Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

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wir ihnen keine Jungfrauen opfern, sondern in geschlossener Schar gegen sie ziehen. Und, traun, wenn es Drachen gäbe, hätten ihnen die Kurpen längst die Haut in Streifen vom Leibe gezogen!«

      »Was ist das für ein Volk?« fragte de Lorche. »Könnte ich vielleicht gegen diese Kurpen ziehen?«

      »Wohl könnt Ihr mit ihnen kämpfen, aber es wird nicht zu Euerm Heile gereichen,« entgegnete Macko. »Uebrigens ziemt sich dies auch nicht für Ritter, denn jene sind ein Bauernvolk.«

      »Auch die Schweizer nennt man ein Volk von Bauern! Sind denn die Kurpen schon zum Christentum übergetreten?«

      »Es giebt nur Christen in Masovien – die Fürsten und alles Volk sind Christen, Ihr saht doch die Bogenschützen auf der Burg? Nun, das sind Kurpen, denn bessere Bogenschützen als diese giebt es in der ganzen Welt nicht.«

      »O doch! Die Engländer und Schotten, mit denen ich am burgundischen Hofe zusammentraf.«

      »In Marienburg habe ich auch die gesehen. Tüchtige Bursche sind dies alle, doch Gott möge sie davor schützen, daß sie sich mit den Kurpen messen müssen! Bei den Kurpen erhält ein siebenjähriges Kind nur dann zu essen, wenn es sich seine Nahrung von dem höchsten Wipfel der Fichte herabschießt.«

      »Wovon ist die Rede?« fragte Zbyszko plötzlich, nachdem mehrere Male das Wort »Kurpen« an sein Ohr gedrungen war.

      »Von den kurpischen und englischen Bogenschützen. Dieser Ritter hier behauptet, die Engländer sowohl wie die Schotten seien als Bogenschützen über alle andern zu stellen.«

      »Bei Wilna habe ich sie kennen gelernt. Hei, fürwahr, ich hörte ihre Pfeile um die Ohren sausen. Aus aller Herren Länder waren dort Ritter versammelt, welche sich rühmten, mit uns hätten sie leichtes Spiel. Gar bald verloren sie aber die Lust dazu, denn mehr als zweimal versuchten sie es nicht, mit uns anzubinden.«

      Schmunzelnd verdolmetschte Macko dem Herrn de Lorche die Worte Zbyszkos.

      »An verschiedenen Höfen hörte ich davon reden,« bemerkte der Lothringer. »Allenthalben lobte man die Tapferkeit Eurer Ritter, dagegen verargte man es ihnen, daß sie die Heiden gegen die Kreuzritter zu schützen suchen.«

      »Wir schützen ein Volk, das sich taufen lassen wollte, gegen Ueberfälle und Ungerechtigkeit. Die Deutschen wollen es im Heldentum beharren lassen, um einen ständigen Vorwand zum Kriege zu haben.«

      »Gott wird darüber richten!« warf de Lorche ein.

      »Und vielleicht in nicht gar zu langer Zeit!« bemerkte Macko aus Turoboje.

      Kaum hatte indessen der Lothringer gehört, daß Zbyszko bei Wilna gewesen war, so wurde er nicht müde, Macko über alle Einzelheiten zu befragen, war doch die Kunde von den dort stattgefundenen ritterlichen Fehden und Kämpfen durch die ganze Welt gedrungen. Vornehmlich jener Kampf, in dem sich vier polnische und vier französische Ritter gegenüberstanden, hatte die Phantasie der Kämpen des Westens stark erregt. War es daher zu verwundern, daß de Lorches Achtung vor Zbyszko, als vor einem Menschen, der an solch ruhmreichen Kämpfen teilgenommen hatte, immer mehr wuchs, daß er sich darob freute, sich mit einem solchen Ritter messen zu können.

      Infolgedessen ritten die beiden in scheinbarem Einvernehmen weiter. An den Haltestellen erwiesen sie sich alle möglichen Höflichkeiten und tranken sich wechselseitig mit dem Wein zu, von welchem de Lorche einen großen Vorrat auf den Wagen mit sich führte. Als indessen schließlich aus dem Gespräche zwischen dem Lothringer und Macko hervorging, daß Ulrika de Elner keine Jungfrau, sondern eine vierzigjährige verheiratete Frau und Mutter von sechs Kindern war, steigerte sich Zbyszkos Entrüstung aufs höchste. Jener wunderliche Fremde hatte es also gewagt, so sagte er sich, »ein altes Weib« mit Danusia zu vergleichen, es über diese zu stellen. Ein solcher Mensch konnte doch unmöglich bei klarem Verstande sein, ihm würden daher eine dunkle Zelle und Stockprügel weit zuträglicher sein, als eine Fahrt in die weite Welt, und dieser Gedanke allein hielt ihn zurück, seiner Entrüstung sofort Ausdruck zu verleihen.

      »Glaubt Ihr nicht, daß der Lothringer den Verstand verloren hat?« fragte er den greisen Führer. »Vielleicht sitzt auch, wie der Wurm in der Nuß, ein Teufel in ihm, der sich des Nachts auf uns stürzt. Jedenfalls müssen wir ein wachsames Auge auf jenen Ritter haben.«

      Wenn nun aber auch Macko aus Turoboje anfänglich den Worten Zbyszkos nur ungläubig lächelnd Gehör schenkte, schaute er doch schließlich etwas ängstlich auf den Lothringer, indem er bemerkte: »Wohl trifft es sich zuweilen, daß einer oder der andere von einem Teufel, ja von mehr als hundert Teufeln besessen ist. Und wird es diesen allgemach zu enge, dann suchen sie sich freilich bei einem andern Menschen einen angenehmeren Aufenthalt aus. Am schlimmsten fährt man aber mit einem Teufel, den man von einem alten Weibe über den Hals geschickt bekommt.«

      Plötzlich wandte er sich hierauf zu de Lorche und sagte: »Gelobt sei Jesus Christus!«

      »Auch ich preise ihn!« erwiderte de Lorche mit sichtlichem Staunen.

      Auf Mackos Antlitz spiegelte sich große Zufriedenheit.

      »Nun werdet Ihr Euch überzeugt haben,« sagte er wieder zu Zbyszko gewendet. »Wenn der lothringische Ritter vom Bösen besessen wäre, würde ihm Schaum auf den Mund getreten, oder er würde zu Boden geworfen worden sein, als ich ihm plötzlich so scharf zu Leibe ging. Wir können ruhig weiter ziehen.«

      Und das thaten sie auch. Von Ciechanow nach Przasnysz war es nicht allzu weit. Während des Sommers hätte ein Bote auf gutem Pferde den Weg zwischen den beiden Plätzen leicht in zwei Stunden zurücklegen können. Jetzt aber kamen die beiden Ritter mit ihrem Gefolge trotz des guten Führers nur langsam vorwärts, wie dies in dunkler Nacht und bei den im Wald liegenden Schneemassen nicht anders zu erwarten war. Sie erreichten daher, trotzdem sie um Mitternacht ausgebrochen waren, erst um die Morgendämmerung den fürstlichen Jagdhof, welcher nahe bei Przasnysz am Rande des Waldes lag. Vor dem aus Holz erstellten, langgestreckten Bau mit Fensterscheiben aus runden Glasstückchen befanden sich ein Ziehbrunnen und zwei Schuppen für die Pferde. Rings um den Jagdhof standen Hütten, die rasch aus Fichtenzweigen errichtet worden waren, und Zelte aus Fellen. Weithin war der Glanz des vor den Zelten lodernden Feuers sichtbar, um welches Treiber in Schafpelzen, in Pelzen von Füchsen, Wölfen und Bären standen. Dem Herrn de Lorche dünkte es, er sehe zweibeinige wilde Bestien vor dem Feuer, denn die Mehrzahl jener Leute trug Mützen, aus Tierköpfen verfertigt. Etliche der Männer stützten sich auf Speere, andere auf ihre Armbrust, verschiedene waren damit beschäftigt, Stricke in ungeheuere Netze zu ziehen, mehrere brieten am Feuer mächtige Stücke von Auerochsen und Elentieren, die augenscheinlich als Morgenimbiß dienen sollten. Der Schnee glitzerte in dem Schein der Flammen. Grell beleuchtet wurden auch zuweilen die wilden Gestalten, die zeitweise von dem Rauche des Feuers, von dem Dunste und Brodem der saftigen Fleischstücke gänzlich verhüllt waren. Im Hintergrunde stiegen, rötlich schimmernd, riesige Fichtenstämme empor, zwischen denen sich eine weitere Schar von Männern aufhielt. Die große Zahl der aufgebotenen Mannen setzte den eines solchen Jagdgetriebes ungewohnten Lothringer in höchstes Staunen.

      »Eure Fürsten scheinen sich ja wie zu einem Kriegszuge ausgerüstet auf die Jagd zu begeben.«

      »Ihr könnt nun sehen,« antwortete Macko aus Turoboje, »daß es ihnen weder an Jagdgeräten, noch an Leuten fehlt. Die meisten sind fürstliche Treiber, doch fehlt es auch nicht an solchen, welche sich des Marktes wegen in dieser Wildnis eingefunden haben.«

      »Was soll ich beginnen?« warf jetzt plötzlich Zbyszko ein. »In dem Jagdhof schläft noch alles.«

      »Ei nun, wir warten geduldig auf das Erwachen,«

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