Soldaten des Glücks. Richard Harding Davis
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Draussen in der Welt hatte sie zu viele bedeutende Leute kennen gelernt, als dass ihr ihre Stellung in Amerika noch einen besonderen Eindruck hätte machen können.
Und wenn es wahr war, fragte sie sich selbst, dass der Mann, den sie sich ausgemalt hatte, nur in ihren Träumen lebte, war dann King nicht noch der beste von den Unvollkommenen und Alltäglichen? Jedermann schien das zu denken. In Gesellschaften setzte man sie immer nebeneinander und billigte die Verbindung; das wusste sie. Auch ihr Verstand stimmte zu, und da ihr Herz anscheinend nicht in Betracht kam, wer vermochte dann zu behaupten, dass es nicht ebenfalls zustimme? Ohne alle Frage war er ein anziehender Mensch, ein männlicher, kluger Gefährte, der die Merkmale guter Herkunft an sich trug. Was die Familie anlangt, so waren die Kings so alt, als das in einem so jungen Lande überhaupt möglich war, und trotz seines Reichtums war Reggie King ein arbeitsamer und vernünftiger Mann. Seine Jacht segelte von Erdteil zu Erdteil, nicht nur den Sund hinauf nach New Port, und er war den Konsuln an den Küsten von Afrika und Südamerika ebenso bekannt und willkommen, als der Gesellschaft von Cowes und Nizza. Die Bücher, die er über seine Reisen geschrieben hatte, wurden von den geographischen Gesellschaften und anderen ernsten Körperschaften anerkannt, und sie hatten ihm das Recht eingetragen, eine lange Reihe von ehrenvollen Bezeichnungen unter seinen Namen auf seine Visitenkarte zu setzen. Alice Langham gefiel er, weil sie auf vertrautem Fusse mit ihm stand und weil es ihr ein tröstliches Bewusstsein war, dass es einen Mann gab, der sie nicht missverstand und der eine Berufung an seine Freundschaft, falls sie sich einmal so weit nachgeben sollte, dazu ihre Zuflucht zu nehmen, nicht missbrauchen würde, einen Mann, von dem man mit Bestimmtheit erwarten durfte, dass er stets taktvoll und höflich sein würde, und der, wenn er vielleicht auch niemals etwas Grosses vollbringen, doch auch sicher nichts Gemeines thun würde.
Als Alice Langham Mrs. Porters Salon betrat, war die Mehrzahl der Gäste schon anwesend. Nachdem sie die Hausfrau begrüsst hatte, wandte sie sich einem alten Herrn zu, der eine Leidenschaft für das Golfspiel hatte, wofür auch sie zu interessieren er sich schon seit langer Zeit bemüht hatte. Seiner Begeisterung kam sie mit derselben Begeisterung und mit so vielem scheinbarem Interesse entgegen, als ob es sich um eine Staatsangelegenheit gehandelt hätte. Ihr Grundsatz war, allen Menschen, mochten sie nun grosse Künstler, grosse Diplomaten oder von der ausgesuchtesten Langeweile sein, so zu begegnen, als ob sie für nichts anderes Interesse hätte, als für das, was den Inhalt des Lebens des Betreffenden ausmachte. Hätte ein Mann sie angefleht, mit ihm zu entfliehen, und ein anderer wäre in aller Unschuld dazugekommen und hätte sie daran erinnert, dass jetzt sein Tanz komme, so würde sie mit so vielem gutgespieltem Entzücken, als wäre durch sein Kommen die schönste Hoffnung ihres Lebens verwirklicht worden, erwidert haben: „O, wirklich?“
Jetzt wurde sie ganz Feuer und Flamme über die Schönheiten des Golfspiels, und sie bot unbewusst in ihrem zur Schau getragenen Interesse und ihrer künstlichen Lebhaftigkeit ein reizendes Bild, als es ihr zum erstenmal zum Bewusstsein kam, dass ein ihr fremder junger Herr, der allein vor dem Kamin stand, sie ansah und ganz unverhohlen dem Unsinn lauschte, den sie preisgab. Dass er schon einige Zeit zugehört hatte, vermutete sie, auch bemerkte sie einen verdächtigen Schimmer von Lustigkeit in seinen Augen, bevor er diese rasch abwandte. Miss Langham mässigte ihr lebhaftes Gebärdenspiel und dämpfte ihre Stimme, aber sie liess ihre Blicke auf dem Gesicht des Fremden ruhen, dessen eigene Augen im Zimmer umherschweiften, offenbar um sich den Anschein zu geben, als habe er nicht gelauscht.
Der Fremde war ein grosser, breitschulteriger junger Mann mit einem hübschen Gesicht, das entweder von der Sonne, oder von Wind und Wetter tiefbraun gefärbt war und das zu seinem blonden Haar und Schnurrbart und der Blässe der anderen Gesichter im Zimmer einen seltsamen Gegensatz bildete. Augenscheinlich war er allen Anwesenden fremd, und deshalb kam in seiner Haltung die Ungezwungenheit zum Ausdruck, die sich bei einem Menschen ganz von selbst einstellt, der nicht nur seiner selbst vollkommen sicher ist, sondern auch keine Ahnung davon hat, welche Ansprüche auf gesellschaftliche Auszeichnung seine Umgebung erhebt. Der anziehendste Zug seines Gesichtes waren die Augen, die alles, was um ihn her vorging, zu beobachten schienen, aber nicht nur das sahen, was an der Oberfläche sichtbar war, sondern auch das, was darunter lag, und zwar thaten sie das nicht in einer ungezogenen oder heimlichen Weise, sondern mit dem offenen, raschen Blicke des geübten Beobachters. Miss Langham fand, dass das Gesicht einen anziehenden Gegenstand des Studiums bildete, und sie wandte ihre Augen nicht ab. Mit allen anderen Anwesenden war sie bekannt, somit wusste sie, dass das der Cowboy sein müsse, von dem Mrs. Porter gesprochen hatte, und sie war erstaunt, dass sich ein Mensch, der das rauhe Leben des Westens geführt hatte, im Gesellschaftsanzug noch so ungezwungen bewegen konnte.
Mit einem bedeutsamen Emporziehen der Augenbrauen stellte die Dame des Hauses ihren Cowboy einfach als „Mr. Clay, von dem ich Ihnen erzählt habe“, vor, und hierauf trat der Cowboy zur Seite, um Mr. King Platz zu machen, der Miss Langham zu Tische führte. Als er sich wieder an ihrer Seite fand, sah er offenbar befriedigt aus, allein er zog während des ersten Teils des Diners keinen Nutzen daraus, sondern unterhielt sich mit der jungen verheirateten Dame zu seiner Linken, während Miss Langham und King das Gespräch da wieder aufnahmen, wo sie es bei ihrem letzten Zusammentreffen abgebrochen hatten. Ihre Bekanntschaft war vertraut genug, dass sie über die Art und Weise, wie sie stets nebeneinander gesetzt wurden, scherzen konnten. Sie müssten diesem Umstand, wie Miss Langham sagte, die beste Seite abzugewinnen suchen, aber während sie sprach, war sie sich der Nähe ihres anderen Nachbarn, der ihre Neugier und ihr Interesse in verschiedener Art reizte, beständig bewusst. Er schien sich vollkommen zu Hause zu fühlen, und doch machte er durch die Art, wie er sich bei Tische nach beiden Seiten umblickte und auf die Gespräche lauschte, die in seiner Nähe geführt wurden, den Eindruck eines Menschen, dem alles neu ist und der alles zum erstenmal sieht.
An einem Ende des Tisches sass eine kleine Gruppe von munteren Leuten, und sie schienen diese Thatsache dadurch hervorheben zu wollen, dass sie über ihre Bemerkungen etwas lauter lachten, als durch die Güte der Witze gerechtfertigt war. Eine Schwiegertochter Mrs. Porters bildete die Führerin dieser Gruppe, und hielt einmal mitten in einer Geschichte inne, winkte mit der Hand der Doppelreihe von Gesichtern zu, die durch ihr lautes Sprechen veranlasst worden waren, sich ihr zuzudrehen, und rief dabei lachend: „Hört mir nicht zu! Diese Geschichte eignet sich nur für einen beschränkten Hörerkreis und nicht für höhere Töchterschulen.“
Die erst kürzlich in die Gesellschaft eingeführten jungen Mädchen nahmen ihre ruhige Unterhaltung wieder auf, als ob sie die Bemerkung oder den ersten Teil der Geschichte nicht gehört hätten, und die neben ihnen sitzenden Herren schienen ebenso unbefangen zu sein. In den Zügen des Cowboys dagegen machte der anfängliche Ausdruck der Verblüffung bald dem des unverhohlenen Vergnügens Platz, wie Miss Langham bei einem verstohlenen Blicke sehr wohl bemerkte, und er fuhr fort, sich nach beiden Seiten umzusehen, als ob er einen neuen Zug an einem seltenen und interessanten Tiere entdeckt hätte. Aus irgend einem Grunde, worüber sie sich selbst nicht recht klar war, ärgerte sie sich über sich und ihre Genossen, und die Haltung, die der Neuling gegen diese einnahm, verdross sie ebenfalls.
„Mrs. Porter hat mir erzählt, Sie kennten ihren Sohn George,“ sagte sie endlich. Seine Antwort liess etwas auf sich warten, allein er neigte zustimmend den Kopf, wobei er sie fragend ansah, als ob er, wie es ihr vorkam, eine etwas weniger alltägliche Bemerkung von ihr erwartet hätte.
„Ja,“ erwiderte er endlich, „er kam in Ayutla zu uns. Das war damals der Endpunkt der Bahn von Jalisco nach Mexiko. Er traf mit der Bahn ein, ging von da weiter, um Berglöwen zu jagen, und hat, glaube ich, eine ganz erfolgreiche Jagd gehabt.“
„Das soll ja, wie ich gehört habe, eine ganz merkwürdige Bahn sein,“ sagte Mr. King, indem er sich, Clay zunickend, vorbeugte, um an der Unterhaltung teilnehmen zu können, „eine ganz hervorragende Leistung der Ingenieurkunst.“