Mythor 23: Befehle aus der Schattenzone. Peter Terrid

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Mythor 23: Befehle aus der Schattenzone - Peter Terrid Mythor

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Wichtig war nur eines, einen möglichst großen Heerbann zusammenzustellen, mächtig genug, den Horden der Caer zu begegnen, sie zu Paaren zu treiben und ihnen ein für allemal das Zurückkommen zu verleiden.

      »Schöner Herr«, flüsterte eine Frau in Jamis' Ohr. Er hatte sie nicht kommen hören, kein Wunder, denn vom Haar bis zu den Füßen war sie nackt. Ihre Stimme klang ein wenig heiser.

      »Geh!«, stieß Jamis hervor. »Lass mich in Ruhe!«

      Willfährigkeit und Gehorsam, den Weibern der Ugaliener eingeprügelt, sobald sie entwöhnt waren, hielten sich die Waage, dann huschte das Weib davon.

      »Dirne«, murmelte Jamis wütend.

      Er trat auf einen der Söller der Burg. Der Abend dämmerte heran. Aus den Säumen des nahen Waldes kroch wie ein fahles Omen der Abendnebel heran.

      Jamis sah hinunter auf das Treiben im Innern der Burg. Auf dem Hof tummelte sich allerlei Volkes, hauptsächlich Ugaliener in jedem Stand der Trunkenheit, dazwischen auch Söldner aus allen Ländern unter der Sonne, zum Teil gerade erst durch billiges Geld und willige Weiber angeworben. Jamis konnte sich ausrechnen, woher sich der zweifelhafte Haufen rekrutierte. Es waren Flüchtlinge aus ugalienischen Landen, dazu massenweise Vertriebene aus den von den Caer arg bedrohten Orten Darains.

      »Mit solchem Heer die Caer werfen?«, murmelte Jamis im Selbstgespräch.

      »Ausgeschlossen«, sagte eine kalte Stimme hinter ihm. Am harten Akzent erkannte Jamis den älteren der beiden Karsh.

      Jamis drehte sich herum.

      »Es ist zuchtloses Gesindel«, sagte der Karsh. Hinter ihm standen zwei seiner zehn Krieger. Sie trugen Ziegenfelle als Umhang, einen Ziegenkopf als Helmzierde. Sie waren, wie fast alle Karsh, nicht übel bewaffnet. Aus fellbespannten Holzrahmen bestanden ihre Schilde, leidlich mit Eisen verstärkt, mit Trophäen reich behangen. Die eigentlichen Waffen entstammten ugalienischen Werkstätten. Immerhin, die Karsh wussten sie zu handhaben. »Ein Karsh nimmt es mit zehnen von ihnen auf.«

      »Möglich«, murmelte Jamis geistesabwesend.

      »Niemand nennt, was ich sage, möglich. Es ist wahr, oder willst du die Schärfe meines Schwertes schmecken?«

      Jamis sah ihn offen an.

      »Beruhige dich«, sagte er kalt. »Du würdest mich zwar im offenen Kampf schlagen, aber dafür würde dich einer meiner Mordbuben meucheln.«

      Der Karsh zog die Brauen in die Höhe. Fassungslos ob des Geständnisses sah er Jamis an, dann verzog er die Lippen zu einem breiten Lachen.

      »Jamis von Dhuannin«, stieß er prustend hervor, »du bist mein Mann, ich muss mit dir trinken. Ein heimtückischer Meuchler, aber ehrlich ... dass es so etwas gibt.«

      »Ich finde es schön, dass wir uns verstehen«, sagte Jamis freundlich. »Es enthebt mich der Mühe, dich auch ohne den Anlass eines Streites über ugalienische Sitten hinterrücks erdolchen zu lassen. Es rettet auch die Hälse deiner Leute.«

      Der Karsh sah sich scheu um.

      »Bei allen Gnomen der Finsternis«, knurrte er. »Ich hoffe, du meinst, was du sagst!«

      »Stets«, versicherte Jamis. »Wenn diese Zusammenkunft nicht mit einem Erfolg endet, werde ich dafür sorgen, dass keiner der Teilnehmer diese Woche überleben wird.«

      Die Hand des Karsh blieb fest an der Waffe. Er sah Jamis tief in die Augen.

      »Beim Pesthauch des Bösen«, sagte er betroffen. »Du bist ein übler Bube, Jamis von Dhuannin. Warum sagst du mir dies alles?«

      »Damit du es den anderen erzählst«, gab Jamis zurück. Er lehnte sich gegen die Brüstung, wie einladend für den Karsh. Ein Stoß hätte genügt, und unten war in dreißig Schritt Tiefe harter Stein ...

      »Und warum das?«

      Jamis lächelte verhalten.

      »Hast du ein Weib, Parodo?«

      Der Karsh lief dunkelrot an.

      »Darüber spricht man nicht«, sagte er hart. »Hier vielleicht, nicht bei anständigen Leuten.«

      »Stell es dir vor«, sagte Jamis von Dhuannin. »Der Abend, wenn die Caer kommen. Wie sie herangeprescht kommen, schrecklich anzusehen. Wie sie lodernde Brände ins Gebälk deiner Burg ...«

      »Ich habe keine Burg«, stieß der Karsh hervor, »nur das hölzerne Haus, in dem meine Ahnen hausen von alters her.«

      »Wie sie dein Haus sengen, wie der rote Hahn auf dem Dach tanzt, rot wie das Blut auf den Dielen, das Blut im Stall. Kannst du es knistern hören? Hörst du es? Das Prasseln der Flammen, den gellenden Schrei der Pferde im lichterloh brennenden Stall, das Quieken der Schweine, die umherrennen? Hörst du das Schnauben der Caer-Pferde? Und dann kannst du hören, ganz genau hören ...«

      »Halt ein«, sagte der Karsh. »Schweig, oder ich zertrümmere dir das Hirn in diesem Augenblick ...«

      »Schlag die Caer damit«, sagte Jamis. »Das ist die Gefahr, die es abzuwehren gilt. Wir brauchen dazu deine Krieger, wir brauchen noch mehr dazu ...«

      »Was?«

      »Dein Wort, Parodo!«

      Er streckte dem Karsh die Hand entgegen.

      Parodo zögerte einen Augenblick lang. Jamis lächelte.

      »Es klebt Blut daran, ich weiß. Es ist das Blut meiner Feinde, und es wird das Blut unserer Feinde sein.«

      Der Karsh schlug ein. Die beiden Krieger hinter ihm verzogen die narbenbedeckten Gesichter zu einem anerkennenden Grinsen.

      »Wir sind dabei«, sagte Parodo. Er drehte sich um, schritt mit wehendem Umhang davon, die Krieger hinterdrein.

      »Einer«, murmelte Jamis.

      In diesem Augenblick erklangen Hörnerstöße.

      »Noch ein Gast«, sagte Jamis. Er spähte hinunter auf den Hof. »Lasst uns sehen, wer kommt.«

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