Sturm über der Eifel. Katja Kleiber

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Sturm über der Eifel - Katja Kleiber Eifel Krimi

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lächelte kurz. War wohl so weitsichtig, dass sein Arm langsam zu kurz wurde.

      Dickens blinzelte angestrengt, während er sich das Handy jetzt direkt vor die Nase holte. »Nein, den kenne ich nicht.«

      Tanja seufzte. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn sich durch eine einfache Befragung eine Spur ergeben hätte.

      Sie hatten das erste der beiden lang gestreckten Gebäude erreicht, das bei näherem Hinsehen seine besten Zeiten hinter sich hatte, und stiegen die kleine Treppe zum Eingang hoch.

      Dickens hielt ihr die Tür auf.

      Von einem langen Gang gingen rechts und links Räume ab, deren Türen offen standen. Die Bundeswehr hatte die Baracken anscheinend in Mannschaftsräume unterteilt. Es roch muffig. Wesentlich wärmer als draußen war es auch nicht.

      Dickens trat an Tanja vorbei und ging voraus in einen größeren Raum mit einem langen Tisch und rund zwanzig Stühlen. »Einmal im Jahr machen wir beim Tag des offenen Denkmals mit. Dann kommen viele Besucher zu unseren Führungen.« Begeistert wies er auf eine Reihe von Schautafeln an der Wand. »Sehen Sie hier, eine Rekonstruktion der Anlage.«

      Das Schaubild zeigte den Wall mit dem Graben daneben. »Der Graben liegt innerhalb des Walls, diente also nicht der Verteidigung. Das stärkt die Annahme, dass es sich nicht um eine ehemalige Befestigungsanlage, sondern eine Kultstätte handelt.«

      Tanja betrachtete das Bild. In der Mitte des Rings stand der Holzpfahl, den Dickens ihr eben schon beschrieben hatte. Die Anlage wirkte gewaltig. »Wie groß ist das Areal?«

      »Es ist die größte Henge-Anlage auf dem europäischen Festland.« Worauf Dickens unüberhörbar stolz war. »Hundertachtundneunzig Meter im Durchmesser, doppelt so groß wie Stonehenge.« Er schob Tanja zum nächsten Schaubild. »Und hier sehen Sie den Goloring von oben. Er hat zwei Öffnungen und eine die Mitte schneidende Prozessionsstraße. Die Tore und die Straße weisen in verschiedene Himmelsrichtungen.« Er war in seinem Eifer nicht zu stoppen.

      Gerade als Tanja überlegte, was ihr dieses Gespräch brachte, klingelte ihr Handy. Claes’ Nummer leuchtete auf dem Display. »Was gibt’s, Kollege?«

      »Ich bin mit den Nachbarn durch, aber die haben nichts Neues erzählt. Der Schamane war ein friedfertiger Typ, der keiner Fliege was zuleide tun konnte. Er sammelte Pflanzen und lebte in seiner Jurte.«

      »Und das fand keiner komisch?«

      »Doch, aber es hat keinen gestört. Unser Opfer hatte einen guten Ruf bei den Nachbarn. Keine Gerüchte, keine Feinde, nichts.«

      »Eine Sackgasse.«

      »Er soll einen Bruder in Kobern-Gondorf haben.«

      »Dann müssen wir den treffen. Als Nächstes nimm dir die Höfe in der Umgebung des Golorings vor«, beschloss sie. Die Mordkommission in Koblenz war wie immer unterbesetzt. Je mehr Laufarbeit Claes übernahm, desto besser für sie.

      »Ma’am, yes, ma’am.«

      Tanja schnaufte. Die dummen Kommentare konnte sich der Kollege echt sparen.

      Sie drückte ihn weg.

      Dickens holte Luft und machte genau da weiter, wo er stehen geblieben war. »Hier also die Luftaufnahme. Die Öffnungen vom Goloring haben eine kalendarische Bedeutung, wie Archäologen nachweisen konnten. Wir nehmen an, dass sie einst zu Toren ausgebaut waren. Zum keltischen Fest Beltane am 1. Mai geht die Sonne genau in Richtung des Tors unter, das zum Karmelenberg weist. Zur Wintersonnenwende senkt sie sich hier, wo in Verlängerung des Tors die Dreitonnenkuppe liegt. Und hier, am einen Ende der Prozessionsstraße«, er presste seinen knochigen Zeigefinger auf das Schaubild, »geht die Sonne am Abend des 31. Oktober unter, am keltischen Samhain.«

      Tanja merkte auf. Das war doch die Tatnacht. In der Nacht war der Ötzi ermordet worden.

      War sie vielleicht doch auf einen Hinweis gestoßen, der auf eine keltische Sekte hindeutete? Die einem uralten Glauben anhing, in dem der keltische Kalender und der Goloring eine zentrale Rolle spielten?

      »Was muss ich mir unter Samhain vorstellen?«

      »Das Fest, das wir heute Halloween nennen. Früher hängte man am Abend vor dem 1. November Fratzen an die Türen, als Schutz vor Geistern. Denn in dieser Nacht stehen die Tore zur Anderwelt offen.«

      Eifersucht

      Sie hatte nicht bis Sonntag warten wollen. Sie vermisste Joe, den braunen Wallach mit der Samtnase. Zum Glück hatte Marnie spontan Zeit für eine weitere Reitstunde.

      Das Satteln und Aufsitzen klappte schon deutlich besser als beim ersten Mal, und durch das Striegeln war Ella mit dem Körper des Tieres vertrauter geworden. Jetzt versuchte sie, Marnies Kommandos auszuführen. Sie bewegte ein Bein nach vorne, presste den Unterschenkel des anderen an den Pferdebauch – und Joe lief nach rechts.

      Ella war stolz und glücklich. Das riesige Tier folgte ihren Anweisungen, die sie ihm durch Gewichtsverlagerung und Schenkeldruck gab. Sie ließ ihren Blick schweifen. Jenseits der Koppel erstreckten sich Wiesen in allen möglichen Grün-, Beige- und Brauntönen bis zum Waldrand.

      Ella überlegte, sich bei Wasser-Juppes zu erkundigen, an wen er »ihre« Wiese verkauft hatte. Dann könnte sie einfach den neuen Besitzer fragen, ob er sie an sie verpachten würde. Die Lage war einfach ideal, um ein paar Pferde in der Nähe ihres Hauses zu halten. Schnell rief sie sich zur Ordnung. Erst mal nur ein Pferd. Was sollte sie mit einer ganzen Herde?

      Marnie ermahnte sie, den Rücken gerade durchzustrecken.

      Ella fiel auf, wie blass die Trainerin aussah. Ihre braunen Locken hingen wirr herab.

      »Geht’s dir gut?«, fragte sie

      »Ja, alles klar.«

      Ella kniff die Lippen zusammen. So bleich, wie die junge Frau aussah, war auf keinen Fall alles in Ordnung. »Und deinem Sohn?«

      »Auch gut. Er wird jeden Tag wilder.«

      »Das liegt an seinem Alter.« Sie hatte keine Ahnung, wie alt Tobi genau war. Hatte Marnie bei ihrer ersten Stunde nicht etwas von Kindergarten erzählt? Also war er noch nicht mal im Vorschulalter und steckte bestimmt voller Energie. Mehr Energie als seine gestresste Mutter hatte so ein Kind auf jeden Fall. »Ist bestimmt anstrengend. Mutter zu sein und sich dann noch um den Reiterhof kümmern zu müssen.«

      »Geht schon. Ich weiß, dass ich das Richtige tue. Soll ich mich etwa beim Sozialamt melden? Hartzen gehen? Nur weil der Mann abgehauen ist?«

      Ihr Mann war abgehauen? Die Information war neu für Ella. Kein Wunder, dass Marnie jede Menge Stress hatte. Sie versuchte, ihr Mut zu machen. »Natürlich nicht. Das Sozialamt ist keine Alternative. Ich finde gut, dass du das alleine durchziehst.«

      »Meine Mutter unterstützt mich mit Tobi, ich komm klar. Es war schon immer mein Traum, mit Pferden zu arbeiten, und ich höre bestimmt nicht auf, nur weil Uwe jetzt weg ist.«

      »Uwe?« Ella durchzuckte es. Etwa der Uwe aus Dorsel, von dem die Frauen beim Bäcker geredet hatten? Aber halt, bloß keine vorschnellen Schlüsse ziehen, schließlich gab es jede Menge Uwes in der Eifel.

      »Ja, Uwe Röder, der Traummann.

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