Frankenstein. Mary Shelley
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Doch wenden wir uns angenehmeren Gedanken zu. Wann sehe ich Dich wieder, nachdem ich die ungeheuren Meere überquert habe und um das südlichste Kap Afrikas oder Amerikas zurückgekehrt bin? Ich wage kaum auf solchen Erfolg zu hoffen; dennoch kann ich es nicht ertragen, das Gegenteil anzunehmen. Schreibe mir vorläufig bei jeder Gelegenheit. Deine Briefe sollen mich dann erreichen, wenn ich eine Aufmunterung meiner Stimmung benötige. Ich liebe Dich zärtlich. Behalte mich in freundlichem Gedächtnis, wenn Du nie mehr etwas von mir hörst.
Herzlich, Dein Bruder.
Dritter Brief
Den 7. Juli 17 . .
Liebe Schwester, in Eile ein paar Zeilen: Ich bin wohlauf, und meine Reise schreitet frisch voran. Ein Kaufmann, der von Archangelsk heimreist, soll diesen Brief nach England bringen. Er ist glücklicher als ich, denn ich sehe mein Vaterland vielleicht jahrelang nicht mehr. Doch erfüllt mich frohe Hoffnung; meine Leute besitzen Kühnheit und ernsten Willen. Selbst die treibenden Eisschollen, die ohne Unterlaß an uns vorüberziehen und die Gefahren jenes Gebiets, dem wir näher kommen, anzeigen, können sie nicht schrecken. Wir haben nun einen sehr hohen Breitengrad erreicht. Der Höhepunkt des Sommers ist überschritten; obwohl es nicht so warm ist wie in England, tragen die südlichen Stürme, die uns schnell auf jene von mir so leidenschaftlich ersehnten Küsten zutreiben, eine recht belebende Wärme zu uns her, wie ich sie nicht erwartet hätte.
Bisher überraschten uns keine Zwischenfälle, die in einem Brief erwähnenswert wären. Eine oder zwei steife Brisen und ein Leck sind Unfälle, deren erfahrene Seeleute sich kaum erinnern; ich werde zufrieden sein, wenn uns auf der Reise nichts Schlimmeres zustößt.
Ade, liebe Margret; sei gewiß, daß ich um meinetwillen wie um Deinetwillen mich nie unüberlegt einer Gefahr aussetzen werde. Ich werde kühl, beharrlich und vorsichtig sein.
Aber der Erfolg soll meine Bemühungen krönen. Warum auch nicht? Ich bin weit gelangt, ich habe einen sicheren Weg über das pfadlose Meer gezogen; die Sterne selbst sind Zeugen und Beweis meines Triumphes. Warum soll ich nicht weiter vordringen auf dem ungezähmten und doch gehorsamen Element? Was kann das entschlossene Herz und den festen Willen eines Menschen zurückhalten?
Mein übervolles Herz will sprechen. Aber ich muß aufhören. Der Himmel segne meine geliebte Schwester!
Vierter Brief
Den 5. August 17 ..
Ein seltsames Ereignis ist geschehen, das ich Dir berichten muß, obwohl Du mich wahrscheinlich sehen wirst, ehe diese Blätter in Deinen Besitz gelangen.
Letzten Montag, den 21. Juli, waren wir von Eis umgeben, das sich allseits an unser Schiff klammerte und ihm kaum Raum ließ, vorwärts zu kommen. Unsere Lage war gefährlich, zumal uns dichter Nebel einhüllte. Wir drehten bei und hofften auf eine baldige Änderung des Wetters. Gegen zwei Uhr lichtete sich der Nebel, und wir sahen ringsum weite und unregelmäßige Ebenen aus Eis, die kein Ende zu nehmen schienen. Einige meiner Gesellen murrten; ich selbst begann stutzig zu werden und ängstliche Gedanken zu hegen, als ein merkwürdiger Anblick plötzlich unsere Aufmerksamkeit auf sich zog und uns von der Sorge um die eigene Situation ablenkte. Wir sahen ein niedriges Gefährt, das auf Schlittenkufen befestigt war und von Hunden gezogen wurde, eine halbe Meile entfernt in nördlicher Richtung vorbeifahren. Ein Wesen, das die Umrisse eines Menschen hatte, aber augenscheinlich von gigantischer Statur war, saß in dem Schlitten und lenkte die Hunde. Wir beobachteten das schnelle Vorüberfliegen des Reisenden mit unseren Fernrohren, bis er in den fernen Unebenheiten des Eises verschwand.
Unverhohlenes Staunen bemächtigte sich unser aller. Wir waren nach unserer Meinung viele hundert Meilen von jedem Land entfernt; aber diese Erscheinung schien zu bedeuten, daß es in Wirklichkeit weniger weit war, als wir vermutet hatten. Da wir von Eis umschlossen blieben, konnten wir der Spur, die wir mit größter Aufmerksamkeit betrachtet hatten, nicht folgen.
Ungefähr zwei Stunden danach vernahmen wir das Grollen der Grundsee. Vor Mitternacht barst das Eis, und unser Schiff war frei. Wir lagen jedoch bis zum Morgen still, weil wir fürchteten, in der Dunkelheit mit den schwimmenden Ungeheuern zusammenzustoßen, die nach dem Brechen des Eises herumtrieben. Ich nützte diese Zeit, um einige Stunden auszuruhen.
Am Morgen ging ich, sobald es hell geworden, an Deck und fand alle Seeleute auf der einen Seite des Schiffs versammelt; sie unterhielten sich anscheinend mit jemandem auf dem Meer. Tatsächlich war in der Nacht ein Schlitten, jenem gleich, den wir gestern gesehen hatten, auf einer Eisscholle auf uns zugetrieben. Nur ein Hund war am Leben geblieben, doch es befand sich ein Mensch darin, den die Matrosen gerade überredeten, auf das Schiff zu kommen. Er war nicht, wie es der andere Reisende gewesen zu sein schien, ein wilder Bewohner einer unentdeckten Insel, sondern ein Europäer. Als ich an Deck trat, sagte der Steuermann: »Da kommt unser Kapitän, der gewiß nicht zulassen wird, daß Ihr auf offener See zugrunde geht.«
Der Fremde blickte mich an und sagte dann in englischer Sprache, allerdings mit ausländischem Akzent, zu mir: »Ehe ich den Fuß auf Ihr Schiff setze, möchte ich Sie in aller Freundlichkeit um eine Erklärung bitten, warum Sie hier sind.« Gewärtige Dir meine Verwunderung über eine derartige Frage aus dem Munde eines Mannes, der am Rande des Untergangs stand und für den meiner Überzeugung nach unser Schiff eine Zuflucht bilden mußte, die er nicht für alle Kostbarkeiten der Welt eingetauscht hätte. Ich antwortete, daß wir auf einer Forschungsreise zum Nordpol wären.
Als er das hörte, schien er befriedigt; er willigte ein, auf das Schiff zu kommen. Mein Gott, Margret – hättest Du nur den Mann sehen können, der so auf seine Sicherheit bedacht war! Wie erstaunt wärest Du gewesen! Seine Glieder waren nahezu erfroren, und sein Leib war durch die Erschöpfung in erschreckender Weise ausgemergelt. Niemals sah ich einen Menschen in solch bejammernswertem Zustand. Wir trugen ihn in eine Kajüte; sobald er sich nicht mehr an der frischen Luft befand, fiel er in Ohnmacht. Wir brachten ihn daher an Deck zurück und verhalfen ihm zum Bewußtsein, indem wir ihn mit Branntwein einrieben und ihn zwangen, eine kleine Menge davon zu trinken. Als er wieder Lebenszeichen von sich gab, wickelten wir ihn in Wolldecken und schleppten ihn in die Nähe des Kamins unserer Küche. Er erholte sich allmählich und genoß ein wenig Suppe, die ihm wohltat.
Zwei Tage vergingen, ehe er sprechen konnte. Ich fürchtete oft, daß die erlittenen Beschwernisse ihm den Verstand geraubt hätten. Als er sich etwas besser fühlte, brachte ich ihn in meine eigene Kajüte und pflegte ihn, soweit es meine Obliegenheiten nur erlaubten. Noch nie ist mir ein gleichermaßen interessanter Mensch vor Augen gekommen: sein Blick drückt gewöhnlich Wildheit, sogar Wahnsinn aus; doch gibt es Augenblicke (wenn ihm jemand mit freundlicher Geste begegnet oder einen geringfügigen Dienst leistet), in denen sich sein ganzes Aussehen aufhellt, gewissermaßen durch einen Strahl von Güte und Liebenswürdigkeit, wie ich es zuvor bei niemandem erlebt habe. Im allgemeinen ist er melancholisch und verzweifelt; manchmal knirscht er mit den Zähnen, als ob er sich ungeduldig aufbäume gegen die drückende Last des Leids.
Nachdem sich mein Gast ein wenig erholt hatte, kostete es mich keine geringe Mühe, die Leute fernzuhalten, die ihm tausenderlei Fragen stellen wollten. Ich gestattete nicht, daß er bei seiner körperlichen und geistigen Verfassung, deren Besserung offensichtlich von einer völligen Entspannung abhing, durch ihre müßige Neugierde gequält würde. Einmal jedoch fragte der Leutnant, warum er sich in einem derart seltsamen Gefährt