Gesammelte Werke (Über 150 Titel in einem Band). Rosa Luxemburg
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Korreferat zur Politik der USPD
Zur Beteiligung der KPD an den Wahlen zur Nationalversammlung
Zu einer wirtschaftlich-politischen Einheitsorganisation der Arbeiterbewegung
Unser Programm und die politische Situation
Die Geschichte meines Zeitgenossen (Wladimir Korolenko)
Aufsätze und verschiede Schriften:
Kirche und Sozialismus
(1905)
I
Seit in unserem ganzen Land – ebenso wie in Rußland – die Arbeiter den unermüdlichen Kampf mit der zaristischen Regierung und den kapitalistischen Ausbeutern aufgenommen haben, hören wir immer häufiger, daß Priester in ihren Predigten gegen die kämpfenden Arbeiter auftreten. Besonders scharf wendet sich unsere Geistlichkeit gegen die Sozialisten, wobei sie sich mit allen Kräften bemüht, sie in den Augen der Arbeiter zu verunglimpfen. Immer häufiger geschieht es jetzt, daß gläubige Menschen, die an Sonn- und Feiertagen in die Kirche gehen, um Predigten zu hören und religiösen Trost zu finden, statt dessen eine scharfe, manchmal heftige Rede über Politik, über Sozialisten anhören müssen. Statt die durch ihr schweres Leben bekümmerten und verarmten Menschen, die gläubig zur Kirche kommen, zu stärken, wettern die Priester gegen die streikenden oder gegen die Regierung kämpfenden Arbeiter, reden ihnen zu, Not und Unterdrückung demütig und geduldig zu ertragen, und machen überhaupt aus Kirche und Kanzel einen Ort politischer Agitation. Jeder Arbeiter muß aus eigener Erfahrung zugeben, daß dieses kämpferische Auftreten der Geistlichkeit gegen die Sozialdemokraten ihrerseits durch nichts hervorgerufen wurde. Die Sozialdemokraten haben niemals den Kampf mit Kirche oder Geistlichkeit gesucht. Die Sozialdemokraten bemühen sich, die Arbeiter zum Kampf gegen das Kapital zu mobilisieren und zu organisieren, das heißt zum Kampf gegen die Ausbeutung der Unternehmer, die ihnen das Blut aussaugen, zum Kampf gegen die zaristische Regierung, die dem Volk auf Schritt und Tritt die Kehle zuschnürt, aber niemals ermuntern die Sozialdemokraten die Arbeiter zum Kampf gegen die Geistlichkeit und niemals versuchen sie, ihnen den religiösen Glauben zu nehmen. Im Gegenteil! Die Sozialdemokraten halten sich bei uns wie auf der ganzen Welt an den Grundsatz, daß Gewissen und Überzeugung des Menschen heilig und unantastbar sind. Jedem steht es frei, den Glauben und die Überzeugung zu haben, die ihn glücklich machen. Niemand darf die religiösen Überzeugungen der Menschen verfolgen oder beleidigen. So sagen die Sozialdemokraten. Und deshalb rufen sie auch unter anderem das ganze Volk zum Kampf gegen die zaristische Regierung auf, die das Gewissen der Menschen vergewaltigt und Katholiken, Unierte, Juden, Ketzer und Konfessionslose verfolgt.
So verteidigen gerade die Sozialdemokraten leidenschaftlich die Gewissensfreiheit und das Bekenntnis eines jeden Menschen. Und deshalb würde man meinen, die Geistlichkeit müsse die Sozialdemokraten fördern und begünstigen, da sie dem arbeitenden Volk Bildung bringen.
Aber damit nicht genug. Wenn wir uns überlegen, wonach die Sozialdemokraten überhaupt streben, und welche Lehren sie der Arbeiterklasse verkünden, so wird der Haß der Geistlichkeit gegen sie immer weniger verständlich.
Die Sozialdemokraten streben danach, die Herrschaft der reichen Schinder und Ausbeuter über das arme arbeitende Volk abzuschaffen. Aber dabei, so sollte man meinen, müßten die Diener der christlichen Kirche als erste die Sozialdemokraten unterstützen und ihnen die Hand reichen, denn die Lehre Christi, deren Diener die Priester sind, sagt doch, daß eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß ein Reicher in den Himmel kommt!
Die Sozialdemokraten streben danach, in allen Ländern eine gesellschaftliche Ordnung einzuführen, die sich auf Gleichheit aller Menschen, auf Freiheit und Brüderlichkeit gründet. Aber auch hierin müßte die Geistlichkeit mit Freuden die Agitation der Sozialdemokraten begrüßen, wenn sie aufrichtig dafür wäre, daß der christliche Grundsatz: „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, im Leben der Menschheit angewendet würde.
Die Sozialdemokraten bemühen sich in unermüdlichem Kampf, das Arbeitervolk durch Bildung und Organisation aus Erniedrigung und Not emporzuheben, ihm ein besseres Leben und seinen Kindern eine bessere Zukunft zu sichern. Auch dafür – das muß jeder zugeben – müßten die Priester die Sozialdemokraten nur segnen, da doch Christus, dessen Diener die Priester sind, gesagt hat: „Was ihr diesen Geringsten tut, das tut ihr mir.“ Statt dessen sehen wir aber, daß die Geistlichkeit die Sozialdemokraten exkommuniziert und verfolgt und den Arbeitern zuredet, ihr Los geduldig zu ertragen, das heißt sich geduldig von den Reichen – den Kapitalisten – ausbeuten zu lassen. Die Geistlichkeit wettert gegen die Sozialdemokraten und redet den Arbeitern zu, sich nicht gegen die Regierungsgewalt „zu erheben“, das heißt geduldig die Unterdrückung einer Regierung zu ertragen, die wehrlose Menschen ermordet, die das Volk zu Hunderttausenden in den Krieg, also in ein entsetzliches Blutbad schickt, die Katholiken, Unierte und Altgläubige um ihres Glaubens und Bekenntnisses willen verfolgt.
So steht die Geistlichkeit, wenn sie die Reichen, wenn sie Ausbeutung und Unterdrückung verteidigt,