Night Team. Michael Connelly
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»Wo sind die Officers?«, fragte sie.
»Ich bringe Sie nach hinten«, sagte der Mann.
Er öffnete eine Tür, die wie die Wände mit paisleygemustertem rotem Samt bespannt war, und führte sie einen dunklen Gang hinunter zu der offenen Tür eines hell beleuchteten Büros. Dann kehrte er wieder nach vorn zurück.
In dem kleinen Raum drängten sich drei Streifenpolizisten um einen an einem Schreibtisch sitzenden Mann. Ballard nickte ihnen zu. Es waren Dvorek, der das Kommando hatte, sowie Herrera und Dyson, die Ballard gut kannte, weil sie eins der wenigen rein weiblichen Teams in der Late Show waren und Ballard sich oft für Code 7 mit ihnen traf. Herrera, die Ranghöhere von beiden, hatte vier Streifen am Ärmel. Ihre Partnerin hatte nur einen. Beide Frauen trugen ihr Haar kurz, damit es im Nahkampf keine Angriffsfläche bot. Ballard wusste, dass die beiden nach ihrer Schicht regelmäßig im Fitnessstudio trainierten, was sich an ihren Schultern und Oberarmen zeigte. Sie wussten sich bei Handgreiflichkeiten zu behaupten, und von Dyson hieß es, dass sie es geradezu darauf anlegte.
»Detective Ballard, gut, dass Sie kommen«, sagte Dvorek. »Das ist Mr. Peralta, der Geschäftsführer dieses schönen Etablissements. Er hat um Ihr Erscheinen gebeten.«
Ballard sah den Mann hinter dem Schreibtisch an. Er war Mitte fünfzig, übergewichtig, mit nach hinten geklatschtem schwarzem Haar und scharf konturierten Koteletten. Er trug eine grellrote Weste über einem schwarzen Hemd. An der Wand hinter seinem Stuhl hing ein gerahmtes Poster einer nackten Frau an einer Poledance-Stange, die ihr Geschlecht nur so weit verdeckte, dass noch zu erkennen war, dass ihre Schambehaarung in Form eines kleinen Herzens gestutzt war. Rechts von ihm stand ein Videomonitor, auf dessen sechzehn Bildausschnitten Bühnen, Bars und Ausgänge des Clubs zu sehen waren. In einem dieser Segmente sah Ballard sich selbst aus dem Blickwinkel einer über ihrer rechten Schulter angebrachten Kamera.
»Was kann ich für Sie tun, Sir?«, fragte sie.
»Ich glaub’s nicht, ein Traum ist wahr geworden«, sagte Peralta. »Besteht das LAPD neuerdings nur noch aus Frauen? Möchten Sie einen Nebenjob?«
»Sir, haben Sie ein Problem, das ein Eingreifen der Polizei erfordert oder nicht?«, erwiderte Ballard.
»Allerdings«, sagte Peralta. »Ich habe tatsächlich ein Problem – jemand will bei uns einbrechen.«
»Jemand will bei Ihnen einbrechen? Warum sollte jemand bei Ihnen einbrechen wollen, wenn er nur zur Tür reinzugehen braucht?«
»Das frage ich mich auch. Tatsache ist jedenfalls, dass dem so ist. Sehen Sie sich das mal an.«
Er drehte sich zum Monitor und zog einen Tastaturauszug hervor. Er gab kurz etwas ein, worauf die Bildausschnitte einem Grundriss des Clubs wichen.
»Ich überwache alle Zugänge zum Gebäude«, erklärte Peralta. »Jemand war auf dem Dach und hat sich an den Oberlichtern zu schaffen gemacht. Anscheinend wollen sie von dort einsteigen.«
Ballard beugte sich zum Monitor vor, auf dem zu sehen war, dass an zwei der Oberlichter eine kleine Öffnung klaffte.
»Wann ist das passiert?«, fragte sie.
»Heute Abend«, sagte Peralta. »Vor etwa einer Stunde.«
»Warum könnte hier jemand einbrechen wollen?«
»Na, warum wohl. Bei uns wird fast ausschließlich bar bezahlt, und ich bin nicht so blöd, hier um halb fünf morgens mit einem Sack Bargeld unterm Arm rauszumarschieren. Erst mal schließe ich die Tageseinnahmen im Safe ein, und dann komme ich ein-, zweimal die Woche – tagsüber – her, um das Geld auf die Bank zu bringen, und zwar immer zusammen mit zwei Typen, denen lieber keiner dumm kommen sollte und die mich keine Sekunde aus den Augen lassen.«
»Wo ist der Safe?«
»Sie stehen drauf.«
Ballard blickte nach unten. Die Streifenpolizisten wichen an die Wände des Büros zurück. In den Dielenboden waren die Umrisse eines Quadrats eingefräst, außerdem war eine Griffmulde zum Öffnen einer Falltür eingelassen.
»Lässt er sich herausnehmen?«, fragte Ballard.
»Nein«, sagte Peralta. »Er ist einbetoniert. Sie müssten ihn aufbohren – außer sie wissen die Kombination, und die kennen nur drei Leute.«
»Wie viel enthält er?«
»Da ich nach dem Wochenende bereits auf der Bank war, ist heute Abend nicht viel drin. Im Moment etwa zwölftausend, und wenn die heutigen Einnahmen noch dazukommen etwa sechzehn.«
Ballard dachte kurz nach und blickte nach oben. Dabei fing sie Dvoreks Blick auf und nickte.
»Okay. Dann sehen wir uns mal um. Gibt es auf dem Dach Kameras?«
»Nein«, sagte Peralta. »Dort oben nicht.«
»Wie kommt man aufs Dach?«
»Von innen nicht. Nur von außen, mit einer Leiter.«
»Okay. Ich komme noch mal her, sobald wir uns umgesehen haben. Wo ist die Tür zur Durchfahrt?«
»Marv zeigt sie Ihnen.«
Peralta drückte einen Knopf unter seinem Schreibtisch, um seinen Türsteher zu rufen. Kurz darauf kam der Mann zurück.
»Bring sie hinten raus, Marv«, sagte Peralta. »In die Durchfahrt.«
Wenig später stand Ballard in der Durchfahrt und inspizierte den Rand des Dachs. Das Flachdach des freistehenden Gebäudes befand sich in etwa sechs Metern Höhe, und es gab weder einen Außenzugang noch eine Leiter oder sonst eine Möglichkeit, um hinaufzukommen. Ballard drehte sich um. An die andere Seite der von Holzzäunen und Betonmauern eingefassten Durchfahrt grenzte eine Wohngegend.
»Könnte mir mal jemand seine Taschenlampe leihen?«, fragte Ballard.
Dyson nahm ihre Pelican von ihrem Ausrüstungsgürtel und reichte sie Ballard. Es war eine kleine, aber starke Taschenlampe. Ballard ging an der Seite des Clubs entlang und hielt nach einem Zugang zum Dach Ausschau. Am ehesten kam dafür eine gemauerte Umfriedung an der Westecke infrage, in der mehrere Müllcontainer standen. Sie war knapp zwei Meter hoch und befand sich neben dem Fallrohr der entlang der Dachkante verlaufenden Regenrinne. Ballard richtete die Taschenlampe auf das Fallrohr und sah, dass es in Abständen von etwa einem Meter mit Metallklammern an der Außenwand befestigt war.
Dvorek blieb neben ihr stehen.
»Da hast du deine Leiter«, sagte Ballard.
»Willst du da etwa raufsteigen?«, fragte Dvorek.
»Schön blöd müsste ich sein. Ich fordere einen Hubschrauber an. Sie sollen den Scheinwerfer draufhalten, und wenn da oben noch Leute sind, schnappen wir sie uns, wenn sie runterkommen.«
»Gute