Seemanns-Legende und andere Erzählungen. Henryk Sienkiewicz

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Seemanns-Legende und andere Erzählungen - Henryk Sienkiewicz

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sicher.

      Sie sperrten die Geschäftsläden zu und gingen zum Richter. Erst knapp vor der Tür erinnerten sie sich, daß sie beide nicht genug Englisch konnten, um die Sache zu erklären. Was also tun? Aber der Sheriff als polnischer Jude kann Deutsch und Englisch. »Also versuchen wir es.«

      Aber der Sheriff war eben im Begriff wegzufahren. »Geht zum Teufel!« schrie er. »Die ganze Stadt ist durch Euch beunruhigt. Ich fahre zum Lumber. Good bye.« Und er fuhr davon.

      Hans griff sich an den Kopf. »Sie müssen bis morgen warten,« sagte er phlegmatisch.

      »Ich soll warten? Lieber sterben! Außer, wenn Sie den Affen herunternehmen.«

      »Den Affen werde ich nicht entfernen.«

      »So werden Sie baumeln, Deutscher. Sie werden gehenkt werden! Es wird auch ohne Sheriff gehen. Der Richter weiß auch, um was es sich handelt.«

      »Nun, so gehen wir ohne Sheriff,« sagte er.

      Aber Fräulein Naumann befand sich in einem Irrtum. In der ganzen Stadt wußte allein der Richter nichts von ihrer Befehdung. Der wackere Greis war nur mit seinen »Arzeneien« beschäftigt und glaubte damit die Welt zu erlösen. Er empfing sie höflich und freundlich, wie er gewöhnlich jeden empfing.

      »Kinder, zeigt Eure Zungen,« sagte er. »Ich werde Euch gleich was verschreiben.«

      Beide begannen zum Zeichen, daß sie keine Arzeneien mögen, mit den Händen zu fuchteln.

      Fräulein Naumann wiederholte: »Das brauchen wir nicht, das nicht.«

      »Also was?«

      Sie redeten durcheinander. Auf ein Wort von Hans fielen zehn des Mädchens. Schließlich verfiel sie auf die Idee, aufs Herz zu weisen, zum Zeichen, daß Herr Hans es mit sieben Schwertern durchbohrt habe.

      »Ich verstehe! Jetzt verstehe ich.« sagte der Doktor.

      Darauf schlug er ein Buch auf und begann zu schreiben. Er fragte Hans, wie alt er sei.

      »Fünfunddreißig Jahre.«

      Dann fragte er Fräulein Naumann; sie wußte sich nicht genau zu erinnern, so ungefähr fünfundzwanzig.

      »All rigth! Wie sind Ihre Vornamen? Hans, Lora? Allright! Beschäftigung? Sie haben Kaufläden? All right!« Dann noch einige Fragen.

      Beide verstanden sie nicht, antworteten aber »yes«.

      Der Doktor winkte mit dem Haupte. »Alles erledigt.«

      Als er mit der Schreiberei fertig war, erhob er sich plötzlich zu Loras Verwunderung und küßte sie. Sie faßte das als günstiges Omen auf und ging voll rosiger Hoffnungen nach Haus.

      Am folgenden Morgen kam der Sheriff vor die Geschäftsläden. Beide standen vor den Türen. Hans schmauchte seine Pfeife, Lora sang ihr Spottlied.

      »Wollt Ihr zum Richter gehen?« fragte der Sheriff.

      »Wir waren schon dort.« »Nun und wie steht es?«

      »Mein lieber Sheriff, mein bester Herr Devis,« rief das Mädchen, gehen Sie hin, um zu erfahren, was er gesagt hat, und legen Sie für mich beim Richter ein gutes Wörtchen ein. Sie sehen, ich bin ein armes, alleinstehendes Mädchen.«

      Der Sheriff ging und kehrte nach einer Viertelstunde zurück. Man wußte aber nicht, warum er von einer Menschenmenge umringt zurückkehrte.

      »Nun, was ist? Wie steht’s?« begannen beide ihn auszufragen.

      »Alles ist gut.« sagte der Sheriff.

      »Na, was hat der Richter gemacht?«

      »Na, was hätte er Böses machen sollen, er hat Euch verheiratet.«

      »Verheiratet?!!!«

      Wenn ein Blitz jäh eingeschlagen hätte, wären Hans und das Mädchen nicht in diesem Grade bestürzt gewesen. Hans riß weit die Augen auf, öffnete den Mund, streckte die Zunge heraus und schaute Fräulein Naumann wie blöde an, und sie tat ganz dasselbe. Beide waren erstarrt, versteinert, dann erhoben sie ein großes Geschrei.

      »Ich soll seine Frau sein?« »Ich soll ihr Mann sein?« »Zu Hilfe! Zu Hilfe! Nie!« »Gleich eine Scheidung! Ich will nicht!« »Nein, ich will nicht!« »Lieber sterben! Scheidung, Scheidung! Was geht denn da vor?«

      »Meine Lieben!« sagte der Sheriff ruhig, »hier hilft kein Schreien, der Richter traut, aber eine Scheidung kann er nicht vornehmen. Warum schreit Ihr? Ich habe schöne Kinderschuhe, ich verkaufe billig. Good bye!« Dies sagend, ging er von dannen.

      Die Leute begannen ebenfalls lachend auseinander zu gehen. Die Neuvermählten blieben allein zurück.

      »Dieser Franzose,« schrie das Fräulein-Frau, »er hat uns das absichtlich getan, weil wir Deutsche sind!«

      »Richtig,« antwortete Hans. »Wir werden aber zur Scheidung gehen! Ich werde sagen: Sie haben mir ein ›t‹ aus der Mitte ausgekratzt.«

      »Nein, ich werde sagen, Sie haben mich in die Eisenfalle gelockt!«

      »Ich kann Sie nicht ausstehen!«

      Sie gingen auseinander und schlossen die Läden. Sie saß in ihrer Wohnung, den ganzen Tag nachsinnend, er in der seinigen.

      Die Nacht brach an. Die Nacht bringt Ruhe, aber beide vermochten nicht an Schlaf zu denken. Sie legten sich nieder, konnten aber die Augen nicht schließen. Er dachte: »Dort schläft meine Frau.« Sie dachte: »Dort schläft mein Mann.« Und seltsame Empfindungen entstanden in ihren Herzen. Es war Haß und Zorn mit einem Gefühl der Einsamkeit gepaart.

      Hans dachte außerdem an seinen Affen oberhalb des Geschäftsladens. Wie konnte er ihn weiter behalten, wenn dies jetzt eine Karikatur seiner Frau ist. Und es kam ihm vor, als habe er etwas sehr Garstiges getan, als er diesen Affen malen ließ. Aber wiederum haßte er dieses Fräulein Naumann doch, denn durch sie ist sein Eis geschmolzen und er hat sie doch bei Mondschein in die Eisenfalle gelockt.

      Da kamen ihm wiederum jene beim Mondlicht gesehenen Formen in den Sinn. »Nun, wahr ist es, sie ist ein fesches Mädchen,« dachte er, »aber sie kann mich nicht leiden und ich sie nicht.«

      Das ist eine Situation! Ach, Herr Gott! Er hat geheiratet. Und wen? Fräulein Naumann! Und eine Scheidung kostet so viel! Das ganze Geschäft wird dazu nicht reichen. –

      »Ich bin die Frau dieses Deutschen.« sagte sich Fräulein Naumann. »Ich bin kein Mädchen mehr, das heißt, ich wollte sagen, ein Mädchen, aber vermählt. Mit wem? Mit Kasche, der mich in der Eisenfalle erwischte. Es ist zwar wahr, daß er mich in die Arme nahm und hinauftrug, und wie stark er ist. – Was ist das? Da ist ein Geräusch!«

      Es war gar kein Geräusch, aber Fräulein Naumann begann sich zu fürchten, obwohl sie sich früher nie fürchtete.

      »Aber wenn er sich jetzt erdreisten sollte, Gott!« Dann aber fügte sie mit einer Stimme, in welcher ein seltsamer Tonfall der Enttäuschung klang, hinzu: »Er wird es aber nicht wagen, er …«

      Bei

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