Traum-Heiler. Robert Moss A.

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Traum-Heiler - Robert Moss A.

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sie blindlings auf dem Weg ins Nichts dahin - auf dem betonierten Highway, den sie selbst ausgehoben und asphaltiert haben, um noch schneller zu dem großen, leeren Loch zu gelangen, das am Ende auf sie wartet, um sie zu verschlucken. Es ist eine schnelle, bequeme Superautobahn, aber ich weiß, wohin sie führt. In meiner Vision bin ich dort gewesen, und mir schaudert, wenn ich nur daran denke.«1

      Dieses Buch enthält das Gegengift zu diesem Zustand. Es ist aus lebenslanger Erfahrung und unabhängigen Studien und einem Vierteljahrhundert praktischer Anwendung heraus entstanden. Ich habe als Kind in meiner Heimat Australien Seelenanteile verloren, als ich sehr krank, einsam und traurig war. Damals war ich zwischen meinem dritten und elften Lebensjahr die Hälfte der Zeit ans Krankenbett gefesselt. In diesen Jahren litt ich unter Lungenentzündung (beider Lungenhälften) und geriet drei Mal in den Zustand, den man heute Nahtoderlebnis nennt. Als Jugendlicher führte ich mitten in der Nacht Gespräche mit einem Traumbesucher, einem strahlenden jungen Mann, der anscheinend aus dem Osten der hellenistischen Welt Griechenlands kam. Wie er mir sagte, erhalten wir alles wahre Wissen durch Anamnese. Dieses ziemlich komplizierte griechische Wort bedeutet wörtlich »sich erinnern«. In der neoplatonischen Philosophie hat es eine besondere Bedeutung: die Erinnerung an das, was auf der Ebene der Seele oder des Geistes zu uns gehört hat, bevor wir in unserem jetzigen Körper auf diese gute Erde gekommen sind. Es geht um die Erinnerung der Seele.

      Als ich in meinen mittleren Jahren auf eine Farm im Norden des Hudson Valley im Bundesstaat New York zog, um den Großstädten und dem Alltagsstress zu entkommen, erhielt ich noch eine Lektion über dieses Thema. Nachts beim Einschlafen merkte ich, dass ich aus meinem Körper schlüpfte und anfing, wie ein Vogel über das schlafende Land zu schweben. Mir war, als würde ich auf den Flügeln eines Rotschwanzhabichts sitzen - eines Vogels, mit dem ich in dieser Gegend vertraut geworden war. In meiner spontanen Nachtreise flog ich über Wälder und Seen zu einer Hütte im Wald irgendwo in der Nähe von Montreal. Ich wurde von einer uralten Indianerin empfangen, deren rhythmische Sprechweise wie Wasser klang, das ans Seeufer schwappt. Sie sprach ihre eigene Sprache und ich konnte sie nicht verstehen, bis ich schließlich Mohawks fand, die mir die phonetischen Laute, die ich aufgeschrieben hatte, übersetzten. Wie sie mir mitteilten, waren die Worte zwar aus der Sprache der Mohawks, doch eine recht altertümliche Version. »Du redest so, wie wir vor dreihundert Jahren gesprochen haben, und darunter ist auch ein bisschen Dialekt der Gegend um den Huron-See.«

      Allmählich begriff ich, dass ich zusammen mit einer der Vorfahren des Landes, auf dem ich lebte, geträumt hatte. Ich nannte sie Inselfrau, was einer ihrer Mohawk-Namen sinngemäß bedeutet. Wie ich herausfand, war sie eine atetshents. Dieser Begriff der Mohawks bedeutet wörtlich »Jemand, der träumt« und auch »Schamane, Heiler und Arzt«. Gemäß der Tradition der Inselfrau muss man ein Träumer sein, um in einer dieser Berufungen erfolgreich zu sein. Das Wort hat in der Sprache der Mohawks eine stärkere Bedeutung als in unserer heutigen Sprache. Die atetshents sind starke Träumer. Im Traum kann die Inselfrau Zeit überwinden. Sie kann für andere träumen, sie kann ihren Traumraum betreten und ihnen Heilung bringen oder den Weg, der vor ihnen liegt, auskundschaften und Informationen sammeln, die für ihr Überleben wichtig sein könnten. Im Traum kann sie an Orte des Lernens und der Initiation in anderen Dimensionen der Realität reisen. Sie träumt mit dem sprechenden Land und spricht für die Bäume und Berge. Sie träumt mit den Tieren und Vögeln und kann sich ihre Gestalt leihen oder sie als ihre Vertreter oder Boten aussenden. In ihren Traumreisen begegnet sie Seelen der Lebenden und der Toten und kann sie retten.

      Meine eigenen Begegnungen mit der Inselfrau erinnerten mich an Sehens-, Seins- und Heilarten, die alle unsere Vorfahren aufweisen. Vor allem erinnerte ich mich wieder daran, dass es immer um die Seele geht. Eines der seltsamen Wörter, die die Inselfrau in den ersten Gesprächen verwendete, klang wie on-dee-noonk. In einem Schreiben eines jesuitischen Missionars, das aus dem 16. Jahrhundert stammt und halb verkohlt, halb erfroren zwischen einem Feuer und einem Schneesturm in einer Hütte am Huron-See aufgeschrieben wurde, entdeckte ich das Wort ondinnonk. Der Jesuit berichtete einem höheren Geistlichen, dieser ondinnonk sei für den Geist der »Wilden« von unglaublicher Wichtigkeit. Wie er erklärte, ist ondinnonk »der geheime Wunsch der Seele, der sich vor allem in Träumen offenbart«. Er schilderte, dass das Teilen von Träumen in den Dörfern der Menschen, unter denen die Inselfrau geboren wurde, eines der wichtigsten Gemeinschaftsrituale überhaupt war. Träume wurden nach Hinweisen auf die Zukunft und nach Botschaften aus der spirituellen Welt durchforscht. Vor allem wurden Träume als Seelensprache durchleuchtet. Die Gemeinde war verpflichtet, sich um einen Träumer zu versammeln. Sie sollte ihm dabei helfen, die Wünsche seiner Seele herauszufinden, die sein Traum offenbarte, und sich anschließend aktiv an der Erfüllung dieser Wünsche beteiligen.2

      Das wurde als Kern des Heilprozesses aufgefasst. Wenn wir die Wünsche der Seele verleugnen, dann wird die Seele verärgert und entzieht unserem Leben notwendige Lebensenergie. Dann werden wir für Krankheiten und Unglück anfällig. Folgen wir hingegen den geheimen Wünschen der Seele, können wir auf den natürlichen Weg unserer Energien zurückkehren und Vitalität, Gesundheit und Glück wiederherstellen. Dieser Vorgang kann in einer Runde des Traumteilens sofort beginnen, wenn wir es zulassen, uns mit der Energie eines Traums zu bewegen, statt nur über ihn zu reden. Das Volk der Inselfrau saß nicht lange still herum, wenn Träume erzählt wurden. Sobald wie möglich fingen die Leute an, die Träume nachzuspielen, zu singen und in die Hände zu klatschen. So was mögen Seelen.

      In den Traumkreisen und Traumworkshops, die ich seit Ende der 1980er Jahre leite, testete ich die Dinge, die ich von der Inselfrau lernte. Und ich fand heraus, dass sie funktionieren. Wie ich schon bald feststellte, ist das Träumen echte Magie - die Kunst, Geschenke aus einer anderen Welt in unsere herüberzubringen. Ich merkte, wie es die Menschen begeisterte, dass sie durch das Teilen ihrer Traumgeschichten einen Bezug zu den größeren Geschichten ihres Lebens und den Kräften der Traumzeit herstellen konnten. Es faszinierte mich, wie sich unser kindliches Selbst - das vielleicht schon seit Jahrzehnten verloren gegangen ist - zeigte, um mit uns zu spielen, wenn wir Träume in Theaterszenen oder spontane ausdrucksvolle Kunstwerke mit Kreide und Buntstiften auf dem Boden umwandelten. Und ich lernte dabei noch mehr über die träumende Seele.

      Träume zeigen uns nicht nur, was die Seele will, sondern auch, wohin sie gegangen ist. Wir träumen immer wieder von unserem alten Elternhaus oder Großmutters Haus, unserer Schule oder der Wohnung, die wir mit einem früheren Partner geteilt haben. Diese Träume wollen uns möglicherweise klarmachen, dass wir einen Teil unserer Lebenskraft und Identität in dieser Lebensphase zurückgelassen haben. Vielleicht träumen wir auch von einer jüngeren Begleiterin oder einem Begleiter unseres eigenen Geschlechts und stellen fest, dass wir von einem jüngeren Teil von uns träumen, der in diesem Traumalter verloren ging. Der Grund dafür war, weil damals schlimme Dinge geschahen oder weil wir eine schlechte Wahl treffen mussten und ein Teil von uns mit der Entscheidung nicht einverstanden war und sich deswegen abgespalten hat. Oder aber wir träumen von einem verhungernden Pferd, einer schlafenden Löwin oder einem wütenden Bären, und damit erscheinen uns animalische Geister, die uns Kraft und Heilung bringen können, wenn wir lernen, sie zu nähren und in unserem Körper erwachen zu lassen - und wenn wir bereit sind, es mutig mit ihnen aufzunehmen. Wir können auch von den Ahnen unserer Gegend oder unseren Vorfahren oder unserer größeren spirituellen Familie träumen, die viele Kulturen umfasst. Dadurch werden wir aufgefordert, mit der uralten Seele Verbindung aufzunehmen oder über Generationen hinweg Heilung zu bewirken. Immer wieder und wieder verfolgt uns unser höheres oder größeres Selbst in unseren Träumen und gibt uns die Chance, eine Verbindung zu knüpfen, die unserem Körper mehr seelische oder spirituelle Anteile zuführen kann, als wir bisher hatten.

      Der wichtigste Beitrag, den die uralten Träumer - die Schamanen wie die Inselfrau - zu unserer heutigen Medizin und Heilmethoden leisten, ist das Verständnis, dass man im Leben Seelenanteile verlieren kann, und dass wir uns über die Bedeutung der Seelenheilung klar werden müssen, wenn wir gesund und ganz werden wollen.

      Auf der instinktiven Ebene wissen wir alle, wie der Verlust von Seelenanteilen zustande kommt. Wir erleben Schmerz, ein Trauma oder Misshandlungen,

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