Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie. Carmen Lindenau

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Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie - Carmen Lindenau Die neue Praxis Dr. Norden

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kamen die Leute aus Neugierde, um sich den neuen Arzt anzusehen. Da die meisten, die wirklich einen ärztlichen Rat brauchten, wiederkamen, ging er davon aus, dass sie ihm vertrauten. Das war ein vielversprechender Anfang.

      *

      Nachdem er noch ein paar Minuten mit Valentina geplaudert hatte, ging er durch den schmalen Flur hinüber in den Anbau, in dem die Praxis untergebracht war. Fanny Moosinger und ihr Mann hatten dort vor vielen Jahren ihre Anwaltskanzlei eingerichtet. Die Anordnung der Räume eignete sich auch hervorragend für eine Arztpraxis. Er hatte einen Architekten mit der Renovierung und der Einrichtung beauftragt und war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.

      Danny gefiel der Anblick des weiten Empfangsbereiches mit den weißen Wänden, den hellen Fliesen und dem modernen Tresen mit der eingebauten LED-Leiste, die den Boden beleuchtete, und der antiken Kommode aus Kirschbaumholz als Kontrast. Auch die Landschaftsbilder an den Wänden hatten einen Rahmen aus Kirschbaumholz und trugen dazu bei, dass der Raum nicht kalt wirkte. Der Wartebereich mit seinem Holzboden, den gelben Sesseln aus Kunstleder und den Grünpflanzen erinnerte an eine Hotellounge, was denjenigen, die sich gern vor einem Arztbesuch drückten, ein angenehmeres Gefühl vermittelte.

      »Guten Morgen, Boss«, wurde er von Lydia begrüßt, die hinter dem Tresen stand und auf den Monitor ihres Computers schaute.

      Lydia, Ende zwanzig, kinnlanges dunkelblondes Haar, sportliche Figur und stets mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, war die erste, die sich auf sein Stellenangebot in der Zeitung gemeldet hatte. Der Arzt, bei dem sie bis vor Kurzem noch angestellt war, hatte sich zur Ruhe gesetzt, und mit seinem Nachfolger kam sie nicht zurecht.

      »Es gibt halt solche und solche, und er gehört zu den Letzteren«, hatte sie ihm gesagt, ohne ihm genau zu verraten, warum sie mit dem Mann nicht auskam.

      Für ihn war Lydia ein Glücksgriff. Sie war nicht nur eine gute Arzthelferin, die auch das Abrechnungssystem perfekt beherrschte, sie war auch ein aktives Mitglied der Feuerwehr und ausgebildete Rettungssanitäterin. Sie war ein Geschenk für jede Arztpraxis, da sie Notfälle einschätzen und darauf reagieren konnte.

      »Verzeihung, Herr Doktor«, entschuldigte sich Sophia, seine zweite Arzthelferin, eine zierliche junge Frau mit langem blondem Haar und grünbraunen Augen. Sie kam mit einem Stapel Becher für den Wasserspender aus dem Vorratsraum und hatte ihn beinahe umgerannt.

      »Alles gut«, sagte er und strich ihr beruhigend über die Schulter.

      Sophia war ein paar Jahre jünger als Lydia und hatte vor einiger Zeit ihre Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen, danach aber nach einer Stelle ohne Schichtdienst gesucht, weil sie sich um ihre an Multiple Sklerose erkrankte Mutter kümmern wollte. Ihn hatte ihre Entschlossenheit beeindruckt, ihr Leben auf das ihrer Mutter einzustellen.

      »Heute ist besonders viel los«, raunte Sophia ihm mit Blick auf das Wartezimmer zu, das nur durch eine Glaswand vom Empfangsbereich getrennt war.

      »Hoffentlich keine Epidemie«, entgegnete er lächelnd, als er sah, dass es kaum noch einen freien Platz dort gab.

      »Die bekommen wir auch in den Griff, wir sind doch das perfekte Team«, versicherte Lydia ihm. Sie hatte ihre Arme auf den Tresen gestützt, ihren Kopf in die Hände sinken lassen und beobachtete ihn und Sophia.

      »Und ob wir das sind«, stimmte Sophia ihr zu, während sie die Becher in den Wasserspender stellte, der seinen Platz neben dem Eingang zum Wartebereich hatte.

      »Dann weiterhin auf gute Teamarbeit«, sagte Danny lächelnd und ging zu seinem Sprechzimmer am Ende des Gangs.

      Er hatte sich mit Absicht für zwei junge Mitarbeiterinnen entschieden, da er davon ausging, dass für sie das Angebot, nach Mallorca zu gehen, um in einer Arztpraxis, die sich nur für ein paar Stunden am Tag um die kleinen Unfälle der Touristen kümmerte, nicht so verlockend erschien wie für gewisse ältere Kolleginnen. Egal, die Dinge verändern sich, und das Neue muss eben wachsen, bis es groß genug ist, den Schmerz zu vertreiben. So ähnlich hatte es doch vor etwa einer Stunde ein selbstbewusstes kluges Mädchen formuliert.

      Die erste Patientin an diesem Tag war Lieselotte Schmidtbauer, eine ältere Dame aus der Nachbarschaft, die über Kopfschmerzen klagte.

      »Es stimmt wirklich, was sich die Leute über Ihre Praxis erzählen«, sagte sie, als sie auf dem Stuhl vor Dannys Schreibtisch Platz nahm.

      »Und das wäre?« Da er heute schon von Ophelia gehört hatte, was man sich über ihn erzählte, war er gespannt, was Frau Schmidtbauer noch hinzufügen würde.

      »Es heißt, Ihre Praxis sei modern und trotzdem gemütlich, sozusagen eine Wohlfühlpraxis«, erklärte sie ihm, was sie meinte, während sie ihren Blick durch den Raum schweifen ließ. Zuerst betrachtete sie die Lampe mit dem weißen Schirm, die mit einem biegsamen Stahlarm seitlich an dem weißen Schreibtisch befestigt war und sich in einem Halbbogen über die Tischplatte spannte. Danach nahm sie den Holzboden und die in dunkles Holz gerahmten Landschaftsbilder an den Wänden in Augenschein, und schließlich haftete ihr Blick auf der alten Standuhr aus Lindenholz, die er in einer Ecke des Raumes aufgestellt hatte. »Solange ich denken kann, stand dieses Prachtstück bei unserer Fanny, Gott hab sie selig, in der Diele«, stellte sie mit einem tiefen Seufzer fest. »Fanny glaubte, dass diese Uhr mystische Kräfte besitzt. Sie hat es dem Holz zugeschrieben, das von einer sechshundert Jahre alten Linde stammte, die in einer stürmischen Nacht aus dem Boden gerissen wurde.«

      »Ich kenne diese Geschichte, und ich denke, falls sie diese Kräfte besitzt, dann ist das Sprechzimmer genau der richtige Ort, um sie zu entfalten.« Danny wusste, dass diese Uhr Fanny viel bedeutet hatte. Mit diesem Platz, an dem sie jeder sehen konnte, wäre Fanny sicher einverstanden gewesen.

      »Fanny hat dem Richtigen ihr Haus vererbt«, sagte Frau Schmidtbauer und nickte zur Bekräftigung ihrer Feststellung mit dem Kopf.

      »Vielen Dank, dass Sie das so sehen.«

      »Wenn es nicht so wäre, dann wäre Ihr Wartezimmer leer«, erklärte sie ihm ganz offen.

      »Dann sollte ich wohl gut aufpassen, dass ich das Vertrauen der Nachbarschaft nicht verliere.«

      »Wer es einmal gewonnen hat, der verliert es nicht mehr so schnell«, versicherte sie ihm mit einem freundlichen Lächeln.

      »Sie haben nicht nur Kopfschmerzen, ihr Nacken bereitet Ihnen auch Probleme, nehme ich an«, sagte Danny, als Frau Schmidtbauer ihren Kopf zur Seite neigte und sich den Nacken massierte.

      »Ja, ganz schlimm tut es oft weh, und schwindlig wird mir dann auch.«

      »Wie fühlt sich das an?« Er war aufgestanden, hatte sich hinter sie gestellt, ihren Kopf vorsichtig aufgerichtet und strich in Höhe des Haaransatzes sanft von beiden Seiten des Halses in Richtung der Wirbelsäule, ohne sie dabei zu berühren.

      »Herr Doktor, Sie besitzen magische Hände. Mein Kopf fühlt sich plötzlich so viel leichter an«, flüsterte Lieselotte überrascht.

      »Das hat nichts mit Magie zu tun. Ihre Nackenmuskeln sind unglaublich angespannt, werden sie gelockert, verschwindet der Schmerz. Ich denke, dass ein Physiotherapeut einiges für Sie tun kann. Um andere Ursachen für Ihre Beschwerden auszuschließen, werden wir aber vorab einige Tests machen«, sagte Danny und legte ihr die Manschette des Blutdruckgerätes um den Oberarm.

      »Ich fühle mich bereits bestens bei Ihnen aufgehoben, Herr Doktor«, versicherte ihm Frau Schmidtbauer und betrachtete ihn mit einem bewundernden

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