Soldaten des Glücks. Richard Harding Davis
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Clay betrachtete King scharf, als ob er eine Erinnerung wachrufen wolle, aber da dieser Blick den anderen nur in Verlegenheit zu setzen schien, trat bald wieder das freimütige Lächeln der Zustimmung an dessen Stelle, und er widmete King seine ganze Aufmerksamkeit.
„Meiner Ansicht nach, Miss Langham, gibt es heutigestags niemand,“ rief King plötzlich, indem er sich der jungen Dame zuwandte, „der ein so romantisches Leben führt, als die Zivilingenieure, und niemand, dessen Leistungen so wenig gewürdigt werden.“
„Wirklich?“ fragte Miss Langham, ihn zur Fortsetzung des Gespräches ermutigend.
„Sehen Sie, die Männer, die ich dort traf,“ fuhr King fort, indem er sich auf seinem Stuhle so drehte, dass er seitwärts am Tische sass, „waren alle junge Leute von etwa dreissig Jahren, aber sie führten das Leben von Pionieren oder Märtyrern — wenigstens möchte ich es so nennen. Sie durchzogen einen fast unbekannten Teil von Mexiko, mussten jeden Schritt ihres Weges der Natur abringen, und wohin sie kamen, dahin trugen sie die Zivilisation. Ihre Arbeit war besser, als die der Soldaten, denn diese zerstören, während jene schaffen und Wege bauen. Dabei hatten sie weder Banner noch Blechmusik. Sie kämpften gegen Berge und Flüsse, sie wurden auf Schritt und Tritt vom Fieber und dem Mangel an Lebensmitteln bedroht und waren dabei Wind und Wetter schutzlos preisgegeben. Abends setzten sie sich ums Lagerfeuer und überlegten, ob sie einen Berg durchtunneln, den Lauf eines Flusses ablenken oder eine Brücke darüber bauen sollten, und dabei wussten sie beständig, dass das, was sie da draussen in der Wildnis zu thun beschlossen, für die irgendwo auf Gottes Erde wohnenden Aktionäre Tausende von Dollars bedeutete und dass sie eines Tages Rechenschaft darüber abzulegen hätten. Ihre Messketten zogen sie durch Meilen auf Meilen von Dickicht und über flache, mit Kakteen bewachsene Alkaliwüsten, und sie bauten Brücken über tiefe Schluchten, worin wilde Bergströme brausten. Wir wissen nichts von ihnen und kümmern uns nicht um sie. Wenn ihre Arbeit vollendet ist, fahren wir in einem Aussichtswagen über ihre Bahn, schauen Tausende und aber Tausende von Metern in die Schluchten hinab, die sie überbrückt haben, aber für sie selbst haben wir nie einen Gedanken übrig. Sie sind die tapfersten Soldaten der Gegenwart und zugleich die am wenigsten anerkannten. Ich habe ihre Namen vergessen, und Sie haben sie wahrscheinlich nie gehört, aber mir will es scheinen, als ob der Zivilingenieur der Hauptträger der Zivilisation unseres Jahrhunderts sei.“
Mit halb geschlossenen Augen sah Miss Langham gerade vor sich hin, als ob sie sich in ihrem Geiste das klar zu machen suche, was King ebenso lebhaft geschildert hatte.
„In diesem Lichte habe ich die Sache noch nie betrachtet,“ sagte sie. „Es klingt recht schön. Wie Sie sehr richtig sagten, ihr Lohn ist so gering, aber das ist gerade das, was es so erhaben macht.“
Zerstreut eine Blume zerpflückend, hielt der Cowboy seine Augen auf den Tisch gerichtet. Sein Lächeln war verschwunden, und Miss Langham, die sein Schweigen verdross, wandte sich etwas jäh nach ihm um.
„Sind Sie derselben Ansicht,“ fragte sie in etwas herausforderndem Tone, „oder ziehen Sie die Bonbonsoldaten in roten Röcken und Goldstickereien vor?“
„Hm, ich weiss nicht,“ antwortete der junge Mann nach einem leichten Zögern. „Jedes Handwerk hat seine eigenen Reize, und die Arbeit des Ingenieurs ist am anziehendsten, je grösser die Schwierigkeiten sind. Er hat die Freude, sie zu überwinden.“
„Sie sehen also weiter nichts darin,“ erwiderte sie, „als eine Quelle des Vergnügens?“
„O doch, sehr viel mehr,“ entgegnete er, „ein Mittel, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, um nur eines zu erwähnen. Ich — ich bin mein ganzes Leben lang Ingenieur gewesen und habe die Bahn gebaut, wovon Mr. King spricht.“ —
Als Mrs. Porter eine Stunde später den Damen das Zeichen zum Aufstehen gab, erhob sich Miss Langham mit einem unmutigen Seufzer.
„Es thut mir gar zu leid,“ sagte sie, „denn es war sehr interessant. Ich habe niemals zwei Herren getroffen, die so viele nur mit Gefahren zu erreichende Orte besucht haben und mit heiler Haut wieder herausgekommen sind. Sie haben Mr. King ganz begeistert, denn er war nie so unterhaltend. Aber ich möchte doch gern das Ende dieses Abenteuers hören. Wollen Sie es mir nicht nachher im anderen Zimmer erzählen?“
„Sehr gern,“ erwiderte Clay, sich verbeugend, „wenn mir inzwischen nicht etwas Besseres einfällt.“ — —
„Was ich nicht begreife,“ sagte King, indem er sich auf den von Miss Langham verlassenen Stuhl setzte, „ist, wo Sie die Zeit hergenommen haben, so viel über die übrige Welt zu lernen. Sie benehmen sich nicht wie ein Mann, der sein Leben im Urwald zugebracht hat.“
„Wie meinen Sie das?“ fragte Clay lächelnd. „Dass ich Messer und Gabel richtig zu handhaben verstehe?“
„Nein,“ antwortete King lachend, „aber Sie haben uns erzählt, dies sei Ihr erster Besuch im Osten, und doch sprechen Sie über England, Wien, Berlin und Paris. Wie kommt es, dass Sie dort gewesen sind, aber New York noch nicht besucht haben?“
„Das ist teils Zufall, teils Absicht,“ entgegnete Clay. „Sehen Sie, ich habe für englische, deutsche und französische Gesellschaften gearbeitet, ebenso wie für solche hier in den Vereinigten Staaten, und ich reise viel, mache meine Berichte über das, was ich sehe, und erhalte meine Aufträge. Und dann bin ich, was Sie hier einen self made men nennen, das heisst, ich habe nie eine Hochschule besucht; stets war ich gezwungen, mich selbst auszubilden, und wenn ich mal etwas freie Zeit hatte, konnte ich nie das Gefühl loswerden, dass ich sie nach Möglichkeit ausnützen und sie da verleben müsse, wo die Zivilisation am weitesten vorgeschritten ist — vorgeschritten wenigstens an Jahren. Wenn ich mich einmal als Sachverständiger niederlasse und grosse Summen dafür verlange, Arbeiten zu prüfen, die andere ausgeführt haben, dann hoffe ich, in New York zu leben, aber bis diese Zeit kommt, gehe ich dahin, wo die Kunstsammlungen am grössten sind und wo die Leute die Kunst, das Leben zu geniessen, am edelsten verstehen. Während acht Monaten im Jahre habe ich so viele rauhe Arbeit zu verrichten, dass ich für den feineren Lebensgenuss nur um so empfänglicher bin, und deshalb reise ich, wenn ich mal ein paar Monate für mich habe, nach London und von da nach Paris oder Wien. Wien gefällt mir, glaube ich, am besten. Die Direktoren grosser Unternehmungen sind in der Regel an ihrem Wohnort meist einflussreiche Leute. Von solchen erhalte ich hin und wieder eine Einladung, und so kommt es, dass ich, obgleich ich ein guter Amerikaner zu sein hoffe, doch mehr Freunde in Europa habe, als in den Vereinigten Staaten.“
„Und was sagen Sie denn zu diesen?“ fragte King, indem er durch eine Bewegung seines Kopfes die um den abgedeckten Tisch sitzenden Herren bezeichnete.
„O, ich weiss nicht,“ antwortete Clay lachend. „Sie haben ja auch im Auslande gelebt. Was sagen Sie zu ihnen?“ — —
Als die Herren in den Salon traten, war Clay der erste. Sofort entfernte er sich von den anderen und trat zu Miss Langham. Als ob er sich eines gewissen Halts über sie versichern wolle, nahm er ihr den Fächer aus der Hand und setzte sich neben sie.
„Sind Sie gekommen, um mir die Geschichte zu Ende zu erzählen?“ fragte sie lächelnd.
Miss Langham war eine vorsichtige junge Dame und würde einen Herrn, selbst wenn sie ihn so genau gekannt hätte, als King, nicht ermutigt haben, während des ganzen Diners und auch noch nachher mit ihr zu sprechen. Dass ihr, weil sie eine auffallende Erscheinung war, gewisse unschuldige Vergnügungen versagt waren,