Infiziert. Teri Terry

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Infiziert - Teri Terry страница 7

Infiziert - Teri Terry Infiziert

Скачать книгу

hallo? Hier spricht Kai Tanzer. Ich bin Calistas Bruder. Weißt du, wo sie steckt?« Es ist die Stimme vom Anrufbeantworter. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, er ist voller Hoffnung. Auch wenn ich ihn überhaupt nicht kenne, fällt es mir schwer, das im Keim zu ersticken.

      »Nein, tut mir leid. Ich weiß nicht, wo sie ist. Aber ich habe sie gesehen.«

      »Wo? Wann?«

      »Es ist schon länger her. Ich bin erst heute auf die Anzeige gestoßen, aber ich habe Calista im letzten Jahr gesehen, an dem Tag, an dem sie verschwunden ist. 29. Juni stand da.« Ein Flyer, der im Supermarkt am Schwarzen Brett hing, an dem ich bestimmt schon hundertmal vorbeigegangen bin und der mir nie aufgefallen war. »Es war am späten Nachmittag. Calista ging spazieren und stieg dann zu einem Mann in einen Wagen. Ich nahm an, es sei ihr Vater.« Habe ich das wirklich geglaubt? Oder rede ich mir das jetzt ein, weil ich ein Unglück hätte verhindern können, wenn ich nachgehakt hätte?

      »Ah, verstehe«, sagt er. Da ist Schmerz in seiner Stimme. »Verschwunden ist sie schon morgens. Weißt du noch, wie der Mann aussah?«

      »Ich glaube schon.«

      »Wo wohnst du denn?«

      »In der Nähe von Killin in Stirlingshire. Schottland.« Ich gebe ihm unsere Adresse, erkläre ihm, dass er der einspurigen Straße den Berg hinauf folgen muss. Und der Wegweiser Addy’s Folly ihn zu uns führt.

      »Bleib, wo du bist. Ich komme zu dir. Geh nirgendwohin, okay?«

      »Ich bleibe hier.«

      »Ich brauche vielleicht zwei, zweieinhalb Stunden. Wie heißt du?«

      »Shay.«

      Die Leitung ist tot.

image

      SHETLAND INSTITUTE, SCHOTTLAND

      Time Zero: 28 Stunden

      Die Zeit vergeht schleppend.

      Endlich regt sich was. An einer Wand öffnet sich eine Tür und ich verdrücke mich in die hinterste Ecke. Menschen in Schutzanzügen kommen rein.

      Von mir nehmen sie keine Notiz, sodass ich mich nach einer Weile aus meiner Ecke raustraue. Ich fuchtele ihnen mit den Händen vor dem Gesicht herum. Keine Reaktion.

      Mit Instrumenten überprüfen sie die Asche am Boden, entnehmen kleine Proben, die sie unter Sensoren halten. Sie scheinen zufrieden zu sein und zücken einen Besen. Nicht gerade Hochtechnologie. Was von mir übrig ist, wird zu einem Haufen zusammengekehrt, und dann wird ein silbernes Teil zum Einsatz gebracht, noch eine Düse aufgesteckt … Und schwups hat man einen Staubsauger. Ich werde aufgesaugt. Einfach so. Futsch.

      Anschließend nehmen sie den Sauger wieder auseinander und schreiben »Subjekt 369 X« auf den Beutel.

      Jetzt werde ich aber sauer. Richtig sauer.

      »Ich bin Callie!«, brülle ich.

      Beklommen halten sie inne. Tauschen Blicke, zucken die Achseln und sammeln ihre Instrumente zusammen. Als sie durch die Tür gehen, bin ich ihnen dicht auf den Fersen. Ich will nicht in diesem kahlen Raum festsitzen.

      Den Reaktionen nach konnten sie mich hören, jedenfalls ein wenig. Auch wenn ich nicht weiß, was ich bin, kann ich zumindest wieder sprechen – die Maske bin ich los. Ich hatte so lange keine Stimme, dass ich richtig glücklich darüber bin.

      Ich kann sogar singen! Ich stimme ein Lied an, das ich manchmal von den Schwestern gehört habe, als ich krank im Bett lag; einer der Techniker vor mir pfeift im Takt mit.

image

      KILLIN, SCHOTTLAND

      Time Zero: 27 Stunden

      »Soll ich wirklich nicht dabei sein?«, fragt Mum und bleibt unsicher im Türrahmen stehen.

      »Zum hundertsten Mal: nein. Geh endlich! Ich komm allein zurecht.«

      »Du rufst mich an, wenn …«

      »Wenn was? Wenn er ein Axtmörder ist? Ich weiß nicht, ob das klappt. ›Entschuldigung, könnten Sie Ihre Axt kurz weglegen. Ich habe meiner Mami versprochen anzurufen!‹« Mum sieht mich entnervt an. »Alles gut. Du hast ja seinen Namen und die Telefonnummer. Geh!«

      Sie gibt mir einen Kuss auf die Stirn und verlässt das Haus.

      Am liebsten würde ich sie zurückrufen, aber ich verkneife es mir. Ich bin sechzehn, fast siebzehn, da kann ich mich nicht mehr hinter meiner Mutter verstecken. Warum bin ich nur so aufgeregt?

      Seufzend lasse ich mich aufs Sofa plumpsen und lehne mich an Ramsay, meinen riesigen Plüscheisbären. »Sei doch ehrlich, Shay«, sage ich laut und fahre erschrocken zusammen, als meine Stimme durch das leere Haus dringt. Wenn ich diesem Jungen die ganze Geschichte erzähle, wird er fragen, warum ich nichts unternommen habe, und mich womöglich für Calistas Schicksal verantwortlich machen.

      Vielleicht denke ich insgeheim genauso. Normalerweise hätte ich keinen Gedanken mehr an eine solche zufällige Begegnung verschwendet. Ich kann mich so gut daran erinnern, weil mir bei der Sache nicht wohl war. Und ich habe nichts unternommen.

      Die Zeit will nicht vergehen. Endlich höre ich Motorengeräusche. Ich stehe auf und ziehe den Vorhang beiseite. Die Sonne verschwindet gerade hinter den Bergen, als ein Motorrad um die Ecke biegt. Kurz werden die Maschine und der schwarz gekleidete Fahrer von einer Art Heiligenschein umrahmt. Dann ist es wieder stockdunkel.

      Als ich die Haustür öffne, nimmt der Fahrer den Helm ab. Er fährt sich mit der Hand durchs Haar und streicht es sich aus den Augen.

      »Shay?«, fragt er. »Ich bin Kai.« Er zieht sich die Handschuhe aus und wir geben uns die Hand. Er hält meine eine Weile. Sieht mich dabei durchdringend an – bittend, bedürftig. Wie gebannt schaue ich ihm in die Augen – hellbraun, mit einem goldenen Ring um die Pupillen, der in Grün übergeht.

      Blinzelnd löse ich den Blick. »Komm doch rein«, sage ich. »Magst du vielleicht einen Tee oder …«

      »Nein. Nein, Shay. Sag, was du beobachtet hast. Bitte.« Er klingt ängstlich und angespannt. Seine Schwester, seine kleine Schwester, wird seit fast einem Jahr vermisst. Wie fühlt sich das wohl an? Ich muss ihm alles genau erzählen, egal, ob ich dabei gut wegkomme.

      »Natürlich. Tut mir leid.«

      Im Wohnzimmer biete ich ihm einen Sessel an und nehme auf dem Sofa Platz. Vorher öffnet er noch den Reißverschluss seiner Motorradjacke und zieht sie aus. Er ist hochgewachsen, hat breite Schultern. Von der Sonne ist das Haar ausgebleicht, blonde und braune Strähnen wechseln sich ab. Wahrscheinlich ist er ein oder zwei Jahre älter als ich. Meine Freundin Iona würde sagen, er sieht todesgut aus. Er setzt sich und schaut mich ruhig an. Wartet, dass ich loslege.

      »Okay.

Скачать книгу