Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Box 1 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer Box

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mich net willkommen heißen?« fragte sie. Urban breitete beide Arme aus.

      »Doch«, flüsterte er. »Sei herzlich willkommen.«

      Veronika warf sich in seine Arme, und als sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte, spürte sie das Zittern, das den alten Mann durchfuhr.

      *

      Plötzlich schien es, als wäre das Rad der Zeit zwanzig Jahre zurückgedrehnt worden. Gerade so, als wäre es gestern gewesen, tauchten die Bilder der Vergangenheit vor ihm auf.

      Maria Brandner war ein junges, hübsches Madel, und die Burschen im Dorf drunten waren alle wild hinter ihr her. Urban, der nach dem frühen Tode seiner Frau, das Kind ganz alleine großgezogen hatte, führte ein strenges Regiment, und wenn Maria einmal am Samstag abend zum Tanz gehen wollte, dann achtete ihr Vater darauf, daß sie nie alleine ins Dorf ging. Jedesmal war er dabei und paßte auf, daß die Burschen seiner Tochter nicht zu nahe kamen.

      Dabei hatte längst einer das Herz des Madels erobert. Als Urban dahinterkam, setzte es ein ungeheures Donnerwetter, und er sperrte Maria eine Woche lang ein.

      Und das war der Gipfel. Maria, schon volljährig, wagte es, sich ihrem Vater zu widersetzen, und es kam zu einem bösen Streit, der damit endete, daß Urban seine Tochter verstieß. Bei Nacht und Nebel verließ sie die Sennhütte, in der sie geboren und aufgewachsen war. Urban wußte nicht, wohin sie gegangen war. Er hörte nie wieder von ihr.

      Bitterkeit hatte sich in all den Jahren in seinem Herzen eingegraben, und wahrscheinlich führte sie dazu, daß er manchen Leuten gegenüber schroff und ablehnend war.

      Kopfschüttelnd betrachtete er nun das Madel neben sich auf der Bank. Er konnte es immer noch nicht glauben. Das also war seine Enkeltochter, das Kind seiner Maria.

      »Die Mama war sehr krank«, berichtete Veronika. »Der Papa ist schon früh gestorben, und davon hat die Mama sich net mehr erholt.«

      Urban schluckte. Seine Enkelin hatte eine Frage beantwortet, die zu stellen er sich nicht gewagt hatte. – Maria lebte also nicht mehr. Urban schluckte und strich dem Madel über das Haar. Es war genauso blond wie das seiner Tochter, und Veronika hatte dasselbe Gesicht, die blauen Augen, das kleine Stupsnäschen, und sogar das Grübchen auf der rechten Wange – wenn sie lachte, dann war es da.

      »Nach einigen Wochen habe ich mich dann um den Nachlaß gekümmert und bin dabei auf einige Papiere gestoßen, in denen dein Name erwähnt ist. Ich habe ja vorher gar net gewußt, daß ich einen Großvater habe.«

      Sie schaute ihn liebevoll lächelnd an.

      »Und dann hab ich mich auf die Suche nach dir gemacht«, endete sie.

      Sie nahm seine rauhe, abgearbeitete Hand und drückte sie fest.

      »Ihr hattet wohl Streit?« fragte sie. »Die Mama hat nie über ihre Familie gesprochen.«

      Urban wurde verlegen. Natürlich hatte es Streit gegeben, und in all den Jahren hatte er sich mehr als einmal Vorwürfe gemacht, er sei zu streng gewesen. Aber da war es zur Reue längst zu spät.

      »Ich hab’ viel gutzumachen«, flüsterte er. »Und ich bin froh, daß du gekommen bist.«

      Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke.

      »Du liebe Güte«, rief er aus. »Ich bin ein schlechter Gastgeber. Du mußt doch Hunger haben und Durst.«

      »Nein, nein, so schlimm ist es nicht«, antwortete Veronika lachend. »Aber ein Glas frische Milch nehme ich gerne.«

      Sie war ebenfalls aufgestanden, und schaute sich um. Die Arme um den Großvater legend, strahlte sie den alten Mann an.

      »Herrlich hast du’s hier droben«, schwärmte sie. »Man möcht’ am liebsten gar net mehr weg.«

      Urban Brandner strahlte zurück, und die Worte des Madels brannten sich in seinem Kopf fest.

      *

      Markus Bruckner schaute aus dem Fenster seiner Amtsstube hinüber zum Kirchplatz. Dort sah er die zwei dunklen Wagen der Kriminalpolizei stehen. Der Bürgermeister von Sankt Johann wandte sich wieder seinen Besuchern zu.

      »Eine schlechtere Nachricht hätten S’ net überbringen können, Herr Pfarrer«, sagte er. »Ausgerechnet die Madonna – wer tut bloß so was?«

      Sebastian Trenker hob hilflos die Schulter.

      »Wir können nur hoffen, daß die Diebe die Statue uns zum Rückkauf anbieten«, sagte er hoffnungsvoll. »Solche Fälle hat’s ja schon gegeben.«

      »Schon«, wandte sein Bruder Max ein, »aber in der Regel werden solche sakralen Kunstwerke auf Bestellung gestohlen. Die Täter wissen genau, welcher ›Kunstliebhaber‹ welches Stück haben will. Das stehlen sie ihm dann.«

      Der junge Polizist stand auf und wanderte in der Amtsstube des Bürgermeisters hin und her.

      »Die Kollegen berichteten von zwei weiteren Einbrüchen«, fuhr er fort. »Drüben in Engelsbach waren es das silberne Altarkreuz und ein Abendsmahlkelch, und in Waldeck ein wertvolles Taufbecken. Außerdem wurden im weiteren Umkreis Heiligenstatuen, Silberleuchter und in einem Fall eine dreihundert Jahre alte Bibel gestohlen. So, wie es ausschaut, handelt es sich um eine Bande Kirchenräuber, die gezielte Einbrüche verübt. Dafür, daß es keine gewöhnlichen Diebe sind, spricht außerdem die Tatsache, daß in keinem der Fälle die Kollekte angerührt wurde. Und bei uns wurde das Bild ›Gethsemane‹, net gestohlen.«

      Pfarrer Trenker erhob sich.

      »Ich muß noch hinüber zum Lärchner-Bauern«, verabschiedete er sich von Markus Bruckner.

      »Wie geht‘s dem Alten denn?« fragte der Bürgermeister.

      »Nicht gut«, bedauerte der Geistliche. »Ich hoffe, ihm etwas Trost in seinem Leiden spenden zu können.«

      Max schloß sich seinem Bruder an. Vorm Kirchenplatz standen einige Leute. Der dreiste Diebstahl hatte sich in Sankt Johann schnell herumgesprochen.

      »Ist dir in den letzten Tagen denn jemand aufgefallen?« fragte der Polizist. »Ein Fremder vielleicht, der sich verdächtig benommen hat?«

      Sebastian überlegte. Ein Gesicht tauchte aus seiner Erinnerung auf, das immer deutlicher wurde.

      »Warte«, sagte er, »Ja, das war wirklich jemand. Jetzt, wo du danach fragst, fällt es mir wieder ein. Es muß vor etwa vier Wochen gewesen sein, da kam kurz nach der Abendmesse ein Mann in die Kirche. Ich erinnere mich jetzt genau. Ein älterer, gutgekleideter Herr, der sich interessiert umsah. Er war sehr höflich, fragte, ob er die Kirche besichtigen dürfe, und ob es eventuell etwas Besonderes zu sehen gäbe.«

      Max griff nach dem Arm seines Bruders.

      »Der hat was mit dem Raub zu tun«, rief er aufgeregt, als habe ihn das Fieber gepackt. »Das spür’ ich. Was war denn weiter?«

      »Warte. Der Mann fragte also höflich, und du weißt, ich freue mich über jeden Besucher in unserer Kirche. Natürlich habe ich ihm gestattet, sich umzuschauen, und ich habe ihm auch die Madonna gezeigt.«

      Der Priester nickte nachdenklich.

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