Vor Sonnenaufgang. Gerhart Hauptmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Vor Sonnenaufgang - Gerhart Hauptmann страница 10

Vor Sonnenaufgang - Gerhart Hauptmann Reclams Universal-Bibliothek

Скачать книгу

für die Vereinigten Staaten gesagt hat. – Notabene es bezieht sich auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Er meint also: der Alkohol hat direct eine Summe von 3 Milliarden und indirect von 600 Millionen Dollars verschlungen. Er hat 300 000 Menschen getödtet, 100 000 Kinder in die Armenhäuser geschickt, weitere Tausende in die Gefängnisse und Arbeitshäuser getrieben, er hat mindestens 2000 Selbstmorde verursacht. Er hat den Verlust von wenigstens 10 Millionen Dollars durch Brand und gewaltsame Zerstörung verursacht, er hat 20 000 Wittwen und schließlich nicht weniger als 1 Million Waisen geschaffen. Die Wirkung des Alkohols, das ist das Schlimmste, äußert sich so zu sagen bis in’s dritte und vierte Glied. – Hätte ich nun das ehrenwörtliche Versprechen abgelegt, nicht zu heirathen, dann könnte ich schon eher trinken, so aber . . . meine Vorfahren sind alle gesunde, kernige und wie ich weiß, äußerst mäßige Menschen gewesen. Jede Bewegung[,] die ich mache, jede Strapaze, die ich überstehe, jeder Athemzug gleichsam führt mir zu Gemüth, was ich ihnen verdanke. Und dies, siehst Du, ist der Punkt: ich bin absolut fest entschlossen die Erbschaft, die ich gemacht habe, ganz ungeschmälert auf meine Nachkommen zu bringen.

      FRAU KRAUSE.

      Du! – Schwiegersuhn! – inse Bargleute saufen woarhaftig zu viel: Doas muuß woar sein.

      KAHL.

      Die saufen wie d’ Schweine.

      [42]HELENE.

      Ach! so etwas vererbt sich?

      LOTH.

      Es giebt Familien[,] die daran zu Grunde gehen, Trinkerfamilien.

      KAHL

      (halb zu Frau Krause, halb zu Helene). Euer Aaler, dar treibt’s au a wing zu tull.

      HELENE

      (weiß wie ein Tuch im Gesicht, heftig). Ach, schwatzen Sie keinen Unsinn!!!

      FRAU KRAUSE.

      Ne, do hier Enner a su ein patziges Froovulk oa; a su ne Prinzessen. Hängst de wieder a mol de Gnädige raus, wie? – A su fährt se a Zukinftigen oa. (Zu Loth, auf Kahl deutend:) ’s is nämlich d’r Zukinftige, missen Se nahmen, Herr Ducter, ’s is Alles eim Renen.

      HELENE

      (aufspringend). Hör auf! oder . . . hör auf, Mutter! oder . . .

      FRAU KRAUSE.

      Do hiert doch aber werklich . . . . na, do sprecha Se, Herr Ducter, iis das wull Bildung, hä? Weeß Gott, ich hal’ se wie mei egnes Kind, aber die treibt’s reen zu tull.

      HOFFMANN

      (beschwichtigend). Ach, Mama! thu’ mir doch den Gefallen . . . .

      FRAU KRAUSE.

      Neee!! groade – iich sah doas nich ein – a su ane Goans wie die iis . . . . do hiert olle Gerechtigkeet uff . . . . su ane Titte!

      HOFFMANN.

      Mama, ich muß Dich aber wirklich doch jetzt bitten, Dich . . . .

      FRAU KRAUSE

      (immer wüthender). Stats doaß doas Froovulk ei der Wertschoft woas oagreft . . . bewoare ne! Doa zeucht se an Flunsch biis hinger beede Leffel. – Oaber da Schillerich, oaber a Gethemoan, a sune tumme Scheißkarle, die de nischt kinn’n als lieja: vu dan’n läßt [43]se sich a Kupp verdrehn. Urnar zum Kränke krieja iis doas (schweigt bebend vor Wuth). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

      HOFFMANN

      (begütigend). Nun – sie wird ja nun wieder . . . es war ja vielleicht – nicht ganz Recht . . . es (giebt Helenen, die in Erregung abseits getreten ist, einen Wink, auf den hin sich das Mädchen, die Thränen gewaltsam zurückhaltend, wieder auf seinen Platz begiebt).

      HOFFMANN

      (das nunmehr eingetretene peinliche Schweigen unterbrechend, zu Loth). Ja . . . von was sprachen wir doch? . . . Richtig! – vom biederen Alkohol. (Er hebt sein Glas.) Nun, Mama: Frieden! – Komm, stoßen wir an, – seien wir friedlich, – machen wir dem Alkohol Ehre, indem wir friedlich sind. (Frau Krause, wenn auch etwas widerwillig, stößt doch mit ihm an. Hoffmann, zu Helene gewendet.) Was, Helene?! – Dein Glas ist leer? . . . Ei der Tausend, Loth! Du hast Schule gemacht.

      HELENE.

      Ach . . . nein . . . ich . . .

      FRAU SPILLER.

      Mein gnädiges Fräulein, so etwas läßt tief . . . .

      HOFFMANN.

      Aber Du warst doch sonst keine von den Zimperlichen.

      HELENE

      (batzig). Ich hab eben heut keine Neigung zum Trinken, einfach!

      HOFFMANN.

      Bitte, bitte, bitte seeehr um Verzeihung . . . Ja, von was sprachen wir doch?

      LOTH.

      Wir sprachen davon, daß es Trinkerfamilien gäbe.

      HOFFMANN

      (auf’s Neue betreten). Schon recht, schon recht, aber . . .

      [44](Man bemerkt zunehmenden Ärger in dem Benehmen der Frau Krause, während Herr Kahl sichtlich Mühe hat, das Lachen über etwas, das ihn innerlich furchtbar zu amüsiren scheint, zurückzuhalten. Helene beobachtet Kahl ihrerseits mit brennenden Augen, und bereits mehrmals hat sie durch einen drohenden Blick Kahl davon zurückgehalten, etwas auszusprechen, was ihm so zu sagen auf der Zunge liegt. Loth, ziemlich gleichmüthig, mit Schälen eines Apfels beschäftigt, bemerkt von alledem nichts.)

      LOTH.

      Ihr scheint übrigens hier ziemlich damit gesegnet zu sein.

      HOFFMANN

      (nahezu fassungslos). Wieso? . . . mit . . . mit was gesegnet?

      LOTH.

      Mit Trinkern natürlicherweise.

      HOFFMANN.

      Hm! . . . meinst Du? . . , ach . . . jaja . . . , allerdings, die Bergleute . . . . .

      LOTH.

      Nicht nur die Bergleute. Zum Beispiel hier in dem Wirthshaus, wo ich abstieg, bevor ich zu Dir kam, da saß ein Kerl so: (er stützt beide Ellenbogen auf den Tisch, nimmt den Kopf in die Hände und stiert auf die Tischplatte).

      HOFFMANN.

      Wirklich? (Seine Verlegenheit hat den höchsten Grad erreicht; Frau Krause hustet, Helene starrt noch immer auf Kahl, welcher jetzt am ganzen Körper vor innerlichem Lachen bebt; sich aber doch noch so weit bändigt, nicht laut herauszuplatzen.)

      LOTH.

      Es wundert mich, daß Du dieses – Original – könnte man beinahe sagen, noch nicht kennst. Das Wirthshaus ist ja gleich hier nebenan das. Mir wurde gesagt, es sei ein hiesiger steinreicher

Скачать книгу