Verkaufen in digitalen Zeiten. Lars Schäfer

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Verkaufen in digitalen Zeiten - Lars Schäfer Dein Business

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noch immer so tun, als wenn das 3-Liter-Auto ein Ding der Unmöglichkeit wäre, und man überdies das Feld der Elektroautos bis auf wenige Ausnahmen dem US-amerikanischen Mischkonzern Tesla Motors überlässt, werden wir technologisch rechts und links überholt wie ein Kleinwagen mit Wohnwagen im Schlepptau, der mit 80 km/h auf der mittleren Spur fährt. Ob Otellinis Aussage verifizierbar ist, kann ich nicht beurteilen, aber eines steht fest: Die Geschwindigkeit, mit der sich die digitalen Evolutionen die Klinke in die Hand geben, ist uns allen in den bisher bekannten Wirtschaftszweigen noch nicht untergekommen.

       Kommt unser Hirn da noch mit?

      Facebook, der Laden mit dem 40 000 qm großen Großraumbüro, der von 1,5 Milliarden Menschen täglich mit Informationen gefüttert wird, arbeitet aktuell (2016) an der Entwicklung künstlicher Intelligenzen: So werden zum Beispiel circa zwei Mrd. Dollar in die Entwicklung einer Virtual-Reality-Brille investiert. Eine Brille, die uns eine eigene Welt vorgaukeln soll; eine Brille, die mittels Sensoren, die an bestimmten Stellen unseres Kopfes angebracht werden, Gefühlsregungen wahrnehmen und in die virtuelle Welt übertragen und mittels elektro-magnetischer Impulse Gefühlsregungen bei uns erzeugen soll. Wie auch immer das dann einmal aussehen mag, wenn es fertig ist: Ich finde es unerhört spannend und gleichzeitig auch ein wenig beängstigend. Denn: Wie reagiert unser Gehirn, und wie werden wir als Menschen auf diese Eindrücke und – ja, nennen wir das Kind ruhig einmal beim Namen – auf diese virtuelle Manipulation reagieren?

      Wer zum Beispiel in den 1980er-Jahren ferngesehen hat, der weiß, was nach heutigen Gesichtspunkten Langsamkeit bedeutet: Da gingen in einem Film zwei Menschen minutenlang eine Straße hinunter. Ohne zu sprechen. Ohne dass irgendetwas explodierte oder implodierte. Einfach so. Wenn Sie eine solche Filmszene einem jungen Menschen präsentieren, der im Jahr 2000 geboren wurde, werden Sie als aktivste Reaktion einen verwunderten Gesichtsausdruck kassieren. Ich glaube, dass dieser junge Mensch, der an sehr viel schnellere Bildwechsel aus den aktuellen Action-Filmen und Games gewöhnt ist, einschlafen wird. Das Beispiel zeigt uns, dass unser Gehirn durchaus in der Lage ist, mehr aus sich herauszuholen und zu leisten, als es bislang leisten musste. Und das ist ja auch wissenschaftlich auch längst belegt. Unser 2000er-Baujahr-Mensch geht viel souveräner mit Multi-Tasking auf relativ hohem Niveau um als etwa die 1970er-Generation. Allerdings ist das, was wir bisher kennen, erst der Anfang der Möglichkeiten, der Anfang der Evolution unserer Gehirne.

       Ziel: das digitale Gehirn

      Wir werden in den kommenden Jahren unser Gehirn neu trainieren und justieren müssen. Die Art des Lernens, des Erfahrens und des Erlebens wird sich fundamental von unseren heutigen Gewohnheiten unterscheiden.

       Das Gehirn muss auf Multi-Tasking programmiert werden, damit es die enormen Datenmengen verarbeiten und »menschgerecht« filtern kann.

      Es wird spezielle Lernprogramme geben, um unsere Synapsen schneller und vielfältiger feuern zu lassen. Einer der Protagonisten im Silicon Valley träumt davon, dass sein Gehirn, ähnlich wie eine Kamera mit unendlichem Speichervolumen, alles aufzeichnet, was es erlebt und wahrnimmt, sodass er sein Leben bis ins Detail jederzeit wieder aufrufen kann, jede einzelne erlebte Sekunde. Ich finde, das ist ein sehr schräger Traum, spannend und beängstigend zugleich. Ich würde mich allerdings nicht wundern, wenn diese erlernte Fähigkeit irgendwann einmal Realität werden wird.

      Bis es so weit ist, gibt es andere Möglichkeiten, die gerade entwickelt werden: Sogenannte Daten-Jongleure erwachsen zur neuen Schaltzentrale für unsere Bedürfnisse. Die Betreiber der bekannten Chatprogramme wie WhatsApp oder vor allem auch WeChat aus China planen, alles Wissen dieser Welt zu vereinen, sodass wir keine weiteren Apps auf unseren Smartphones benötigen. Durch unsere Sprachbefehle werden die jeweils gewünschten Dienstleister direkt angesteuert, ganz gleich, ob es um ein Reiseangebot, eine Flug- oder Zugverbindung oder einfach den nächsten Blumenladen geht. Den Anfang in der westlichen Hemisphäre macht einmal mehr Google: Die App Google Allo wirbt damit, dass die Nutzer noch emotionaler und noch viel toller als bisher bekannt chatten können, und bietet ganz nebenbei den Google Assistant an, den Sie alles fragen können, was das Herz begehrt, denn die weltgrößte Suchmaschine ist ja direkt angeschlossen. Wenn Sie den virtuellen Chatpartner @google zu Ihren jeweiligen Unterhaltungen hinzufügen, aktivieren Sie ein kleines Helferlein, das mitliest und ganz automatisch Antworten auf Ihre Chat-Fragen gibt, wie zum Beispiel »Wann fährt denn der Bus?« oder »Was kosten denn die Eintrittskarten?«. Toll, oder? Dass Google dann natürlich ebenfalls weiß, wo Sie wohnen, von wo genau aus Sie wegfahren und dass Sie zum wiederholten Male auf diese bestimmte Erotikmesse wollen, wird dabei nicht von jedem Nutzer bedacht. Entscheiden Sie selbst, ob Sie das gut finden.

      Also, liebe Unternehmen, wenn Sie wollen, dass bei aufkommenden Fragen im Chat der Name Ihrer Firma fällt, dann schmeicheln Sie sich schon einmal bei den bekannten und vielleicht auch noch nicht so bekannten Chat-Betreibern ein, denn davon hängt ein nicht unerheblicher Teil Ihres zukünftigen Gewinns ab.

       Estland – ein Land geht digital voran

      Wem das alles geografisch noch zu weit weg ist, der kann gerne einen Blick in ein ganz besonderes Land innerhalb der EU werfen: Estland. Die Esten sind in Europa die Pioniere in Sachen Digitalisierung. Alles, wovon wir hier in Deutschland noch träumen oder auch gar nicht zu hoffen wagen, wird dort schon längst umgesetzt. Bereits im März 2015 berichtete die Zeitung DIE WELT ausführlich darüber, wie sich dieses kleine Land durchdigitalisiert hat. Ein ganz wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang vorweg: Die Bevölkerung Estlands hat im Gegensatz zu den Menschen im deutschsprachigen Raum keinerlei Bedenken oder gar Ängste, dass mit den Daten, die sie preisgeben und die über sie gesammelt werden, Schindluder getrieben wird. Dort herrscht eine Philosophie des digitalen Vertrauens vor, die auch durch die Regierung und die Staatsorgane geschützt wird. Gut – Estland hat nur knapp 1,3 Millionen Einwohner, da ist einiges leichter zu organisieren und umzusetzen als in deutlich größeren Ländern. Trotzdem möchte ich Ihnen einige Beispiele näherbringen, die verdeutlichen, was definitiv auch auf uns zukommen wird – übrigens durchaus sinnvolle Entwicklungen, durch die unser Leben enorm erleichtert wird.

      •Behördengänge: Wer kennt das nicht, das stundenlange Warten und Herumsitzen zum Beispiel im Bürgerbüro, wenn der Personalausweis verlängert werden muss oder wenn Sie sich im neuen Wohnort anmelden müssen? Diese Behördengänge können sich die Esten sparen, wenn sie wollen: Jeder Bürger hat die Möglichkeit, eine computerlesbare ID-Karte zu beantragen, die gleichzeitig als Personalausweis gilt. Mit dem integrierten Chip ist eine Identifizierung im Netz möglich, und es können auch digitale Signaturen geleistet werden. Mit dieser ID-Karte kann man dort auch virtuell zur Wahl gehen: Das sonntägliche In-Schale-Werfen, um zur nächsten Wahlurne in der Grundschule nebenan zu gehen, entfällt damit. Davon sind wir in Deutschland leider noch meilenweit entfernt.

      •Datentransparenz: Jeder kann jederzeit die über ihn gesammelten Daten einsehen und Erklärungen verlangen, wenn ihm etwas auffällt, das eventuell nicht rechtens ist: Unerlaubte Dateneinsicht wird juristisch geahndet. Transparenz schafft Vertrauen, nicht nur beim Thema »Digitalisierung«, hierbei aber ganz besonders.

      •Der Alltag: Was die hier vorgestellten Annehmlichkeiten anbetrifft, so sind wir zumindest in Deutschland langsam, aber sicher auf einem guten Weg. Allerdings: Bustickets und Parkgebühren zum Beispiel können in Estland schon längst bargeldlos über das Smartphone bezahlt werden, wohingegen hierzulande erst zaghafte Versuche laufen.

       Big Data lebt

      Was in Estland ebenfalls schon weiter entwickelt ist als hierzulande, ist die Art und Weise, wie Verkäufer arbeiten: Sie sitzen vor riesigen Bildschirmen und analysieren

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