Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren. A. F. Morland

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Liebesheilung: 7 Arztromane großer Autoren - A. F. Morland

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nicht damit belasten. Nicht heute, wo es in seiner Firma um wichtige Entscheidungen ging.

      Die ganzen Jahre hatte er sie an den Vorgängen im Büro teilhaben lassen, hatte mit ihr prekäre Situationen besprochen und sie um ihre Meinung gefragt. Er liebte seinen Beruf, und er nahm ihn ernst.

      Gerade heute musste er alle Gedanken beisammen haben, durfte nicht abgelenkt sein.

      Sie deutete auf seinen Aktenkoffer. „Bedeutet die Etatkürzung Entlassungen?“

      Er sollte das Gefühl und die Gewissheit mitnehmen, dass sie sich mit seinen Sorgen und Nöten befasste, dass sie ihm eine Stütze war und er jederzeit auf sie zählen konnte, soweit sie etwas von den Dingen verstand.

      Ein Schatten flog über sein Gesicht. „Es wird nicht ohne abgehen. Aber zerbrich dir nicht meinen Kopf. Tschüs, mein Schatz, und halt die Ohren steif!“

      In der Diele steckte er sich seine Zigarette an, ohne die er morgens nie das Haus verließ. Der strenge Rauch des schwarzen Krautes zog ins Esszimmer.

      Jetzt musste die Haustür klappen.

      Eva-Maria vermisste das altvertraute Geräusch. Statt dessen hörte sie ein Tuscheln.

      Sicher Martina, die versucht, ihm ein paar Groschen abzuluchsen, um sie im Geschäft gegenüber der Schule in Süßigkeiten umzusetzen, dachte sie.

      Doch dann hörte sie Tina wispern: „Doch, Paps, unheimlich lang schon. Als ich vom Schwimmen kam, hat sie sogar geweint. Ich musste gleich Schulaufgaben machen, aber ich hab’s doch gemerkt. Und noch eine Weile ganz deutlich gehört ...“

      Jäher Schreck erfasste sie.

      Der Nachmittagsschwimmunterricht war vor drei Tagen gewesen. Sie erinnerte sich, dass sie gerade den zweiten Schmerzanfall hatte, als Tina an der Haustür schellte.

      Sie hatte sich bemüht, sich nichts anmerken zu lassen.

      Vergebens, wie sich jetzt herausstellte. Kinder sind überaus hellhörig, gerade in diesem Alter. Und sie erweisen sich als gnadenlose Beobachter.

      Endlich fiel die Haustür zu. Sie hörte das Garagentor hoch kippen und kurz darauf Walter mit Tina wegfahren; an der Schulbushaltestelle setzte er sie ab.

      Mit der gleichen Abwesenheit, mit der Walter von der Zeitung hoch gesehen hatte, blickte sie über den Frühstückstisch. Sie spürte eine nie gekannte Mattigkeit und empfand Unlust.

      Das Geschirr musste warten. Sie konnte es später abräumen.

      Wenn sie vielleicht ernstlich krank war und in die Klinik musste, wer kümmerte sich dann um die beiden? In häuslichen Dingen war Walter ungeschickt, und Tina war noch zu klein, bestimmt aber keine große Hilfe. Ein schönes Durcheinander würde das werden.

      Sie saß und dachte nach. Sicher wäre es besser gewesen, sie wäre zur Vorsorgeuntersuchung gegangen, wie Dr. Scharnitz ihr damals ans Herz gelegt hatte. Regelmäßig, mindestens einmal im Jahr.

      Zwei Jahre nach Tinas Geburt war sie einfach nicht mehr hingegangen.

      Ein unkluger Entschluss, wie sie sich nun eingestand.

      Sie musste Hermann dieses Versäumnis beichten. Gewiss war er nicht entzückt, höchstwahrscheinlich würde er ihr sogar gehörig den Kopf waschen.

      Was sollte sie ihm überhaupt sagen? Einfach schildern, was sie an sich beobachtete?

      Routine und Erfahrung im Klinikbetrieb setzten ihn sicher in die Lage, ihr zu sagen, was ihr fehlte.

      Nach einiger Zeit begriff sie, wie naiv sie dachte.

      Hermann war viel zu überzeugt von seinem Beruf, um eine Ferndiagnose zu stellen.

      Und würde er ihr überhaupt die Wahrheit sagen? Ein leises Misstrauen gegenüber jedem Arzt hatte sie stets erfüllt. Nicht, dass sie an der Fähigkeit gezweifelt hätte. Aber sie meinte, dass die Mediziner sehr oft nicht die Wahrheit sagten, die ganze Wahrheit. Und sie klammerte Hermann nicht aus.

      Wenn sie vielleicht selber ...? Wozu waren schließlich die medizinischen Bücher im Haus?

      Sie ging ins Wohnzimmer. Jeder Schritt bereitete ihr Schmerzen.

      Im Bücherregal suchte sie die Nachschlagewerke, die sie während der ersten beiden Lebensjahre von Tina angeschafft hatten. Das Baby war drei Wochen zu früh gekommen, bei der Geburt hatten sich Komplikationen ergeben. Für die ersten zwölf Lebensmonate galt Tina als Risikokind; sie hatten sich informieren wollen, was auf sie und das Kind möglicherweise zukam.

      Nervös suchte sie die Symptom-Beschreibungen. Sie wusste genau, dass sie die mal überflogen hatte.

      Die Bücher enthielten nicht nur Beschreibungen der gängigen Kinderkrankheiten, es waren auch allgemeinmedizinische Aspekte angesprochen. In einem Anhang gab es Stichworte zu Fachgebieten.

      Sie legte das Buch beiseite und nahm das nächste heraus. Hastig blätterte sie.

      Da war es – Unterleib.

      Ihr Finger glitt die Auflistung hinab.

      Dumpfer Druck – Myome.

      Dumpfer Druck und anhaltendes Völlegefühl – Ovarialtumoren.

      In Verbindung mit Schmerzattacken und blutigem Ausfluss: Menorrhagie, lang dauernde Gebärmutterblutung außerhalb der Menses. Ovarialkarzinom möglich.

      Sie las es noch einmal.

      Ganz plötzlich begann die Schrift vor ihren Augen zu tanzen und zu flimmern.

      Karzinom hieß Krebs oder Krebsgeschwür!

      Eine gemeine, furchtbare, niederträchtige Angst erfasste sie. Sie fühlte sich hundeelend und kämpfte mit den Tränen.

      Krebs! Sollte sie Krebs haben?

      Alles in ihr sträubte sich, lehnte sich auf gegen diese dumpfe Erkenntnis. Ausgeschlossen, wie sollte sie zu Krebs kommen?

      Dann wieder fraß sich der nagende Zweifel in ihr Herz. Sie war schließlich die letzten Jahre zu keiner Vorsorgeuntersuchung mehr gegangen. Vielleicht also doch!

      Mit einem wilden Trotz klammerte sie sich an die Hoffnung, dass sie sich irrte, dass sie in der Aufregung die Bedeutung des Wortes Karzinom verwechselte.

      Die Blätter knisterten, als sie eifrig, fast beschwörend blätterte.

      Unter Karzinom stand, was sie eben gelesen hatte. Kein Irrtum also!

      Sie wusste nicht, wie lange sie so stand und in das Buch starrte, ohne etwas zu sehen.

      Krebs – hämmerte es in ihrem

      Kopf. Wahrscheinlich Krebs!

      Die Angst schnürte ihr die Kehle zu, das Herz pochte wild gegen die Rippen.

      Aber sie spürte es nicht. In ihr war alles tot und taub.

      Irgendwann

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