Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski). Henryk Sienkiewicz

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Der kleine Ritter (Herr Wolodyjowski) - Henryk Sienkiewicz

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das ist schon ganz gleich.«

      Ketling gefiel ihr, wie auch Christinen, denn er gefiel allen Frauen; Bärbchen hatte auch noch nie einen ausländischen Herrn gesehen außer den Offizieren von fremdem Fußvolk, Männer von geringerem Range und ziemlich niederer Stellung. Sie ging, den Kopf schüttelnd und ihre Nasenflügel bewegend, mit kindlicher Neugier um ihn herum, mit so aufdringlicher Neugier, daß sie eine leise Rüge von Frau Makowiezka anhören mußte. Aber trotz der Rüge hörte sie nicht auf, ihn mit den Augen auszuforschen, als wollte sie seinen ganzen soldatischen Wert abschätzen, und endlich fing sie an, Herrn Sagloba über ihn auszufragen.

      »Ist er ein großer Krieger?« fragte sie den alten Edelmann leise.

      »Es kann keinen größeren geben! Siehst du, er hat eine ungeheure Erfahrung, denn seit dem vierzehnten Lebensjahre hat er gegen die sektierenden Engländer gekämpft auf der Seite des wahren Glaubens. Er ist ein Edelmann von höchster Abkunft, was man auch an seinen vornehmen Sitten leicht erkennen kann.«

      »Habt Ihr ihn im Feuer gesehen?«

      »Tausendmal! Er steht fest und runzelt nicht einmal die Stirn; er streichelt nur sein Pferd am Halse, als wollte er mit ihm von Liebe sprechen.«

      »Ist das Mode, in solchen Fällen von Liebe zu sprechen, was?«

      »Es ist Mode, alles zu tun, wodurch man seine Verachtung für die feindliche Kugel zeigt.«

      »Und im Handgemenge, im Einzelkampf ist er auch groß?«

      »Kolossal!«

      »Und würde er Herrn Michael standhalten?«

      »Michael würde er nicht standhalten.«

      »Ha!« rief Bärbchen mit freudigem Stolze aus, »ich habe es gewußt, daß er ihm nicht standhält, ich hab's gleich gedacht, daß er nicht standhält.« Und sie klatschte in die Hände.

      »So tretet Ihr für Michael ein?« fragte Sagloba.

      Bärbchen schüttelte den Kopf und schwieg. Nach einer Weile erst hob ein leiser Seufzer ihren Busen.

      »Ei was, ich freue mich, weil er unser ist.«

      »Aber das merkt Euch und haltet fest, kleiner Heiduck,« sagte Herr Sagloba, »wenn es auf dem Schlachtfelde schwerlich einen besseren gibt als Ketling, so ist er für die Frauen noch mehr gefährlich, denn sie lieben ihn wahnsinnig wegen seiner Schönheit. Er ist auch ein großer Praktiker in der Liebe!«

      »Sagt das Christine, denn ich denk' an solche Dinge nicht,« sagte Bärbchen und rief, zu Fräulein Drohojowska gewandt: »Christine, Christine, auf ein Wort!«

      »Nun?« sagte Fräulein Drohojowska.

      »Herr Sagloba sagt, kein Mädchen sähe Ketling an, ohne sich in ihn zu verlieben. Ich habe ihn schon von allen Seiten angesehen, und mir ist gar nichts. — Und du? Fühlst du schon etwas?«

      »Aber Bärbchen, Bärbchen!« sagte Christine in vorwurfsvollem Tone.

      »Gefällt er dir, was?«

      »Sei doch still, laß doch. Liebes Bärbchen, schwatz' doch nicht, Herr Ketling kommt gerade.«

      Noch hatte Christine sich nicht niedersetzen können, als Ketling hereintrat und fragte:

      »Darf man sich den Damen anschließen?«

      »Wir bitten sehr,« antwortete Fräulein Jesiorkowska.

      »Ich frage also schon kühner: Wovon sprachen die Damen?«

      »Von der Liebe,« rief Bärbchen ohne Zögern.

      Ketling nahm neben Christine Platz. Eine Weile schwiegen sie, denn Christine, die sonst immer sehr geistesgegenwärtig war, wurde diesem Ritter gegenüber sehr zaghaft.

      »War wirklich von einem so anmutigen Gegenstand die Rede?« fragte Ketling.

      »Ja,« antwortete Fräulein Drohojowska mit halber Stimme.

      »Ich würde zu gern Ihre Meinung hören.«

      »Verzeihen Sie, mein Herr, mir fehlt der Mut sowohl wie der Witz, und ich denke auch, ich würde eher von Ihnen etwas Neues hören.«

      »Christine hat recht,« warf Sagloba ein; »wir hören also.«

      »Fragen Sie, mein Fräulein,« antwortete Ketling.

      Er richtete seine Augen halb empor, versank in Gedanken und begann, ohne daß sie fragte, als ob er zu sich selbst spräche:

      »Die Liebe ist ein schweres Leid, denn durch sie wird der freie Mensch ein Sklave. Gleich wie der Vogel vom Pfeil durchbohrt zu den Füßen des Jägers niederfällt, so hat auch der Mensch, von der Liebe getroffen, nicht mehr die Kraft, von den geliebten Füßen aufzufliegen ... Lieben heißt gebrechlich sein, denn der Mensch sieht wie der Blinde die Welt über seiner Liebe nicht ... Liebe ist Traurigkeit, denn wann fließen mehr der Tränen, wann entringen der Brust sich mehr der Seufzer? Wer liebt, für den gibt es keinen Schmuck mehr, keine Lustbarkeit; dasitzen möchte er, die Hände um die eigenen Kniee geschlungen und sehnsüchtig bangend wie der, der einen teuren Angehörigen verloren hat ... Liebe ist eine Krankheit, denn wie bei der Krankheit wird das Antlitz blaß, die Augen hohl, zittern die Hände und werden die Finger hager, und der Mensch denkt an den Tod, oder er geht wie im Irrsinn einher, spricht zu dem Monde, zeichnet den teuren Namen in den Sand, und wenn der Wind ihn verweht, dann sagt er: »O Unglück!« und bricht in Seufzer aus.«

      Hier versank Ketling eine Weile in Schweigen; man hätte glauben mögen, er sei untergegangen in Erinnerungen. Christine lauschte seinen Worten wie einem Liede mit ganzer Seele. Ihre beschatteten Lippen öffneten sich, ihre Augen wichen nicht von dem schneeweißen Antlitz des Ritters. Bärbchen waren die Stirnhaare ganz über die Augen gefallen, so daß man nicht erkennen konnte, was sie wohl denke; aber auch sie saß still da.

      Da gähnte plötzlich Herr Sagloba laut auf, reckte sich, streckte die Füße und sagte:

      »Von solcher Liebe kannst du den Hunden Stiefeln nähen lassen.«

      »Und doch,« begann der Ritter von neuem, »ist lieben schwer, so ist nichtlieben noch schwerer. Denn wen mag, ohne Liebe, die Freude, der Ruhm, Reichtümer, Wohlgerüche und Kleinodien befriedigen? Wer wird der Geliebten nicht sagen: Du bist mir mehr als ein Königreich, mehr als ein Szepter, mehr als die Gesundheit, mehr als ein langes Leben? Und da jeder von uns gern sein Leben hingäbe für die Liebe, so ist die Liebe mehr wert als das Leben.«

      Ketling war zu Ende gekommen. Die Mädchen saßen eine an die andere geschmiegt und bewunderten das Gefühl, das aus seiner Rede sprach, und diese Liebesdeutungen, welche den polnischen Herren fremd waren; bis endlich Sagloba, der gegen das Ende eingeschlummert war, erwachte und mit den Augen blinzelnd bald die eine, bald die andere, bald den dritten anblickte und, seine Sinne sammelnd, mit lauter Stimme fragte:

      »Nun, was sagt ihr?«

      »Wir sagen Euch gute Nacht!« rief Bärbchen.

      »Oho, ich weiß schon, wir sprachen von der Liebe. Wie war das Ende?«

      »Das

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