Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski). Henryk Sienkiewicz

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Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski) - Henryk Sienkiewicz

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seid wohl angeheitert?«

      »Ich sage dir aus vollem Herzen: heirate!«

      Wolodyjowski sah ihn noch strenger an:

      »Memento mori!«

      Aber Sagloba ließ sich nicht so leicht abschrecken.

      »Michael, wenn du mich lieb hast, tu's für mich! Das ist für den Hund, dein ewiges Memento, ich wiederhole, du wirst handeln, wie du willst; aber ich denke so: diene ein jeder unserem Herrgott mit dem, wozu er ihn geschaffen hat. Dich hat er für den Degen geschaffen, denn er hat seinen Willen darin geoffenbart, daß er dich in dieser Kunst zu solcher Vollkommenheit hat gelangen lassen. Und hätte er einen Geistlichen aus dir machen wollen, so hätte er dich mit gar anderem Witz ausgestattet und hätte dein Herz mehr den Büchern und zum Latein geneigt gemacht. Bedenke auch, daß die heiligen Rittersmänner nicht geringere Achtung im Himmel genießen als die heiligen Mönche, und daß sie gegen die höllische Heerschar zu Felde ziehen und Belohnungen aus Gottes Händen empfangen, wenn sie mit den erbeuteten Fahnen zurückkehren ... daß alles das wahr ist, wirst du doch nicht leugnen?«

      »Ich leugne es nicht und weiß auch, daß es schwer ist, gegen Euren Verstand den Kampf aufzunehmen; aber auch Ihr werdet nicht bestreiten, daß es für die Trauer besser ist, im Kloster zu leben als in der Welt.«

      »Bah, wenn es besser ist, so muß die Trauer um so mehr die Klöster meiden. Ein Narr, wer die Trauer nährt, anstatt sie verhungern zu lassen, damit sie desto schneller verrecke!«

      Wolodyjowski fand im Augenblick keine Worte; er verstummte also und sagte erst nach einer Weile mit sehnsüchtiger Stimme:

      »Erinnert mich nicht an das Heiraten, denn eine solche Erinnerung weckt nur von neuem den Schmerz. Auch ist die alte Lust dahin, sie ist mir mit den Tränen dahingegangen, und auch mein Alter ist nicht danach: beginnt mir doch die Glatze schon zu leuchten! Zweiundvierzig Jahre und fünfundzwanzig voll von Kriegsmühsalen, das ist kein Scherz, kein Scherz.«

      »Gott strafe ihn nicht für diese Lästerung! Zweiundvierzig Jahre! — Pfui! Zweimal soviel habe ich auf dem Buckel, und der Mensch muß sich bisweilen noch im Zaume halten, um die Glut aus den Adern zu schütteln, wie den Staub aus den Kleidern! Ehre das Andenken jener süßen Verstorbenen, Michael; warst du für sie gut und solltest für die anderen zu billig, zu alt sein?«

      »O laßt das, laßt das!« sagte Wolodyjowski in schmerzlichem Tone, und die Tränen flossen ihm in den Bart.

      »Ich will kein Wort mehr sagen,« sprach Sagloba, »aber gebt mir Euer Ritterwort, daß Ihr, was auch mit Ketling sei, einen Monat bei uns bleibet. Ihr müßt durchaus auch Skrzetuski sehen. Wollt Ihr dann wieder zum Habit zurückkehren, so soll es Euch niemand verwehren.«

      »Ich gebe mein Wort,« sagte Michael. Und gleich begannen sie von etwas anderem zu sprechen. Sagloba erzählte vom Wahlreichstag, wie er die Prüfung gegen den Fürsten Boguslaw angeregt, und von Ketlings Abenteuer. Von Zeit zu Zeit indessen unterbrach er die Erzählung und versank in Gedanken; aber es müssen heitere Gedanken gewesen sein, denn er schlug sich immer wieder mit den Händen auf die Knie und wiederholte: »Hoc, hoc!«

      Je näher sie aber Mokotow kamen, desto größer wurde die Unruhe, die sich in Saglobas Benehmen zeigte. Plötzlich wandte er sich zu Wolodyjowski um und sagte:

      »Denkst du daran, du hast das Wort gegeben, was auch immer mit Ketling sei, einen Monat bei uns zu bleiben?«

      »Ich habe es gegeben und ich bleibe,« unterbrach Wolodyjowski.

      »Da ist auch schon Ketlings Haus,« rief Sagloba, »er wohnt stattlich.«

      Dann rief er dem Kutscher zu:

      »Knallt tüchtig los, heute gibt's ein Fest in diesem Hause.«

      Und es erscholl lauter Peitschenknall vorm Hause.

      Noch war der Korbwagen nicht durch das Tor gefahren, als einige Genossen aus dem Flur stürzten, Michaels Bekannte: es waren unter ihnen alte Kriegskameraden aus den Zeiten Chmielnizkis, und jüngere aus den letzten Kriegszeiten, unter ihnen Herr Wasilewski und Herr Nowowiejski, Jünglinge noch, aber feurige Ritter, die in den Knabenjahren der Schule entflohen waren und seit einigen Jahren das Kriegshandwerk unter Herrn Wolodyjowski übten. Der kleine Ritter liebte sie ungeheuer.

      Von älteren war Herr Urlik da, vom Wappen Nowina, mit einer goldenen Gehirnschale, denn eine schwedische Granate hatte ihm ein Stück fortgerissen; auch Herr Ruschtschyz, der halbwilde Steppenritter, der unvergleichliche Scharmützler, der nur Wolodyjowski im Ruhme nachstand, und einige andere. Da sie die beiden Männer im Wagen sahen, begannen sie alle zu rufen:

      »Er ist's, er ist's! Vicit Wolodyjowski! Er ist's!«

      Und sie stürzten sich auf den Wagen und nahmen den kleinen Ritter auf ihre Arme und trugen ihn in den Flur und wiederholten:

      »Willkommen, es lebe unser teurer Kamerad. Nun haben wir dich und lassen dich nicht wieder! Vivat Wolodyjowski, die Zierde unseres ganzen Heeres! In die Steppe mit uns, Bruder, in die wilden Felder, dort wird der Wind die Trauer fortwehen!«

      Im Flur erst setzten sie ihn wieder zu Boden. Er begrüßte alle, denn er war durch diesen Empfang sehr gerührt und begann an alle Fragen zu richten.

      »Wie geht es Ketling, lebt er noch?«

      »Er lebt, er lebt!« antworteten sie im Chor, und die Schnauzbärte der alten Soldaten verzogen sich in seltsamem Lachen.

      »Kommt zu ihm, denn er hält es nicht mehr aus, mit solcher Ungeduld erwartet er Euch.«

      »Ich sehe, der Tod ist ihm nicht so nah, wie Herr Sagloba gesagt hat,« sprach der kleine Ritter.

      Inzwischen waren sie in den Flur getreten und von da in die große Stube. In der Mitte stand ein gedeckter Tisch, in einem Winkel eine Pritsche, mit weißem Pferdefell bedeckt, auf welchem Ketling lag.

      »Freund!« sagte Wolodyjowski und eilte ihm entgegen.

      »Michael!« rief Ketling und sprang mit beiden Füßen auf, als wäre er im Vollbesitz seiner Kräfte, und faßte den kleinen Ritter in seine Arme.

      Und sie drückten sich so herzlich, daß Ketling den Wolodyjowski und Wolodyjowski den Ketling in die Höhe hob.

      »Man hat mir befohlen, mich krank zu stellen,« sagte der Schotte, »den Sterbenden zu spielen; aber bei deinem Anblick konnte ich es nicht aushalten. Ich bin gesund wie der Fisch im Wasser, und mir ist nichts zugestoßen. Es handelte sich darum, dich aus dem Kloster zu bringen ... Verzeih', Michael, diese Kriegslist kam von Herzen!«

      »In die wilden Felder mit uns!« riefen die Ritter wieder und schlugen mit den rauhen Händen an die Säbel, daß ein dröhnender Lärm im Zimmer entstand.

      Aber Herr Michael war sehr erstaunt. Eine Zeitlang schwieg er, dann ließ er seine Blicke über alle schweifen, faßte besonders Sagloba ins Auge und sagte endlich:

      »O, ihr Verräter! Ich habe geglaubt, Ketling sei tödlich verwundet.«

      »Wie, Michael!« rief Sagloba, »ärgert's dich, daß Ketling gesund ist? Gönnst du ihm die Gesundheit nicht oder wünschest du ihm den Tod? Ist dein Herz so verhärtet

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