Briefe über den Yoga. Sri Aurobindo

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Briefe über den Yoga - Sri Aurobindo

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werden größere Möglichkeiten offen stehen, sich zu denjenigen Ebenen zu erheben, die zwischen seinem Mental und dem Supramental liegen, sowie deren Mächte in seinem Leben wirksam zu machen, was zu einer großen Veränderung der Menschheit auf Erden führen wird. Es ist jedoch nicht wahrscheinlich, dass die mentale Sprosse aus der aufsteigenden Leiter verschwinden wird, denn das Fortbestehen einer mentalen Rasse wird notwendig sein, damit sie eine Stufe zwischen dem Vital und dem Supramental für die evolutionäre Bewegung des Spirits abgebe.

      Solch ein Herabkommen höherer Wesen kann man sich, wie du annimmst, als Teil des Wandlungsprozesses vorstellen. Doch die hauptsächliche Veränderung wird in dem Auftreten des supramentalen Wesens bestehen und in der Errichtung einer supramentalen Natur auf Erden – genau wie einst ein mentales Wesen erschien und eine mentale Natur sich während des letzten Stadiums der Evolution ordnete. Ich ziehe es vor, nicht mehr über die Herabkunft höherer Wesen zu sprechen, denn nach meiner Erfahrung führt dies zu einem leeren und oft egoistischen Romantizismus, der die Aufmerksamkeit von der wirklichen Arbeit ablenkt, der Verwirklichung des Göttlichen und der Umwandlung der menschlichen Natur.

      *

      Was wir tun, ob und wann wir Erfolg haben – es wird ein Anfang sein und keine Vollendung. Es ist die Gründung eines neuen Bewusstseins auf Erden, eines Bewusstseins mit unendlichen Möglichkeiten der Manifestation. Das ewige Fortschreiten liegt in der Manifestation, und jenseits von ihr gibt es keinen Fortschritt.

      Wenn das Ziel die Erlösung der Seele von der physischen Hülle wäre, bestünde die Notwendigkeit einer Supramentalisierung nicht. Spirituelle mukti und nirvana genügten. Wäre es das Ziel, sich zu überstofflichen Ebenen zu erheben, bestünde ebenfalls die Notwendigkeit einer Supramentalisierung nicht. Man kann einen Himmel durch die Hingabe an den Gott jenes Himmels erreichen. Doch dies ist kein Fortschritt. Die anderen Welten sind fixierte Welten und jede ist auf ihre eigene Art, auf ihren Typ festgelegt. Die Evolution aber findet auf Erden statt, daher ist die Erde der eigentliche Bereich des Fortschritts. Die Wesen der anderen Welten schreiten nicht von einer Welt zur anderen fort. Sie bleiben auf ihren eigenen Typ fixiert.

      Der rein monistische Vedanta-Anhänger sagt, alles sei Brahman, das Leben sei ein Traum, eine Unwirklichkeit, nur Brahman existiere. Man erlangt nirvana oder mukti und lebt dann so lange, bis der Körper abfällt – danach gibt es nichts Derartiges wie Leben.

      Sie [die Anhänger des Vedanta] glauben an keine Umwandlung, da sie Mental, Leben und Körper als Unwissenheit betrachten, als Illusion – die einzige Wirklichkeit für sie ist das eigenschaftslose, beziehungslose Selbst oder Brahman. Leben aber hat Bezug; im reinen Selbst schwindet alles Leben und jeder Bezug. Worin bestünde der Nutzen oder die Möglichkeit, eine Illusion umzuwandeln, die niemals etwas anderes sein könnte als Illusion (wie umgewandelt auch immer)? Es gibt für sie nichts Derartiges wie ein „nirvanisches Leben“. Nur einige Yogasysteme zielen auf eine gewisse Umwandlung, doch nicht auf die der Unwissenheit in das Wissen. Die Ideale sind verschieden – manchmal ist das Ziel göttliches Wissen, göttliche Macht oder auch göttliche Reinheit, ethische Vollkommenheit oder göttliche Liebe.

      Was überwunden werden muss, ist der Widerstand der Unwissenheit, welche die Umwandlung der menschlichen Natur nicht will. Kann dieser überwunden werden, dann bilden auch die alten spirituellen Ideale kein Hindernis mehr.

      Es ist nicht beabsichtigt, die Menschheit im großen zu supramentalisieren, sondern das Prinzip des supramentalen Bewusstseins in der Erdevolution zu errichten. Ist dies geschehen, wird alles Erforderliche von der supramentalen Macht selbst entwickelt werden. Es ist daher nicht wichtig, ob die Lehre weit verbreitet wird. Wichtig ist, dass die Sache überhaupt geschieht, in welch kleiner Zahl auch immer; das ist das einzige Problem.

      Ist die Umwandlung des Körpers vollendet, so bedeutet dies Unabhängigkeit vom Tod – das heißt aber nicht, dass man immer den gleichen Körper behält. Man erschafft sich einen neuen Körper, sobald man diesen verändern will, doch wie es geschehen soll, kann heute noch nicht gesagt werden. Gegenwärtig geschieht es über die physische Geburt – es gibt Okkultisten, die behaupten, dass eine Zeit kommen wird, in der man dieser nicht mehr bedarf –, doch muss die Lösung dieser Frage der supramentalen Evolution überlassen bleiben.

      Diese Fragen nach dem Supramental können jetzt nicht sinnvoll beantwortet werden. Das Supramental kann nicht in Begriffen beschrieben werden, die das Mental versteht, denn es wären mentale Begriffe, und das Mental würde sie auf mentale Weise und in einem mentalen Sinne deuten und ihren wahren Gehalt nicht erkennen. Es ist daher Verschwendung von Zeit und Energie, die besser auf die vorbereitende Arbeit verwandt werden sollten, nämlich die Durchseelung und Spiritualisierung des Wesens und der menschlichen Natur, ohne die eine Supramentalisierung nicht möglich ist. Die gesamte dynamische Natur muss sich, gelenkt von der Seele, mit dynamischem spirituellen Licht füllen, mit Frieden, Reinheit, Wissen, Kraft; danach muss sie die Erfahrung der vermittelnden spirituellen Ebenen erlangen und in deren Sinne handeln und fühlen und dann wird man zuletzt über die supramentale Umwandlung sprechen können.

      *

      Was ist eine vollkommene Yogatechnik, oder besser gesagt, ein weltverändernder oder naturverändernder Yoga? Mit Sicherheit nicht einer, der den Menschen bei einem kleinen Stück seiner selbst nimmt, dort einen Haken anbringt und ihn über einen Flaschenzug in das nirvana oder Paradies befördert. Die Technik eines weltverändernden Yogas muss vielgestaltig sein, geschmeidig, geduldig, allumfassend wie die Welt selbst. Wenn sie sich nicht mit allen Schwierigkeiten oder Möglichkeiten befasst oder sich mit jedem erforderlichen Element sorgsam auseinandersetzt, hat sie keine Aussicht auf Erfolg. Und gibt es eine vollkommene, für alle verständliche Technik, die dies vermag? Es ist nicht mit dem Verfassen eines kleinen Gedichtes zu vergleichen, in vorgeschriebenem Versmaß mit einer bestimmten Anzahl von Modulationen. Es ist das Mahabharata eines Mahabharatas, das geschrieben werden muss – um bei dem Gedichtgleichnis zu bleiben. Und kann man die Technik eines Mahabharatas mit jener begrenzten griechischen Perfektion vergleichen?

      Als nächstes: worin besteht in solchem Fall der Wert des reflektierenden Verstandes, vicarabuddhi? Wenn man ein neues Bewusstsein zu erlangen sucht, das den wägenden Verstand überschreitet, so kann dies nicht auf einer Grundlage geschehen, die vom wägenden Verstand beurteilt und begriffen und auf der jeder Schritt von ihm kontrolliert wird, auf der der Intellekt bestimmt, was zu geschehen hat, wie groß die Erfolge und welcher Art die Schritte und ihr Maß zu sein haben. Wenn dies geschieht, wird man niemals aus dem Bereich des urteilenden Verstandes herauskommen und etwas erreichen, das ihn überschreitet. Und wenn dies schließlich erreicht ist, können andere dann ein intellektuelles Maß in der Beurteilung dessen anlegen, was man tut? Wie vermag man zu wissen, was sich jenseits des gewöhnlichen Bewusstseins befindet, solange man selbst im gewöhnlichen Bewusstsein lebt? Nur indem du dich selbst überschreitest, kannst du fühlen und beurteilen und erfahren, was dich überschreitet, Und worin besteht der Wert eines Urteils ohne Gespür und Erfahrung?

      Was das Supramental tun wird, kann das Mental nicht vorhersehen oder festlegen. Das Mental ist Unwissenheit, die nach Wahrheit sucht, das Supramental ist seinem eigentlichen Sinn nach das Wahrheits-Bewusstsein, die Wahrheit, die sich selbst besitzt und sich durch ihre eigene Macht erfüllt. In einer supramentalen Welt müssen Unvollkommenheit und Disharmonie aufhören. Doch unser Ziel im Augenblick ist nicht, die Erde zu einer supramentalen Welt zu machen, sondern das Supramental als Macht und festes Bewusstsein inmitten des Übrigen herabzubringen, damit es dort wirke und sich erfülle – so wie das Mental in Leben und Materie herabkam und dort als Macht wirkte, um sich inmitten des Übrigen zu erfüllen. Das wird genügen, um die Welt zu verändern, um die Natur zu verändern und ihre gegenwärtigen Beschränkungen niederzubrechen. Doch wie und in welchem Maß es geschehen wird, ist etwas, das man jetzt nicht sagen kann. Sobald das Licht da ist, wird das Licht selbst seine Arbeit tun, sobald der supramentale Wille in der Welt ist, wird dieser Wille entscheiden. Er wird Vollendung und Harmonie und eine Wahrheits-Schöpfung schaffen. Und das Übrige – nun, warten wir es ab.

      *

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