Infiziert. Teri Terry

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Infiziert - Teri Terry Infiziert

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gespielt. Damit war ich unten durch.

      »When you gonna give to me, give to me?«, singt Duncan und lacht sich halb tot.

      »Wenn du Eier in der Hose hast, Loser.« Mit finsterer Miene versuche ich, mich an ihm vorbeizudrängen, aber so leicht macht er mir das nicht.

      Er packt mich am Arm und stößt mich gegen das Regal. Ich stehe ihm gegenüber und ringe mir ein Lächeln ab. Überrascht lächelt Duncan zurück, und da werde ich so sauer, weil ich mich von diesem Loser einschüchtern lasse. Und diese Angst und Wut nutze ich und ramme ihm mit Wucht das Knie in den Schritt.

      Duncan geht zu Boden, krümmt sich stöhnend.

      »Sorry, habe mich geirrt, Mann. Hast wohl doch welche.«

      Im Ausgang remple ich fast eine alte Dame um, die sich mit ihrem Rollator durch die Tür schiebt. Dabei knalle ich gegen die Wand.

      Der Typ hinter der Kasse funkelt mich böse an. Als ich mir die schmerzende Schulter reibe, bemerke ich, dass ich das Schwarze Brett umgerissen habe. Ich schaue mich um, von den anderen keine Spur. Duncans Kumpane helfen ihm wohl noch auf.

      »Sorry, tut mir leid.« Ich bücke mich und stelle das Schwarze Brett wieder auf. Beim Sturz sind einige Zettel abgefallen, aber ich muss jetzt schleunigst raus hier.

      Da sehe ich sie.

      Das Mädchen. Sie blickt mich von einem Zettel am Boden aus an.

      Langes dunkles, fast schwarzes Haar. Unvergessliche blaue Augen, zum einen, weil sie nicht zu dem dunklen Haar passen, und zum anderen, weil sie so gehetzt wirken – auf dem Bild und auch damals, als sie mich angesehen hat. Nicht die Spur eines Lächelns.

      Hinter mir nehme ich Bewegungen wahr, ich stecke den Zettel ein und stürme hinaus. Ich sprinte über die Straße zu meinem Rad, fummle hektisch am Schloss herum. Endlich springt es auf. Sie sind mir schon auf den Fersen. Ich schwinge mich aufs Rad und trete wie verrückt in die Pedale. Sie kommen näher, eine Hand greift nach mir, gleich haben sie mich.

      Angst treibt mich an, lässt mich schneller treten. Ich entkomme ihnen.

      Als ich mich umdrehe, haben sie die Verfolgung aufgegeben. Hinter ihnen kommt Duncan langsam angetrabt.

      Ich fahre lieber direkt nach Hause, falls sie einen Wagen dabeihaben und mir den Weg abschneiden wollen. Von der Straße wechsle ich auf den Radweg und fahre dann querfeldein durch den Wald den Berg hinauf, hoch und immer höher.

      Das Radfahren tut mir gut und nach ein paar Kilometern beruhige ich mich wieder. Aber jetzt mal im Ernst, was hat sich meine Mutter nur dabei gedacht, mich Sharona zu nennen? Das habe ich mich schon oft gefragt. Als würde ich nicht schon so genug herausstechen, mit meinem Londoner Akzent und all dem Kram, den ich weiß und in der Schule besser nicht äußern sollte, was ich aber oft einfach vergesse. Zum Beispiel ist mir nun mal klar, dass sich Quanten, diese winzig kleinen Partikel, gleichzeitig als Wellen und Teilchen bewegen können. Verrückt. Aber mein derzeitiges Lieblingsfeld ist der Auf bau der DNA – dieser verdammte genetische Code, der dafür verantwortlich ist, dass ich dunkles, lockiges Haar habe und Duncan so ein Arsch ist. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Mum mich Sharona genannt hat, bindet sie nun auch noch jedem auf die Nase, dass der Name von diesem Lied stammt. Weil ich auf einem Feld hinter einem Knack-Konzert gezeugt wurde.

      Auch wenn ich alle immer wieder darum bitte, mich Shay zu nennen, können selbst meine Freunde dem Namen Sharona nicht widerstehen. Sobald ich achtzehn bin, also in einem Jahr, vier Monaten und sechs Tagen, ändere ich offiziell meinen Namen.

      Kurz vor dem Gipfel steige ich ab. Die Nachmittagssonne verblasst, es wird kühler. Lange kann ich nicht bleiben, aber ich halte immer hier an.

      Da fällt mir das Mädchen wieder ein. Der Zettel, den ich mir vorhin in die Tasche gestopft habe.

      Hier habe ich sie vor einem Jahr gesehen. An genau diesem Baum mit dem Ast, der sich so gut als Lehne eignet, habe ich gestanden. Mein Fahrrad wie jetzt neben mir.

      Dann fiel mir ein Punkt ins Auge, der hin und wieder zwischen den Bäumen unter mir auftauchte. Wahrscheinlich habe ich sie nur wegen ihrer leuchtend roten Klamotten so schnell entdeckt. Jedenfalls lief diese Person den Berg hinauf, was mich ärgerte. Das ist mein Platz, den ich extra gewählt habe, weil sonst keiner Lust hat, mit dem Rad oder zu Fuß diese verrückte Steigung zu erklimmen. Wer drang da in mein Reich ein?

      Doch als sie näher kam, sah ich, dass es ein Mädchen war, wesentlich jünger als ich. Vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Mit Jeans und rotem Kapuzenpulli bekleidet, ihr dickes, dunkles Haar hing ihr offen über den Rücken. Und mir fiel noch etwas an ihr auf. Sie hatte ein ziemliches Tempo drauf, nahm den Anstieg mit entschlossenen Schritten. Sah nicht nach rechts, nicht nach links. Lächelte nicht.

      Als sie mich fast erreicht hatte, rief ich: »Hallo. Hast du dich verlaufen?«

      Sie zuckte heftig zusammen und sah sich mit wirrem Blick nach mir um.

      Ich winkte ihr zu. »Ich bin’s nur, keine Angst. Hast du dich verlaufen?«

      »Nein«, sagte sie plötzlich merkwürdig gefasst und lief weiter.

      Und ich ließ sie achselzuckend weiterziehen. Aber nach kurzer Zeit machte ich mir doch Sorgen. Dieser Weg führt zu einer abgelegenen Straße, da ist kilometerweit nichts und der Rückweg ist ebenfalls lang. Selbst wenn sie sofort umgekehrt wäre, wäre sie nicht vor Einbruch der Dunkelheit im Tal.

      Ich schnappte mir das Rad und stapfte hinter ihr her. An der Straße blieb sie stehen und sah sich um. Rechts führt die Straße zurück nach Killin, die Strecke nehme ich meistens, fliege den Berg hinunter über den Asphalt. Das Mädchen wandte sich aber nach links. Sie muss sich verlaufen haben, dachte ich damals. Wenn sie nicht mit mir redet, sollte ich die Polizei anrufen.

      Ich versuchte es erneut. »Hallo? Da ist nichts. Wo willst du denn hin?«

      Keine Antwort. Ich lehnte mein Fahrrad gegen einen Baum, nahm den Rucksack ab, um nach meinem Handy zu kramen. Gerade als ich es gefunden hatte, kam ein Wagen aus Richtung Killin angefahren. Er brauste an mir vorbei, verlangsamte sein Tempo und hielt an.

      Ein Mann stieg aus.

      »Da bist du ja«, sagte er zu dem Mädchen. »Steig ein.«

      Sie blieb wie angewurzelt stehen. Er hielt ihr die Hand hin und sie trat zu ihm, nahm aber nicht seine Hand. Dann öffnete er die Autotür und sie stieg auf den Rücksitz. Der Mann nahm auf dem Fahrersitz Platz und brauste kurz darauf davon.

      Ich war erleichtert, denn ich hatte eigentlich keine Lust gehabt, die Polizei anzurufen und mich einzumischen. Schließlich wollten Mum und ich am nächsten Morgen verreisen, mit dem Rucksack durch Europa, und ich hatte noch nicht gepackt.

      Aber ganz wohl war mir bei der Sache trotzdem nicht. Irgendwie seltsam: Für ein Kind in ihrem Alter war das ein ziemlicher Marsch und dann auch noch allein. Und wie der Mann gesagt hatte: Da bist du ja. Als wäre sie verschüttgegangen. Oder weggelaufen. Und wenn sie sich wirklich verlaufen hätte, hätte sie dann nicht gelächelt und wäre froh gewesen, als ich sie ansprach?

      Allerdings hatte ich in dem Alter selbst oft mit dem Gedanken gespielt wegzulaufen. Sogar jetzt manchmal noch. Mich ging das also nichts an.

      Ich

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