Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst. Aristoteles

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Aristoteles: Metaphysik, Nikomachische Ethik, Das Organon, Die Physik & Die Dichtkunst - Aristoteles

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hält sie die rechte Weise inne. Das wird im weiteren Fortgang noch klarer hervortreten.

      Wir haben dargelegt, daß Verschwendung und Schäbigkeit ein Zuweitgehen oder ein Nichtweitgenuggehen bedeuten, und dies in beiden Beziehungen, im Fortgeben wie im Entgegennehmen; dabei rechnen wir die Ausgabe zum Fortgeben. Die Verschwendung nun überschreitet das rechte Maß beim Fortgeben und Nichtannehmen und bleibt hinter demselben zurück im Annehmen. Dagegen bleibt eine schäbige Gesinnung hinter dem rechten Maß zurück im Fortgeben und überschreitet es im Entgegennehmen, nur daß es sich dabei immer um geringe Summen handelt.

      Die Äußerungen der Verschwendungssucht treten nicht häufig in beiden Richtungen zugleich auf; denn es läßt sich nicht leicht vereinigen, von keiner Seite Mittel entgegenzunehmen, und nach allen Seiten hin welche auszuteilen. Privatleuten, / und um diese handelt es sich, wenn von Verschwendung die Rede ist, / muß das Vermögen schnell ausgehen, wenn sie immer nur fortgeben. Und doch darf man von einem solchen urteilen, daß er bei alledem immer noch beträchtlich wertvoller ist als ein Mensch von schäbiger Art. Denn sein Übel läßt eine Heilung zu, sei es durch zunehmendes Alter, sei es durch den Mangel an Mitteln, und er ist dann noch imstande in die rechte Mitte einzulenken; trägt er doch die Merkmale vornehmer Gesinnung in seinem Wesen. Er gibt, und weist das Nehmen zurück, wenn auch beides nicht in der rechten, sittlich gebotenen Weise. Würde man ihn also an letzteres gewöhnen, oder veränderte er sich sonst irgendwie in diesem Sinne, so könnte er wohl zu jener vornehmen Gesinnung gelangen, geben wem zu geben recht ist, und das Nehmen unterlassen, wo zu nehmen nicht recht ist. Darum gilt er auch nicht für einen Menschen von schlechtem Charakter. Denn im Geben und im Ablehnen des Nehmens das rechte Maß zu überschreiten, beweist keinen niedrigen und unedlen, nur einen arglosen Sinn. Derjenige der im bezeichneten Sinne ein Verschwender ist, scheint viel wertvoller als der Mann von schäbiger Gesinnung, teils aus den bezeichneten Gründen, teils weil er vielen sich hilfreich erweist, während jener niemandem etwas Gutes gönnt, nicht einmal sich selbst.

      Allerdings, die verschwenderisch Gesinnten scheuen sich wie gesagt der Mehrzahl nach nicht, da zu nehmen wo es nicht recht ist; sie sind in dieser Beziehung also nicht eben vornehm gesinnt. Ihre Neigung zu nehmen stammt daher, daß sie gern viel ausgeben möchten, aber nicht imstande sind es mit Leichtigkeit zu tun; denn ihr Vermögen läßt sie bald im Stich, und so sehen sie sich denn gezwungen, sich anderweitig die Mittel zu verschaffen. Zugleich ist der Grund dafür, daß sie rücksichtslos nehmen was sie erlangen können, der, daß ihre Sorge nicht die um das sittlich Gebotene ist. Denn fortzugeben ist ihre Neigung; dagegen machen sie sich nichts aus dem Wie und dem Woher. Darum beweisen denn ihre Gaben auch keine edle Gesinnung; sie entsprechen nicht sittlichem Empfinden; sie stammen nicht daraus und sind auch nicht der Pflicht gemäß. Zuweilen machen sie Leute reich, denen es besser wäre in Armut zu leben, und Leuten von rechtlichem Charakter versagen sie sich; dagegen überhäufen sie mit ihren Gaben Schmeichler oder solche, die ihnen sonst Vergnügen bereiten. Die meisten von ihnen sind darum auch zu Ausschweifungen geneigt. Da sie zum Ausgeben eine leichte Hand haben, so neigen sie zu Aufwendungen für ihre zügellosen Begierden, und da sie ihr Leben nicht im Hinblick auf das sittlich Gebotene führen, so Überlassen sie sich dem Hange zu sinnlichen Lüsten.

      Auf solche Abwege gerät der Mensch mit verschwenderischen Neigungen, wenn ihm keine rechte Anleitung zuteil wird. Wird solche Sorgfalt auf ihn verwandt, so könnte er wohl auf den rechten Weg gelangen, um die rechte Mitte innezuhalten. Dagegen gibt es keine Heilung für niedrige, schäbige Gesinnung. Hohes Alter und jede Art von Unzulänglichkeit pflegt solche niedere Gesinnung zu begünstigen. Sie ist in der Tat mit der Natur der Menschen enger verwachsen als die Neigung zur Verschwendung; denn die große Mehrzahl ist eher habsüchtig als gebelustig. Dieses Verhalten hat denn auch weite Ausdehnung und ist sehr vielgestaltig, und man darf bei solch niederer Gesinnung geradezu von einem Formenreichtum sprechen. Da sie in zweierlei besteht, in dem Zuwenigtun beim Fortgeben und in dem Zuvieltun beim Erraffen, gelangt sie nicht bei allen zu vollständiger Erscheinung. Zuweilen kommen die beiden Seiten auch getrennt vor, und wie es Leute gibt, die im Erraffen zu weit gehen, so gibt es andere, die im Fortgeben hinter dem rechten Maß zurückbleiben. Leute, die man mit solchen Bezeichnungen wie Knicker, Knauser, Filze bezeichnet, tun sämtlich zu wenig, wo es sich um das Fortgeben handelt, ohne daß sie doch nach fremdem Gute strebten und es an sich zu reißen begehrten, die einen aus einer Art von Rechtlichkeit und aus Behutsamkeit, ja nicht etwas Verwerfliches zu tun; denn manche scheinen das Ihrige nur deshalb zusammenzuhalten, / oder sie sagen doch wenigstens so, / damit sie niemals in die Zwangslage geraten, etwas sittlich Unerlaubtes tun zu müssen. Dahin gehört denn auch der Pfennigfuchser und was ihm sonst gleicht; seinen Namen hat er davon, daß er die Neigung nichts wegzugeben aufs höchste ausgebildet hat. Andere wieder enthalten sich des Nehmens von fremdem Gut aus Furcht: sie denken, daß es sich nicht leicht vermeiden lasse, wenn einer anderen das Ihre nimmt, daß diese dann wieder ihm das Seine nehmen, und so begnügen sie sich damit, daß sie weder nehmen noch geben. Eine zweite Klasse geht dagegen im Ansichnehmen zu weit; sie raffen von allen Seiten und alles mögliche an sich; so die Leute, die schimpfliche Geschäfte betreiben, wie die Dirnenhalter und die Betreiber ähnlicher Gewerbe, die Wucherer, die kleine Summen zu hohem Zinsfuß ausleihen. Alle diese schöpfen ihren Erwerb aus verwerflicher Quelle und in verwerflicher Größe. Als das Gemeinsame tritt bei ihnen das Streben nach schimpflichem Gewinn entgegen; denn sie alle bedenken sich nicht, um des Gewinnes, auch um eines kleinen Gewinnes willen, die Schande auf sich zu nehmen. Denjenigen, die auf unlauterem Wege pflichtwidrig solches an sich reißen was Größe verleiht, wirft man niedere Gesinnung nicht vor; so den Gewaltherrschern, die Städte verwüsten und Heiligtümer ausplündern; sondern diese nennt man eher Bösewichter, man schilt sie gottlos und ungerecht. Dagegen gehören die Falschspieler, die Beutelschneider und Straßenräuber zu den Leuten von niedriger Gesinnung, die nach schimpflichem Gewinn trachten. Gewinn ist das Ziel für beide Arten von Menschen, und um seinetwillen beladen sie sich mit Schande. Die einen setzen sich um zu erraffen den größten Gefahren aus, die anderen bereichern sich an ihren Angehörigen, denen sie vielmehr noch abgeben sollten. Beide sind auf schimpfliche Weise gewinnsüchtig, da sie Gewinn aus einer Quelle begehren, aus der man ihn nicht begehren darf. Alles solches Aneignen aber zeugt von niederer Gesinnung. Mit Recht bezeichnet man die niedere Gesinnung als den geraden Gegensatz zur vornehmen Gesinnung. Sie bedeutet eine schlimmere Verirrung als verschwenderische Neigungen: Vergehungen in dieser Richtung begegnen auch häufiger als die im Sinne der Verschwendung, von der vorher die Rede war.

      So viel über die vornehme Haltung in Geldsachen wie über die zu ihr im Gegensatz stehenden verkehrten Verhaltungsweisen.

      b) Die hochherzige Gesinnung und ihre Gegensätze

       Inhaltsverzeichnis

      Daran schließt sich wohl am nächsten eine Ausführung an über die Hochherzigkeit in Geldsachen; denn auch diese stellt sich als eine in Geldfragen zur Erscheinung kommende löbliche Eigenschaft dar. Indessen erstreckt sie sich nicht wie das was wir eben als vornehme Gesinnung behandelt haben, auf alle Betätigungen in Geldangelegenheiten, sondern nur auf diejenigen, bei denen es sich um einen beträchtlichen Aufwand handelt und in diesen überragt sie die bloße Freigebigkeit durch die Größe der Opfer, die sie bringt. Wie schon der Name (megaloprepeia, Großartigkeit im Tun des Geziemenden) andeutet, so ist sie ein Aufwand in großem Maßstab, den man geziemenderweise macht; Größe aber ist etwas Relatives. Der Aufwand ist nicht derselbe für einen der ein Kriegsschiff und für einen der eine Festgesandtschaft ausrüstet. Was geziemend ist, das richtet sich nach der Person, nach dem Gegenstande und nach dem Zwecke. Wer in kleinen Dingen oder in Dingen von mäßiger Bedeutung seinen Aufwand nach seiner Stellung bemißt, den nennt man nicht großherzig, wie etwa den Mann, der (bei Homer) sagt: »Oft hab' ich dem Bettler gegeben,« sondern nur den der in großen Dingen so verfährt. Dem Hochherzigen eignet vornehme Gesinnung: aber deshalb bedeutet Vornehmgesinntsein noch keineswegs Hochherzigkeit. Die Gesinnung, die in dieser Art von Leistungen unter dem rechten Maße zurückzubleiben pflegt, nennt man Engherzigkeit, diejenige die zu Übertreibungen neigt, Protzentum,

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