Meditationen / Abhandlung über die Methode. Рене Декарт

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Meditationen / Abhandlung über die Methode - Рене Декарт Kleine philosophische Reihe

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sind also die Grundprinzipien, die man immer zu beachten hat. Doch reicht es natürlich nicht aus, sie zu kennen, man muss ihre Anwendung üben, man muss sich damit vertraut machen, wann und wie die Regeln im Einzelfall angewendet werden können. Durch sie soll die Vernunft in die Lage versetzt werden, wissenschaftlich zu arbeiten. Es sind Regeln, die für alle Wissenschaftszweige gleich sind. Die Mathematik ist nach Ansicht von Descartes ein gutes Gebiet, sich an sie zu gewöhnen, genauer gesagt, ihren Gebrauch zu trainieren, auch deswegen weil sie im Vergleich zur empirischen Welt »abstrakte« und »ideale« Gegenstände beinhaltet.

      Descartes Verhältnis zur Mathematik ist allerdings nicht eindeutig: Er trieb viele Jahre mathematische Studien, gab diese dann aber mit der Begründung auf, dass sie nicht die wirkliche Grundlagenwissenschaft sei, die er gesucht habe. Trotzdem orientiert er sich an der Mathematik und schätzt ihren Wert für die Vernunft. Seine Beweisführungen lehnt er an diejenigen der Mathematik an und nimmt sein Wahrheits- und Gewissheitsverständnis aus der Mathematik.

      Descartes Wahrheitsbegriff ist zum Verständnis seiner Philosophie sehr wichtig. In der eben zitierten ersten Regel fordert Descartes, nichts als wahr anzuerkennen, was nicht absolut einleuchtend, bzw. evident ist. Man könnte leicht kritisieren, dass Descartes in der ersten Regel, in der er »wahr« und »evident« gleichsetzt, unscharfe Begriffe verwendet. Selbst seine weitere Präzisierung, dass evident sei, was jemand »klar und deutlich« (»clair et distinct«) wahrnimmt, trägt nicht weit. Viele Dinge, die auf den ersten Blick einleuchten, entpuppten sich beim näheren Hinsehen als falsch. Aber wenn Descartes von einer evidenten, also einleuchtenden Sache spricht, hat er dabei die Gewissheit der Mathematik im Sinn, deren Rechenergebnisse, sei es nur 2 + 3 = 5, nicht sinnvoll angezweifelt werden können und deswegen einleuchtende Wahrheiten sind. Die Mathematisierung des Wahrheitsbegriffs wurde schon von Descartes Zeitgenossen kritisiert. Der Philosoph Edward Herbart Cherbury (1583–1648) attackierte Descartes sehr heftig deswegen und verlangte eine tiefer gehende Begriffsdefinition und gründliche Klärung von Descartes, was denn die Wahrheit per se sei. Descartes konnte diesem Angriff nur entgegenhalten, dass ihm evident sei, was Wahrheit ist und sie nicht weiter als solche untersucht werden kann: Wahrheit ist Evidenz und was Wahrheit als solche ist, ist evident. Obwohl dieses Argument von Descartes den Geschmack eines Zirkelschlusses nicht ganz los wird, grenzt er sich doch damit von anderen Zeitgenossen wie beispielsweise Chandoux ab, der propagiert hatte, es gäbe in den Wissenschaften keine Wahrheiten, sondern nur Wahrscheinlichkeiten.

      Um die Prinzipien einer fundamentalen Wissenschaft zu finden, muss man sich also zuerst mit dem richtigen (methodischen) Denken vertraut machen. Genauso ist es nötig, sich abzugewöhnen, falsch zu denken, das heißt die Regeln falsch anzuwenden. Doch reichen die vier fundamentalen Grundregeln nicht aus, um für die Wissenschaft tiefer gehende Begründungen zu liefern. Descartes erweitert seine bis dahin entdeckten Regeln um ein weiteres Verfahren der Vernunft: Es ist der radikale und methodisch motivierte Zweifel. Descartes schlägt vor, an allem zu zweifeln, was die kleinste Möglichkeit eines Irrtums beinhaltet. Was sich am Ende als unbezweifelbar entpuppt, ist gewiss, und was unbezweifelbar gewiss ist, muss ein begründendes Prinzip sein.

      Der methodische Zweifel besteht darin, alle unsere bisherigen Überzeugungen provisorisch als falsch zu betrachten, aber auch über die Gründe nachzudenken, warum sie anzweifelbar sind. Die Vernunft muss sich ihre Neigung abgewöhnen, die Sinneseindrücke für wahr zu halten. Das Argument dafür ist einfach, aber zwingend: Mit welchen Gründen könnte man mit Sicherheit abtun, dass es sich bei den Sinneseindrücken nicht um Halluzinationen handelt; vielleicht sind sie Traumprodukte oder die kranken Vorstellungen eines Wahnsinnigen? Anhand der Sinne lassen sich keine unbezweifelbaren Gewissheiten finden; zu oft haben wir uns schon geirrt. Besonders beim Eindruck, dass sich die Sonne um die Erde dreht, zeigt sich deutlich, wie leicht uns die Sinneseindrücke hinters Licht führen können.

      Descartes formuliert so: Es könnte sein, dass Gott oder ein böser Geist den Menschen in der Hand hat und ihn über alle Dinge täuscht. Wenn so ein mächtiges und bösartiges Wesen uns bewusst betrügt, gibt es denn überhaupt unbezweifelbare Gewissheiten, an die sich der Mensch halten kann? Wenn es jedoch einen Satz gäbe, der durch diesen radikalen, methodischen Zweifel nicht angreifbar ist, dann wäre dieser Satz sicherlich eines dieser mühevoll gesuchten Prinzipien der Gewissheit, aus dessen Schlussfolgerungen sich das Fundament des Wissens aufbauen ließe.

      Das Ergebnis der Suche nach einem Anfang aller Gewissheit ist zu einem geflügelten Wort geworden: Cogito ergo sum, ich denke, also bin ich. Selbst wenn ein Mensch über alles getäuscht würde, könnte er nicht daran zweifeln, dass er denkt. Wer sagt »ich denke« setzt automatisch ein »Ich« voraus, das denkt; wer aber an dem Satz zweifelt, impliziert genauso ein »Ich«, das zweifelt: Ich zweifle (an mir), also bin ich. Denken und Zweifeln beinhalten beide ein nicht negierbares Ich. Der böse Geist mag versuchen, das Denken eines Ich zu verwirren, aber er räumt allein aus der Tatsache, dass er vorhat, ein »Ich« zu betrügen, ein, dass ein denkendes Ich vorhanden ist.

      Es bleibt nun übrig zu verstehen, was das ist, was sich ein »Ich« nennt. Aus Descartes Wahrheitsbegriff geht hervor, dass über es nichts ausgesagt werden darf, was nicht »klar« und »deutlich« aus der Idee eines »Ich« hervorgeht. Nicht diese Bedingung erfüllen Dinge wie Name, Alter, Nationalität, Geschlecht oder Erinnerungen. Das einzige, was wirklich aus dem Ich hervorgeht, ist, dass es etwas ist, was denkt. Descartes nennt es »res cogitans«, eine denkende Sache, die für ihn gleichbedeutend mit der Seele eines Menschen ist. Diese trennt er von der »res extensa«, der »ausgedehnten Sache«, also den Körpern. Die »res cogitans« ist, wie Descartes an anderer Stelle anfügt, unteilbar, ausdehnungslos und unsterblich; die »res extensa« dagegen ist teilbar, zerstörbar und ausgedehnt. Zwar ist noch lange nicht innerhalb der Argumentation gewiss, dass es Körper gibt, aber doch, dass die Seele von den Körpern unterschieden ist. Aber es existiert noch eine dritte Gewissheit aus dem Satz »ich denke, also bin ich«, nämlich die, dass es Wahrheit gibt. Immerhin existiert ein Satz, der wahr ist. Die Wahrheit dieses Satzes wiederum wird dadurch verbürgt, dass das Ich sie »klar« und »deutlich« einsieht.

      Den nächsten Schritt in der Argumentation, den Beweis des Daseins Gottes, unternimmt er ebenfalls durch die Analyse dieses Urzustandes, in dem das Ich anscheinend nur aussagen kann, dass es denkt, zweifelt und versucht, die Wahrheit zu erkennen, und aus diesen Tätigkeiten seine Existenz ableitet. Bisher konnte das Ich nicht mit Recht annehmen, dass noch ein anderes Wesen außer ihm vorhanden ist. Das Ich findet seine Selbst-Gewissheit im Akt des Zweifelns: Zu zweifeln beinhaltet eine Unsicherheit, ein Denkvorgang, der etwas Unvollkommenes hat. Ein vollkommenes Wesen hätte es sicher nicht nötig, sich durch einen Akt des Zweifels zu finden; es wäre sich seiner selbst ohne Zweifel gewiss. Aber das Ich ist sich über sich selbst nicht sicher. Die Erkenntnisse, die es hat, sind nicht alle »klar« und »deutlich«, sondern oft verworren und falsch. Auch im Erkenntnisvorgang gibt es graduelle Abstufungen der Gewissheit.

      Descartes breitet nun folgende Logik aus: Bereits in diesem Urzustand des »Ich denke, also bin ich« ist die Idee von Vollkommenheit und Nichtvollkommenheit vorhanden. Das Ich ist nicht vollkommen. Es konstituiert sich im negativen Akt des Zweifels. Seine Erkenntnisse sind nicht vollkommen und nur selten klar und deutlich. Das Nichtvollkommene impliziert aber, dass es so etwas wie Vollkommenheit gibt. Mit welchem Maßstab könnte das Ich sonst beurteilen, dass es selbst nicht perfekt ist, wenn in ihm nicht bereits die Idee von Vollkommenheit liegt. Wenn der Mensch unvollkommen ist und sich dessen bewusst ist, muss es etwas Vollkommenes geben, das ihm diese Idee eingepflanzt hat. Denn aus der empirischen Welt kann ein unvollkommenes Bewusstsein nicht die Idee der Vollkommenheit bekommen haben, weil sie dort nicht zu finden ist. Aus den Mängeln des denkenden und sich anzweifelnden Ich ergibt sich nur eine »partielle« Vollkommenheit. Eine partielle Vollkommenheit ist ein Widerspruch in sich und verlangt notwendig, dass irgendwo eine »vollständige« Vollkommenheit existiert. Dies ist zweifelsohne nicht der Mensch, sondern dieses perfekte Wesen ist Gott. Es heißt also jetzt nicht nur: Ich denke, also bin ich, sondern auch: Ich zweifle, also ist Gott.

      Nachdem Descartes Gott als denjenigen identifiziert, der selbst vollkommen

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