7x7 Weltwunder. Cornelius Hartz
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Nichtsdestotrotz haben auch die verschwundenen Weltwunder ihre Spuren hinterlassen: in der Literatur. Im 1. Jh. n. Chr. besuchte der Autor einer berühmten Naturgeschichte, Plinius der Ältere, Rhodos und hatte dabei Gelegenheit, den sagenumwobenen Koloss von Rhodos an Ort und Stelle zu bestaunen – freilich nachdem die Bronzestatue schon lange umgefallen und zerbrochen war: „Nur wenigen gelingt es, den Daumen mit den Armen zu umfassen, die Finger allein sind größer als die meisten Statuen. Wo die Glieder auseinandergebrochen sind, gähnen riesige Höhlen. Im Inneren sieht man auch noch die Felsbrocken, die durch ihr Gewicht das Aufstellen der Statue erleichterten.“ Doch die Literatur, die belletristische wie auch die Sachliteratur, vermag viel mehr als bloß mit Worten Gegenstände abzubilden: Sie kann uns Stimmungen und Gefühle vermitteln, uns Neues erleben lassen und reist mit uns in die Vergangenheit.
Alle 49 in diesem Band vorgestellten antiken „Weltwunder“ haben ihren Platz in der europäischen Literatur gefunden. Schriftsteller, Reisende, Dichter, Forscher, Unterhaltungsautoren von der Antike bis heute: Sie alle kommen hier, meist ausschnittsweise, zu Wort und spiegeln uns, wie man in ihrer Epoche und ihrem Kulturkreis die Begegnung oder Wiederbegegnung mit den Monumenten des Altertums erlebt hat – mal heiter, mal dramatisch, mal sachlich, nachdenklich oder auch unfreiwillig komisch. Bei den Textstellen ist das Jahr der Entstehung in Klammern gesetzt; die Orthographie der deutschen Originaltexte wurde getreu der Vorlage belassen.
Die Auswahl der jeweils kurz beschriebenen Monumente ist dabei zwangsläufig eine subjektive – wie es ja auch die antike Liste der sieben Weltwunder war. Immerhin folgt sie aber bestimmten objektiven Kriterien. So finden sich neben den kanonischen sieben Weltwundern die größten griechischen Tempel, die besterhaltenen Theater, die beeindruckendsten Profanbauten und die beliebtesten touristischen Sehenswürdigkeiten. Topographisch konzentriert sich der Band auf die Stätten der klassischen Antike im (weiter gefassten) Mittelmeerraum, vom römischen Spanien über Konstantinopel, das minoische Kreta, Babylon und Palästina bis nach Ägypten, und schlägt somit eine Brücke über mehr als 3000 Jahre antiker Baukunst. Der eine oder die andere mag bemängeln, dass ihr oder sein Lieblingsmonument fehlt – aber sicherlich werden mir alle Leser in einem zustimmen: Sieben Weltwunder sind einfach nicht genug!
SPANIEN & SÜDFRANKREICH
Die südlichen Gebiete waren die eigentliche Erbschaft Roms von den Karthagern und ihr Kern Andalusien; alles Land, was südlich lag bis nach Gades hin, zu den sogenannten Säulen des Hercules, wo das europäische und afrikanische Festland über die Meerenge einander grüßen.
Aus: W. F. A. Zimmermann,
Der Mensch, die Räthsel und Wunder seiner Natur (1871)
Brücke von Alcántara
Brücken gehören zu den großen architektonischen Meisterleistungen der alten Römer. Sie durchzogen Europa mit einem gut ausgebauten Straßennetz und ein ums andere Mal mussten sie dabei einen Fluss oder eine Schlucht überbrücken. Da Brücken, anders als z. B. Tempel, in der Regel im Mittelalter nicht ihre Funktionalität einbüßten, blieben sie oft relativ gut erhalten, wie diejenige bei Mérida oder der Pont Flavien. Die beeindruckendste Straßenbrücke aus römischer Zeit ist aber sicherlich die Brücke beim spanischen Alcántara, die seit über 1900 Jahren über den Tajo führt. 194 m lang und 50 m hoch gelegen ist ihre Fahrbahn und mitten darin steht, ebenfalls quasi unversehrt, ein Ehrenbogen für Kaiser Traian. Die Brücke besteht komplett aus Quadersteinen, die in der typischen Bauweise des späten 1. Jhs. n. Chr. ohne Mörtel aufeinandergeschichtet sind und einander nur durch die ausgeklügelte Bauweise stützen (zugegeben: an ein paar neuralgischen Punkten helfen Metallklammern ein wenig nach). Heute ist die Brücke natürlich eine berühmte Sehenswürdigkeit; dass der Kunsthistoriker Jules Gailhabaud Mitte des 19. Jhs. erwähnt, sie sei „so wenig bekannt“, erstaunt bei einem so schönen und auch so alten Bauwerk, aber man muss bedenken, dass es zu dieser Zeit ja noch keinen Massentourismus gab. Und wer nahm eine Reise bis weit in die Extremadura auf sich, um sich eine Brücke anzusehen? Übrigens geht der Name der Stadt direkt auf dieses Bauwerk zurück: Die Mauren nannten sie, nachdem sie Spanien erobert hatten, „al-Qantara“ – das heißt nichts weiter als „die Brücke“.
Aus: Jules Gailhabaud,
Denkmäler der Baukunst (1850)
Jules Gailhabaud (1810–1888),
französischer Architekturhistoriker und Spezialist für antike und mittelalterliche Kunst, war Mitglied der Académie royale de Belgique und schrieb ein wegweisendes Werk über die antike Baukunst. 1871 fiel seine umfangreiche Bibliothek einem Brand zum Opfer.
In dem spanischen Estremadura zwei und eine viertel Stunde von der portugiesischen Gränze befindet sich an dem Rande einer wilden Bergschlucht, die der Tajo durchrauscht, eine kleine Stadt, die man für das Lancia oder Norba Caesarea der Alten nimmt, dem Plinius auch den Namen Norbensis colonia giebt. Von den Mauren im VIII Jahrhundert erobert, empfing sie von ihnen den Namen Al Cantera, die Brücke, wegen einer prächtigen antiken Brücke, dem Gegenstande dieses Aufsatzes, die für eines der schönsten Bauwerke dieser Art gelten kann. Diese so merkwürdige und so wenig bekannte Brücke ist allein in Laborde’s Voyage en Espagne beschrieben. Obwohl Laborde’s Zeichnungen dieser Brücke so wie seine Beschreibung derselben manche Ungenauigkeiten enthalten, so haben sie doch unserer Arbeit zur Grundlage gedient.
Auf der Mitte der Brücke erhebt sich ein kleiner Triumpfbogen, der von verschiedenen Völkerschaften dieses entfernten Theils Iberiens dem Kaiser Trajan, ihrem Landsmann, errichtet worden, wie eine vollkommen erhaltene Inschrift auf dem Friese dieses Bogens anzeigt […].
Der blosse Augenschein genügt um zu erkennen, dass Brücke und Triumpfbogen zu gleicher Zeit und nach einem Plane gebaut wurden, und aus der ersten Inschrift geht hervor, dass die Brücke im Jahre 103 unserer Zeitrechnung errichtet wurde. […]
Kriege und Eroberungen haben an der Brücke manche Veränderungen hervorgebracht: Thürme und Forts sind an den Enden der Brücke errichtet oder an dem Triumpfbogen angebaut worden, der selber eine Zinnenkrönung erhalten hat; von allen diesen Schmarotzerbauten existiert jetzt nur noch ein Thurm mit einigen zugehörigen Werken, die den Eingang der Brücke von der Landseite her vertheidigen, und die Strasse, die nach Portugal führt, beherrschen. Bei den verschiedenen Eroberungen der Stadt haben Mauren und Portugiesen mehrere Brückenbogen gesprengt, um die Passage über die Schlucht zu unterbrechen, ohne dass dadurch die übrig gebliebenen Theile an Festigkeit verloren haben; übrigens ist die Wiederherstellung der zerstörten Theile mit solcher Sorgfalt geschehen, dass sie den antiken Bau weder an Festigkeit noch an Schönheit weichen, und es schwer ist sie auf den ersten Blick von den alten zu unterscheiden.