriger als die von Männern. Wenn ein Athlet und eine Athletin also die gleiche sportliche Aktivität verrichten, hat die Frau eine höhere Herzschlagfrequenz und benötigt mehr Sauerstoff für die gleiche Belastung.
RELATIVE MAXIMALE SAUERSTOFFAUFNAHME BEI FRAUEN UND MÄNNERN
Aufgrund unserer Hormone verwenden wir während des aeroben Trainings auch auf unterschiedliche Weise Energie. In den folgenden Kapiteln befassen wir uns eingehender damit, aber generell lässt sich sagen, dass unser Körper aufgrund unseres hohen Östrogenspiegels weniger stark auf Kohlenhydrate und stärker auf Fett zurückgreift als der Körper von Männern. Das klingt nach einer guten Sache, und in gewisser Weise ist es auch gut, weil Fett die Hauptbrennstoffquelle für aerobes Training ist. Aber wenn wir uns wirklich intensiv anstrengen müssen, ist es wiederum nicht so gut, weil die Neigung unseres Körpers, Glykogen zu sparen (die während der Hochhormonphase unmittelbar vor der Menstruation besonders ausgeprägt ist), es erschweren kann, intensive Belastungen zu vollbringen. Wenn wir die anaerobe Schwelle überschreiten, brauchen wir die Kohlenhydrate dringend, um das anaerobe Energiesystem mit Brennstoff zu versorgen. Wenn Ihnen in Ihrem Blut die Kohlenhydrate ausgehen, kann das bedeuten, dass Sie es langsamer angehen müssen, anstatt Gas zu geben. Das kommt daher, dass Ihr Körper einfach nicht auf das gespeicherte Glykogen zurückgreifen kann, das er benötigt, um die Energie bereitzustellen, die Sie abrufen wollen.
Da wir gerade von Energie reden: Weil Männer größere Typ-2-Muskelfasern und damit auch die mit ihnen einhergehenden energieproduzierenden Enzyme haben, verfügen sie auch über eine höhere glykolytische Kapazität als Frauen. Weniger geschwollen ausgedrückt könnte man sagen, dass ihr Körper in der Lage ist, in Abwesenheit von Sauerstoff mehr Glucose zu verbrennen. Das hilft ihnen dabei, uns bei kurzzeitigen intensiven Belastungen zu überflügeln, aber es bedeutet auch, dass ihr Körper Laktat akkumuliert (eine Chemikalie, die der Körper produziert und während hoch intensiver Belastungen als Energie verwendet). Doch wenn mehr Laktat produziert wird, als abgebaut werden kann, führt dies zu einer Übersäuerung der Muskeln oder dazu, dass die Muskeln »brennen«, was einen zwingt, langsamer zu werden. Infolgedessen benötigen Männer nach intensiven Belastungen eine längere Phase für die Regeneration. Frauen hingegen haben einen größeren Vorteil, wenn es um Ausdauer geht, weil unsere Typ-1-Muskelfasern effizienter darin sind, für die Energiegewinnung Fett zu verwenden und Glucose zu sparen.
Unterm Strich schwitzen Frauen auch eher zu viel Natrium aus und zehren eher von ihren Muskeln, um Energie zu gewinnen. Zudem fällt es unserem Körper in der prämenstruellen Hochhormonphase, wenn der Progesteronspiegel hoch ist, schwerer, diese Muskeln nach dem Training wieder aufzubauen und zu reparieren.
Was soll eine Frau also tun? Gehen wir noch mal zurück zu der raffinierten Prius-Fahrerin. Natürlich wird der Mustang sie in einem Beschleunigungsrennen schlagen. Vielleicht sogar bei einem Rennen durch New Jersey. Aber das effiziente kleine Auto wird sehr viel länger bei geringerem Benzinverbrauch vor sich hinschnurren und den PS-starken Mustang auf der langen Strecke vielleicht sogar besiegen.
An der äußersten Spitze auf dem höchsten Leistungsniveau, wo die absoluten Spitzensportler gegeneinander antreten, wird die schnellste Frau wahrscheinlich nie vor dem schnellsten Mann über die Zielgerade laufen, weil sie, was die Körpergröße angeht, zu nahe beieinander liegen. (Die Gewichtsunterschiede von Top-Marathonläufern – egal ob männlich oder weiblich – rangieren innerhalb einer Marge von kaum mehr als 2 Kilogramm.) Doch für alle anderen von uns gilt, dass es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, mit den Männern gleichzuziehen oder sie abzuhängen, wenn wir unsere einzigartige Physiologie kennen und mit ihr zu arbeiten wissen. Was das angeht, geht es darum, durch Training Blutplasmavolumen (den flüssigen Teil des Blutes) aufzubauen und den Körper mit der Nahrung zu versorgen, die er benötigt, um den Stoffwechsel auf Touren zu halten. Damit werden wir uns in den folgenden Kapiteln eingehend befassen.
HORMONE IM ÜBERBLICK
Hormone spielen bei jeder körperlichen Funktion eine große Rolle. Das sieht man sehr deutlich in der Welt des Sports. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Wirkungen männlicher und weiblicher Hormone.
Testosteron (das wichtigste männliche Hormon) bewirkt:
• Knochenbildung, größere Knochen
• Proteinsynthese (der biologische Muskelaufbauprozess), größere Muskeln
• Erythropoetin-(EPO)-Sekretion, erhöhte Produktion von roten Blutkörperchen
Östrogen (das wichtigste weibliche Hormon) bewirkt:
• Fettablagerung (Lipoproteinlipase, das Enzym, das dafür verantwortlich ist, Fettsäuren aus dem Blut aufzunehmen und in das Fettgewebe zu transportieren; Östrogen verstärkt diesen Prozess)
• Hemmung anaboler Stimulation (erschwert den Muskelaufbau)
• schnelleres, kürzeres Knochenwachstum
• kleinere Statur, geringere Gesamtkörpermasse
• mehr Fettmasse und höherer Körperfettanteil
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