EXIT NOW!. Teri Terry

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EXIT NOW! - Teri Terry

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ist perfekt gepflegt und grün. Eine sanfte Brise weht und die Sirenen sind weit weg. Fast kann ich mir einreden, es gebe sie nicht, doch dann wäre ich jetzt in der Schule.

      In London ist die Schönheit immer ein zweischneidiges Schwert. Und das wird immer schärfer. Einmal hat es mir schon das Herz durchbohrt, aber daran will ich jetzt nicht denken. Zeit, die Wirklichkeit auszublenden und meine Bücher aufzuschlagen. In die Welt der Wörter zu tauchen, meinen anderen Lieblingsplatz.

      Doch ich bin zu abgelenkt und mir tanzen die Buchstaben vor den Augen herum. Der Schmerz hat damit nichts zu tun, weder der alte noch der neue. Es hat einen ganz anderen Grund. Schließlich gebe ich auf und packe die Bücher weg. Lege mich mit dem Rücken auf die Bank, stelle die Beine auf und genieße die Wärme des Holzes, die ich durch mein dünnes Kleid spüre. Die Sonne blendet und ich muss die Augen schließen, aber trotzdem durchläuft mich ein Zittern.

      Warum muss es ausgerechnet sie sein?

      Ich konnte nicht ablehnen. Obwohl ich schon ein Vollstipendium habe, verursacht diese Schule immer wieder neue Kosten. Mein Vater kann nicht noch mehr Schichten übernehmen.

      Mir bleibt nichts anderes übrig, als diesem Mädchen Nachhilfe zu geben.

      Aber warum ausgerechnet ihr?

       SAM

      Drei Tassen Westminster-Tee, zwei Schokoriegel und endlose Berichterstattungen später kommt die Assistentin zurück und sagt mir, dass ich bald nach Hause kann. Meinen Kram habe ich im Auto gelassen, darum zeichne ich jetzt mit einem geliehenen Stift Bilder von heute Morgen auf Papierservietten. Aber das, was dabei herauskommt, ist nicht klar, nicht real genug. Der Aufstand war brutal, Furcht einflößend und sinnlos, aber real. Nicht gesäubert und vertuscht.

      Die Assistentin schaut mir über die Schulter. »Wow! Du bist wirklich sehr gut.«

      Als der Fahrer mich abholen kommt, knülle ich die Servietten zusammen und ziele auf den Mülleimer in der hintersten Ecke des Cafés. Gleich der erste Wurf ist ein Treffer.

      Spät am Abend sitze ich mit Bleistift und Skizzenblock im Bett. Diesmal versuche ich, aus dem Gedächtnis zu zeichnen, was ich gesehen habe, ohne Fernsehbilder. Das ist nämlich nicht das Gleiche. Kamera und Reporter haben einen Filter zwischen mich und die Ereignisse geschoben, so wie bei den Leichen, die in den Nachrichten immer verschwommen zu sehen sind, damit man sie nicht erkennt. Nun wünschte ich, ich hätte mit meinem Handy selbst Fotos gemacht.

      Wenn ich das nächste Mal in einem Aufstand stecke, denke ich dran.

      Dann klopft es an meiner Tür.

      »Ja?«

      Dad steckt den Kopf rein. »Ich habe noch Licht unter deiner Tür gesehen. Solltest du nicht längst schlafen?«

      Ich zucke die Achseln und er kommt rein, sieht die Zeichnungen auf dem Bett. Er zieht sich den Schreibtischstuhl ran, setzt sich neben mich und nimmt meine Hand. Schon lange her, dass er zu mir ins Zimmer gekommen ist, um mir Gute Nacht zu sagen. VdW – vor der Wahl – hat er das immer getan. Und ich weiß, dass er nicht rein zufällig das Licht bei mir gesehen hat. In unserem großen Haus muss er sich schon die Mühe machen und einen extra Schlenker laufen.

      »Tut mir leid, dass ich dich heute Morgen allein lassen musste«, sagt er. »Geht es dir gut?«

      Zum ersten Mal antworte ich ehrlich. »Nein. Eigentlich nicht.«

      »Mir auch nicht. Aber sag es nicht weiter.«

      »Man sieht es ständig im Fernsehen, aber wenn man selbst drinsteckt …« Ich verstumme.

      »Ich weiß. Das ist was anderes.«

      »Worum ging es da? In den Nachrichten meinten sie, es würde für Wohnraum und Arbeitsplätze protestiert. Aber die Menschen waren so wütend.«

      »Anfangs waren die Proteste wohl noch friedlich, aber es gibt immer kriminelle Elemente, die solche Konflikte für ihre eigenen Zwecke nutzen.«

      »Wer steckt diesmal dahinter?«

      »Die Ermittlungen sind …«

      »… noch nicht abgeschlossen. Das haben sie auch im Fernsehen gesagt. Aber weißt du es denn nicht?«

      »Darüber darf ich nicht sprechen …«

      »Ich bin doch nicht von der Presse. Habe ich nicht das Recht zu erfahren, ob sie uns gezielt angegriffen haben?« Vor dieser Frage habe ich am meisten Angst.

      Gleich schaut mein Vater versöhnlicher. »Glaube ich nicht. Die haben bloß einen Regierungswagen gesehen, mehr nicht. Wahrscheinlich waren wir nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Nun ist es aber Zeit, dass du das Licht ausmachst und schläfst. Ich muss wieder an die Arbeit.«

      »Solltest du nicht auch lieber schlafen?«

      Er grinst. »Bald. Vorher muss ich noch ein paar langweilige Sachen erledigen. Und sei unbesorgt. Die Straßen werden jetzt besser überwacht. Der Vorfall von heute kann sich nicht wiederholen.«

      Jedes Mal, wenn was passiert ist, werden Maßnahmen ergriffen – hier was erhöht, da was verstärkt. Aber was ist mit den Dingen, die noch gar nicht geschehen sind, an die noch keiner gedacht hat?

      Es gab eine Zeit, da konnte mein Vater zu mir sagen, dass ich mir keine Sorgen machen soll, und ich habe mir auch keine gemacht. Für mich war Dad immer der Größte, der alles konnte. Es ist komisch, aber das stimmt so nicht mehr. Und das ist nicht bloß ein Gefühl, ich weiß es einfach. Die Welt verändert sich ständig, nichts ist mehr vollkommen sicher. London ist Treibsand.

      »Wo ist Mum?«

      »Sie ist bei ihrer Schwester geblieben. Das ist ja auch vernünftiger, als spätabends noch quer durch die Stadt zu fahren. So. Was machst du, wenn ich die Tür schließe?«

      »Schlafen.«

      »So ist es brav.« Er sammelt die Zeichnungen ein und legt sie auf den Schreibtisch, bevor er zur Tür geht. »Irgendwas war doch da noch …« Nachdenklich lässt er den Blick in die Ferne schweifen. »Ach ja. Eigentlich wollte ich es dir schon heute Morgen im Auto sagen, aber da haben sich die Ereignisse dann ja überschlagen. Ich mache mir ein bisschen Sorgen um deine Noten, weil du so viel gefehlt hast.«

      Ich verdrehe die Augen. Echt jetzt? Nach allem, was heute passiert ist, fängt er davon an?

      »Sieh mich nicht so an. Du weißt, wie wichtig die Zwischenprüfungen sind. Ich habe bei deiner Rektorin nachfragen lassen, wer für Nachhilfe infrage käme. Ein Mädchen aus der Oberstufe bietet sich da an. Eigentlich hättest du dich schon heute mit ihr nach Schulschluss treffen sollen. Nun müsst ihr euch eben morgen treffen.«

      »Was? Morgen? Aber ich habe schon was vor. Wer ist es denn?«

      Er zuckt die Achseln. Falls er ihren Namen mal wusste, hat er ihn nicht mehr parat. Er schaltet die Nachttischlampe ein, bevor er das Deckenlicht löscht, dann schließt er die Tür.

      Wenigstens kann ich jetzt über was anderes nachdenken. Unfassbar, dass er nicht wenigstens vorher mit mir darüber gesprochen hat.

      Wer es wohl ist?

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