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war er tot. Ich hatte diesem Arschloch tatsächlich auch noch geholfen! Meine Mutter blieb aber weiterhin verschwunden, was bedeutete, dass er nicht alleine gehandelt hatte. Was sowieso unwahrscheinlich war, denn die Optimus-Einheit heftete sich gerade an die Jax-Familie wie das Weiße am Reis. Cassander, der Mann für alle Gelegenheiten, der auf wundersame Weise überlebt hatte? Kam auch nicht infrage. Er war auf irgendein Landgut im Süden geschickt worden, weil eine junge Dame vom Hause Jax der Gluthitze erlegen war. Warum würde er der Prinzessin etwas antun wollen, wenn er den ganzen Tag lang mit willigen Damen Sex haben konnte? Gott, was für ein Leben. Cassander würde sie tagelang nackig unter sich begraben. Was für ein Glück für das Mädchen. “Jetzt bloß nicht die Augen verdrehen.”

      “Was war das, Schätzchen?” Lord Jax rieb seine Nase an einer seiner Zebrakatzen und warf mir aus dem Augenwinkel einen Blick zu. Er war nicht töricht, sondern wollte sich nicht zu viel Arbeit machen und war einfach froh, dass er in den Tag hineinleben konnte, während sein Sohn sich um alles andere kümmerte. Ich hatte nicht die Absicht etwas daran zu ändern.

      “Nichts. Ich führe wohl Selbstgespräche.” Scheiße. Ich musste mich zusammenreißen. Ich war es nicht gewohnt, meine Zunge im Zaum zu halten. Ich war es gewohnt, jeden Gedanken, der mir durch den Kopf ging, einfach herausplatzen zu lassen und diese Angewohnheit kam mir in diesem Hause nicht zugute. Verdammt, auf diesem Planeten.

      “Ich auch, Schätzchen. Wie ich bemerkt habe, bin ich der Einzige, der meinen Sinn für Humor wahrhaftig zu schätzen weiß.” Er schmunzelte, als ob er das irgendwie lustig fand und hätschelte die zweite Kreatur, die jetzt auf den Hinterbeinen kauerte, die Vorderpfoten auf die Brust des Lords gestützt, und seine Wange leckte. Beide Kreaturen surrten laut und ich fragte mich, ob sie ein Pärchen waren. Das Weibchen war größer, aber das Männchen buhlte umso aggressiver um die Aufmerksamkeit seines Besitzers und verlangte ständig nach Zuwendung.

      Ich wollte die Biester streicheln. Sie hätscheln. Meine Nase in ihrem Fell vergraben und ihre kuschelige Zuwendung genießen. Ihre Gunst genießen. Aber dafür war ich nicht hierhergekommen und Lady Jax hatte mir erklärt, dass die Kreaturen exotisch und extrem teuer waren und dass niemand außer Lord Jax sie anrühren durfte.

      Wie auch immer. Ich hatte Wichtigeres zu erledigen. Einen Verräter aufzuspüren, denn obwohl Zel tot und begraben war, hatte jemand anderes unsere Mutter, die Königin Celene. Sie hatten sie auf der Erde aus dem Bett gezerrt und seitdem fehlte jede Spur von ihr. Ich konnte es mir nur schwer eingestehen, aber das war sehr, sehr beunruhigend. Wäre ihr Turm in der Zwischenzeit erloschen—die Lichtsäule war dank einer altertümlichen und rätselhaften Alien-Technologie irgendwie mit ihrer Lebensenergie verknüpft—, dann hätte ich jetzt keine Hoffnung mehr, sie zu finden. Ich war realistisch. Sie war seit beinahe zwei Wochen verschwunden. In den Fängen unbekannter Kidnapper. Mörder? Killer? Verräter? Wurde sie gefoltert?

      Ich wollte das Zimmer von Lady Jax filzen—sollte die Frau des Lords es je lange genug verlassen, damit ich es gründlich durchsuchen konnte. Ich hatte eigentlich gehofft, sie würden heute Abend zur Party gehen, zum royalen Empfang, der abgehalten wurde, um meine Schwester Trinity den Adeligen des Planeten vorzustellen—und allen anderen. Aber nein.

      An ihrer Stelle hatten sie ihren geliebten Sohn geschickt und gehofft, dass die zukünftige Königin ihn erwecken würde. Keine Ahnung, was sie sich davon erhofften. Nicht, wenn die Nachrichten bereits verkündeten, dass Trinity einen Partner hatte. Leo. Und ich kannte meine Schwester. Sie würde nicht fremdgehen, besonders, da die Jax-Familie jetzt im Mittelpunkt einer riesigen Untersuchung stand. Leo war ihr Mann. Sie gehörte zu ihm. Ich hatte ihn getroffen. Mit ihm geredet. Er war ein normaler, überfürsorglicher Alphatyp. Keine Ahnung, was meine Schwester sich dabei dachte, aber sie sah glücklich aus. Vielleicht dachte sie ja nicht …, dass sie jetzt von Lust und Liebe regiert wurde. Und sie war am Leben. Zwei zu null für uns.

      Aber das würde eine machthungrige Mutter nicht davon abhalten darauf zu hoffen, dass ihr Sohn meiner Schwester den Kopf verdrehen könnte. Die Frau brauchte wohl ein paar positive Schlagzeilen für den Familiennamen.

      Tja, wenn man vom Teufel spricht, denn Lady Jax kam in genau diesem Moment herein. Sie sah die Kreaturen und den Wein, der sich auf den Boden ergoss, als die größere der beiden Katzen dem Lord auf dem Arm herumstieg und seinen Becher fast umschubste. “Mein Lord, du machst wieder eine Schweinerei auf dem Teppich.” Ihre Stimme klang streng, wie eine erboste Nonne im katholischen Gymnasium. Seitdem die Sache mit Zel bekannt geworden war, war sie irgendwie ständig auf hundertachtzig.

      “Ich war’s nicht, Liebling. Sie ist schuld.” Lord Jax rieb sein Gesicht am Antlitz der weiblichen Kreatur. “Nicht wahr, Mieze?”

      Lady Jax verschränkte mild lächelnd die Arme vor der Brust. Ihr Partner lag ihr ohne Zweifel am Herzen. Er war ja auch ganz sympathisch. Anders als sie, die Auserwählte seines Schwanzes. “Ich glaube, du liebst die Viecher mehr als mich.”

      Mit hochgezogener Augenbraue blickte er zu ihr auf. Dann betrachtete er das bodenlange, hellgrüne Kleid, das sie anhatte, die zierlichen Sandalen an ihren Füßen, ihr leicht gewelltes Haar. Sie war eindeutig über fünfzig, aber immer noch attraktiv. “Glaubst du das, Frau?”

      “Du weißt, dass es so ist.”

      Er stand aus seinem Sessel auf und schob die protestierenden Kreaturen von seinem Schoß. Sie machte einen Schritt zurück, zu spät. “Komm, Liebling. Du siehst gestresst aus. Du brauchst etwas Erleichterung.”

      Sie schüttelte den Kopf, ihre Augen aber leuchteten vor Interesse. “Nein.”

      “Du sollst deinem Partner gehorchen, Frau.”

      “Dann versuch’s doch.” Sie lachte und rannte aus dem Zimmer und der alte Lord heftete sich an ihre Fersen.

      Ich musste grinsen. Konnte nicht anders. Die Dame des Hauses interessierte mich nicht sonderlich, außer wenn sie mit ihm war, und sie verdiente etwas Erleichterung. Mit Bediensteten, Besuchern und allen anderen Leuten, inklusive der Ermittler, die mehr als einmal in ihr Haus gekommen waren, blieb sie kühl. Berechnend. Nachtragend. Das Wort Diva wurde ihr nicht annähernd gerecht. Mit ihm aber?

      Ich nahm seinen Becher und blickte seufzend den Kreaturen nach, wie sie sich durch ihre spezielle Katzentür davon machten. Sie blieben nie da. Ließen sich nie von mir anfassen. So loyal waren sie ihrem einzig wahren Herrchen gegenüber, hatte man mir jedenfalls gesagt.

      Ich lief so leise wie möglich über den Flur und folgte dem Lord und der Lady des Hauses und fragte mich, wo die beiden es sich gemütlich machen würden. Meistens trug er sie in ihr Schlafzimmer, was mir keine Chance ließ, es zu durchsuchen.

      Und heute?

      Vor mir schlug eine Tür zu und durch die dicke Vertäfelung konnte ich ihr vergnügtes Gequietsche hören.

      Super! Sie waren in der Bibliothek. Ihr Zimmer war frei!

      Ich rannte zum Seitenschrank, stellte das halbvolle Glas ab und machte mich so schnell wie möglich ins Zimmer der Dame auf. Sonst blieb sie immer stundenlang dort drin. Jetzt oder nie!

      Ich schloss leise die Tür und betrachtete die hohen Decken und das geräumige Bett mit seinem seidigen Elfenbeinplumeau. Der Teppichboden war so dick, ich müsste ihn auf dem Weg nach draußen aufrauen, um keine Fußabdrücke zu hinterlassen.

      Ich begann am Schrank, öffnete und schloss alle Türen und Fächer. Ich durchsuchte Taschen. Schuhe. Dekorative Schachteln. Nichts.

      Dann ging ich zum Schreibtisch und wollte die Schublade öffnen. Sie war abgeschlossen. Verdammt.

      “Schlüssel.

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