Die Illusion der Unbesiegbarkeit. Paul Williams

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Die Illusion der Unbesiegbarkeit - Paul  Williams Dein Business

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auf die gemeinsame Identität illustriert, wofür eine verbindende Vision gut sein kann. Zum anderen, weil Dr. Straub auch deutlich macht, dass Worte allein nichts bewirken, wenn Führungsverhalten und Unternehmenskultur eher spalten als verbinden. Eine Vision als verhaltenslenkende Absichtserklärung ist sozusagen die offizielle Einladung an die Mitarbeiter. Ob sie angenommen wird, hängt davon ab, ob die tägliche Praxis im Unternehmen aus Sicht der Mitarbeiter der Einladung Glaubwürdigkeit verleiht: »Meinen die das ernst?«, »Passt das zu unseren Werten?« (vgl. Kapitel 4) und »Ist das realistisch?«. Makroebene (Vision) und Mikroebene (tägliches Handeln) – beides muss stimmen und zueinander passen.

      Das bedeutet auch: Solange ein Unternehmen noch auf der Suche nach seiner Vision ist und solange ein solcher Leitgedanke sich nicht geradezu aufdrängt, ist schon viel damit gewonnen, kontinuierlich an der Mikroebene im Unternehmen zu arbeiten, um das Engagement der Mitarbeiter zu gewinnen. Hilfreich sind dabei die Leitfragen, anhand derer das Gallup-Institut die »emotionale Bindung« von Mitarbeitern an ein Unternehmen misst und die leider weit weniger häufig zitiert werden als die jährlichen ernüchternden Werte, wie viele Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift machen. Wie viele der folgenden Fragen würden Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohl bejahen? Je größer die Zustimmung, desto höher das Engagement des Betreffenden. Ein genauer Blick auf die zwölf Gallup-Kriterien offenbart einen Mix von wertschätzendem Führungsverhalten, guter Arbeitsorganisation, Entwicklungsmöglichkeiten und einem fairen, ambitionierten Betriebsklima. Eigentlich kein Hexenwerk. Oder?

      Ehe ein Unternehmen blutleere Formeln, austauschbare Floskeln oder Selbstverständlichkeiten zur Vision hochjazzt – kurz: ehe es Bullshit-Bingo betreibt –, verzichtet es besser ganz auf »visionäre« Statements. Das gilt auch für Start-ups. So fesselnd sich die Erfolgsgeschichten von Jeff Bezos, Mark Zuckerberg oder Larry Page und Sergey Brin lesen – sie alle starteten nicht als begnadete Visionäre mit einer genialen neuen Idee. »Der Amazon-Boss Jeff Bezos hat den Online-Handel nicht erfunden, die Ebay-Erfinder nicht die Online-Auktionen, die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin nicht die Suchmaschine, Mark Zuckerberg mit Facebook nicht das soziale Netzwerk und die AirBnB-Gründer nicht die private Zimmervermittlung im Netz«, stellt Thomas Range im Magazin Brand eins klar (2015, S. 115). Was die Erfolgsunternehmer eint, ist das Gespür für Kundenwünsche und der systematische, konsequente Ausbau des jeweiligen Geschäftsmodells. Wer länger als zehn Jahre Kunde beim einstigen Buchversender Amazon ist, hat die kontinuierliche Ausdehnung der Produktpalette und der digitalen Dienstleistungen live miterlebt.

       Fragen, mit denen das Gallup-Institut die emotionale Bindung von Mitarbeitern misst:

      1.Während des letzten Jahres hatte ich bei der Arbeit die Gelegenheit, Neues zu lernen und mich weiterzuentwickeln.

      2.In den letzten sechs Monaten hat jemand in der Firma mit mir über meine Fortschritte gesprochen.

      3.Ich habe einen sehr guten Freund / eine sehr gute Freundin innerhalb der Firma.

      4.Meine Kollegen / Kolleginnen haben einen inneren Antrieb, Arbeit von hoher Qualität zu leisten.

      5.Die Ziele und die Unternehmensphilosophie meiner Firma geben mir das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist.

      6.Bei der Arbeit scheinen meine Meinungen zu zählen.

      7.Bei der Arbeit gibt es jemanden, der mich in meiner Entwicklung fördert.

      8.Mein Vorgesetzter / Meine Vorgesetzte oder eine andere Person bei der Arbeit interessiert sich für mich als Mensch.

      9.Ich habe in den letzten sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung oder Lob bekommen.

      10.Ich habe bei der Arbeit jeden Tag die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann.

      11.Ich habe die Materialien und die Arbeitsmittel, um meine Arbeit richtig zu machen.

      12.Ich weiß, was bei der Arbeit von mir erwartet wird.

      (QUELLE: GALLUP 2016, S. 10)

      Fazit: Ein Unternehmen zu gründen und auf Erfolgskurs zu halten erfordert viele kleine Schritte. Der beste Zeitpunkt, ihm durch eine für Kunden wie Mitarbeiter attraktive Vision mehr Schubkraft zu verleihen, ist vermutlich nicht die Phase der ersten tastenden Steps, sondern dann, wenn das Unternehmen bereits Fahrt aufgenommen hat und sich die Indizien mehren, dass tatsächlich »mehr« drin ist, eben eine begeisternde, aber realistische Vision. Erst dann sind Visionen mehr als naiver Größenwahn, nämlich Fortschrittstreiber und Motivatoren.

      Kleiner Stresstest für Ihre Vision

      Wer ist eigentlich für die »Vision« eines Unternehmens zuständig? Bei den Incas war es eindeutig: Der vom Sonnengott inthronisierte Inca wies den Weg. In modernen Organisationen ist es nicht grundsätzlich anders: Nur, wenn ein Vision-Statement von der Top-Ebene vertreten und ins Unternehmen getragen wird, kann es überhaupt Kraft entfalten. Einer unserer Gesprächspartner, der verständlicherweise anonym bleiben will, berichtete uns davon, wie sich das Topmanagement eines Großkonzerns aus seiner gestalterischen Verantwortung stahl.

      Interviewpartner: »Ich habe in meiner Tätigkeit in verschiedenen Aufsichtsräten in den letzten 15 Jahren festgestellt, dass früher das Mittagessen wichtiger war als die Diskussion über strategische Fragen, und dadurch, dass damals der CEO direkt Aufsichtsratsvorsitzender wurde, konnte man mit Änderungen nur sehr vorsichtig umgehen. Das hat sich seither deutlich verbessert. Durch das Vorstandssystem ist im Gegensatz zum amerikanischen CEO-System immer eine Mehrheit im Vorstand notwendig. Dieses Team muss Mut haben, unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Da dürfen Einzelne nicht blockieren.«

      Es ist das Topmanagement, das sich das »Big Hairy Audacious Goal« im Sinne Collins’ zutrauen muss und mit einem kompetenten Team an einer tragfähigen Vision arbeiten sollte. Doch von schriftlich fixierten, ambitionierten Fernzielen profitieren nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleine Unternehmen und Mittelständler, Non-Profit-Organisationen, Vereine, Abteilungen, Teams und jeder von uns, wenn es um das geht, was man in seinem Leben erreichen will: Regelmäßig zu reflektieren, wohin die ganze Reise gehen soll, befördert den Erfolg entscheidend. Voraussetzung ist, dass die Vision hält, was ein solcher Gedanke verspricht. Das lässt sich testen:

       Visions-Test

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1.Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für eine (neue) Vision. (Ungünstige Zeitpunkte sind z. B. akute Krisensituationen oder frühe Gründungsphasen.) image
2.Die Vision passt in einen Satz. Sie kommt ohne Erklärungen aus und ist für jeden im Unternehmen unmittelbar verständlich. image
3.Die Vision ist unverwechselbar / einzigartig, sodass sie nicht auch für ein x-beliebiges anderes Unternehmen stehen könnte. image
4.Die Vision ist emotional mitreißend. Sie weist über rein wirtschaftliche Zielmarken hinaus. image