Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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er schließlich zum Wachsen seines Spirits führte. Dies tritt natürlich voll in Erscheinung, sobald die Verwirklichung fortschreitet; vorher bedarf er des Glaubens, und es mag sein, dass er oft seinen Glauben wanken sah und sich eine Zeitlang dem Schmerz, dem Zweifel und der Mutlosigkeit hingegeben hat.

      Was meine Schriften anbelangt, so weiß ich nicht, ob sie die Schwierigkeit beheben würden. Du würdest in ihnen meist die Darlegung der vedantischen Erfahrung finden, denn diese ist es, durch die ich zuerst zu gehen hatte zu etwas, das jenseits davon liegt; und nun, nachdem ich zu diesem „Jenseits davon“ gelangt bin, scheint sie mir die gründlichste und radikalste Vorbereitung für all dies Jenseitige zu sein, wobei ich aber nicht behaupten will, dass sie unerlässlich ist. Wie immer die Lösung auch sei, der Vedanta-Anhänger ist vermutlich im Recht, wenn er, um nach dort zu gelangen, auf der Anerkennung der beiden Tatsachen besteht, nämlich einerseits das Überwiegen des Bösen und des Leidens hier und andererseits die Erfahrung dessen, was frei davon ist – und nur durch eine wachsende Erfahrung kann man zu einer Lösung gelangen, sei es durch einen Ausgleich, durch eine überwältigende Herabkunft oder durch Weltflucht. Wenn wir hingegen von der grundsätzlichen Annahme ausgehen, das Überwiegen des Leidens und des Bösen in der gegenwärtigen harten äußeren Wirklichkeit der Dinge, würde all das widerlegen, was von Weisen und Mystikern erfahren wurde, nämlich das zu verwirklichende Göttliche, dann scheint eine Lösung nicht möglich zu sein.

      *

      Nein, ich meinte natürlich nicht, dass der Anhänger des Vedanta, der ein größeres Wirken hinter den Erscheinungsformen der Welt sieht, in einer anderen als dieser stofflichen Welt lebt – hätte ich dies gemeint, wäre alles, was ich schrieb, ohne Bedeutung oder Sinn gewesen. Ich meinte einen Vedanta-Anhänger, der in dieser Welt mit all ihrem Leid, ihrer Unwissenheit, ihren Widerwärtigkeiten, ihrem Bösen lebt und dem ein volles Maß all dieser Dinge zuteil wurde, Verrat und Treulosigkeit der Freunde, Misslingen der äußeren Ziele und Wünsche im Leben, Angriff und Verfolgung, sich häufende Krankheiten, unentwegte Schwierigkeiten, Kämpfe und das Versagen auf dem Yogaweg. Nicht, dass er in einer anderen Welt leben würde, doch seine Art, die Prüfungen, Schläge und Gefahren dieser Welt zu tragen, ist eine andere. Er sieht sie als die Natur der Welt an, als Ergebnis des Ego-Bewusstseins, in dem er lebt, und versucht daher, in ein anderes Bewusstsein zu wachsen, in welchem er spürt, was sich hinter den äußeren Erscheinungen befindet; und in dem Maße, wie er in dieses größere Bewusstsein hineinwächst, beginnt er, mehr und mehr das Wirken dahinter zu fühlen, das ihm hilft, im Spirit zu wachsen, und das ihn zur Meisterung und Befreiung von Ego und Unwissenheit führt, bis er erkennt, dass alles auf dieses Ziel gerichtet war. Solange er dieses Bewusstsein mit seiner größeren Erkenntnis der Dinge nicht erreicht hat, muss er im Glauben wandern, und dieser Glaube mag ihn manchmal im Stich lassen, doch wird er immer wiederkehren und ihn durch alle Schwierigkeiten tragen. Nicht jeder muss diesen Glauben und dieses Bewusstsein annehmen, doch hinter ihnen steht etwas Großes und Wahres für das spirituelle Leben.

      *

      Ich habe das Gefühl, dass ich etwas zu deiner Äußerung über die Seele Indiens sagen muss und zu dieser „Betonung der Diesseitigkeit bis zum Ausschluss der Jenseitigkeit“, die X bemerkt haben will. Ich verstehe nicht ganz, in welchem Zusammenhang seine Bemerkung gemacht wurde oder was er mit Diesseitigkeit meinte, doch ich erachte es als notwendig, meinen Standpunkt in dieser Sache darzulegen. Mein eigenes Leben und mein Yoga waren, seit ich nach Indien kam, sowohl diesseitig als auch jenseitig, ohne jede Ausschließlichkeit nach einer Seite. Alle menschlichen Interessen sind vermutlich diesseitig, und die Mehrzahl von ihnen hat meinen Gesichtskreis berührt, während andere, wie die Politik, sogar in mein Leben eingetreten sind; in dem Augenblick, da ich meinen Fuß am Apollo-Bunder in Bombay auf indischen Boden setzte, begann ich, spirituelle Erfahrungen zu haben, doch waren diese von der Welt nicht getrennt, sondern hatten einen inneren und unendlichen Bezug zu ihr, wie zum Beispiel das Gefühl des Unendlichen, das den stofflichen Raum durchdringt, und des Immanenten, das in den stofflichen Gegenständen und Körpern wohnt. Gleichzeitig sah ich mich überphysische Welten und Ebenen betreten, welche die stoffliche Ebene beeinflussen und auf sie einwirken, so dass ich keine scharfe Trennung machen oder einen unüberbrückbaren Gegensatz feststellen konnte zwischen dem, was ich die beiden Enden des Daseins nenne, und allem was dazwischenliegt. Für mich ist alles Brahman, und ich erkenne das Göttliche überall. Jeder hat das Recht, sich vom Diesseitigen abzuwenden und das Jenseitige zu wählen, und wenn er Frieden in dieser Wahl findet; umso besser. Für mich selbst bestand diese Notwendigkeit nicht, um zum Frieden zu gelangen. Überdies bewegte mich der Wunsch, in meinen Yoga beide Welten in mein Gesichtsfeld einzubeziehen – die spirituelle und die materielle – und zu versuchen, das Göttliche Bewusstsein und die Göttliche Macht im Herzen der Menschen und im Leben der Erde zu errichten, nicht allein mit dem Ziel einer persönlichen Erlösung, sondern für ein göttliches Leben hier. Dies scheint mir ein ebenso spirituelles Ziel wie jedes andere zu sein, und die Tatsache, dass sich dieses Leben weltlichem Treiben und weltlichen Belangen widmet, kann, glaube ich, seine Spiritualität weder verdecken noch seinen indischen Charakter ändern. Dies jedenfalls ist immer meine Ansicht, meine Erfahrung der Wirklichkeit und der Natur der Welt, der Dinge und des Göttlichen gewesen – es schien mir zutiefst ihre integrale Wahrheit zu sein, und ich habe daher das Streben danach den integralen Yoga genannt. Es ist jedermanns eigene Sache, diese Art Integralität abzulehnen und nicht daran zu glauben oder an die spirituelle Unerlässlichkeit einer absoluten Jenseitigkeit zu glauben, doch würde das die Durchführung meines Yoga unmöglich machen. Mein Yoga kann tatsächlich eine volle Erfahrung anderer Welten mit einbeziehen sowie ihre möglichen Auswirkungen auf unser Leben und die materielle Welt; doch ist es ebenfalls durchaus möglich, allein die Verwirklichung des Höchsten Wesens oder Ishvara anzustreben, sogar in nur einem Aspekt als Shiva oder Krishna, als Herr der Welt, als unser und unserer Werke Meister, oder aber den Universalen Sachchidananda, und dabei die wesentlichen Ergebnisse dieses Yoga zu erreichen; dann kann man zu den integralen Resultaten fortschreiten, sofern man das Ideal eines göttlichen Lebens akzeptiert und das einer stofflichen Welt, von welcher der Spirit Besitz ergreift. Diese Ansicht und Erfahrung der Dinge und der Wahrheit des Daseins befähigten mich, „The Life Divine“ und „Savitri“ zu schreiben. Die Verwirklichung des Höchsten, des Ishvara, ist sicher das Wesentliche; doch ebenfalls wesentlich auf dem Pfad des integralen Yoga ist es, sich Ihm mit Liebe und Hingebung und bhakti zu nähern, Ihm mit Werken zu dienen und Ihn zu erkennen, nicht notwendigerweise in intellektueller Erkenntnis, sondern in spiritueller Erfahrung. Wenn du dem Drängen von K. nachgeben willst, dass dieser und kein anderer dein Pfad zu sein hat, dann hast du dies zu erreichen und zu verwirklichen; eine ausschließliche Jenseitigkeit kann dann dein Weg nicht sein. Ich glaube, du wärst durchaus fähig, dorthin zu gelangen und das Göttliche zu verwirklichen; ich konnte niemals deine ewigen Zweifel an deiner Fähigkeit teilen, und ihre beharrliche Wiederkehr ist kein gültiger Grund anzunehmen, sie könnten nicht überwunden werden. Solche beharrlichen Rückfälle prägen die Sadhana von vielen, bis sie sie endlich überwanden und ihr Ziel erreichten; selbst die Sadhana sehr großer Yogis wurde von solchen heftigen und fortwährenden Rückfällen nicht verschont, und gerade sie waren manchmal besonders ausgesuchte Ziele derartig hartnäckiger Angriffe; ich habe dies in „Savitri“ an mehreren Stellen angedeutet, und das beruht auf meinen eigenen Erfahrungen. Es liegt in der Natur dieser Rückfälle, dass sie meist aus einer ständigen Wiederkehr der gleichen widrigen Erfahrungen bestehen, aus dem selben feindlichen Widerstand, aus Gedanken, die allen Glaubens und Vertrauens, aller Zuversicht in die Zukunft der Sadhana entbehren, aus enttäuschten Zweifeln an dem, was man als die Wahrheit erkannte, aus dem Impuls, sich vom Yogaweg abzuwenden, oder anderen unheilvollen Eingebungen der decheance. Der Verlauf, den diese Angriffe nehmen, ist sicher nicht für alle gleich, doch alle haben eine starke Familienähnlichkeit. Man kann ihrer schließlich Herr werden, sobald man die Natur und Quelle solcher Angriffe zu erkennen beginnt und die Fähigkeit erlangt, sie zu beobachten, sie zu ertragen, ohne in sie verwickelt oder von ihrem Abgrund verschlungen zu werden; schließlich wird man dann zu ihrem Beobachter, man versteht sie und verweigert die Zustimmung des Mentals, selbst wenn das Vital in dem Wirbel noch umhergeworfen wird und das zumeist nach außen gerichtete physische Mental die feindlichen Vorschläge noch immer erwägt. Am Ende verlieren diese Angriffe ihre Kraft und lassen von der menschlichen

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