Gefährliche Geschäfte. Adi Waser

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Gefährliche Geschäfte - Adi Waser

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Uralte gepflegte, riesige Ulmen säumten die grosszügige Allee zu den Gebäudetrakten.

      Der dicht bewachsene, kurzgeschnittene Rasen hatte beinahe schon Golfplatzqualität. Farbenprächtige Blumenbeete aus Sommerflor und erlesene Büsche aus allen Teilen der Erde, sowie Sträucher aus Buchs und Zierahorn verwöhnten das Kennerauge. Künstlich angelegte, liebliche Teiche unterbrachen das üppige Wiesengrün, das einem Hauch des Schlossgartens von Versailles nachempfunden war.

      Cremefarbig gestrichene Lusthäuschen mit gefasstem Fayenceglas, noch original aus der Belle Epoque erhalten, säumten die kiesgepflegten Gehwege, und unterstrichen die Exklusivität und Anmut des Anwesens.

      Dieses selbst glich einem Schloss, hatte zwei Flügeltrakte und einem Mittelteil. Da und dort verzierten grössere und kleinere Erker die klobige Mauer aus Natursteinen. An allen Eckpunkten wuchsen schlanke Türmchen aus dem Mauerwerk mit langen, rötlichen Ziegelspitzdächern und farbigen Fähnchen obendrauf. Ganz oben verband ein schmaler, tiefgelegter und mit Zinnen bewehrter Spazierweg alle Eckpunkte miteinander. An der Südfassade hingen grössere und kleinere Balkone mit dazugehörigen Balustraden, die zum Bestaunen der Märchenlandschaft dienten.

      Der Hauptteich, direkt vor der Haupttreppe, war geteilt mit einer filigran geschwungenen, weissen Holzbrücke. Vier Schwäne mit schlanken Hälsen, in edles Weiss gefiedert, durchpflügten erhobenen Hauptes das Wasser. Und auch der Geheimtipp Jakob Blumensteins sei hier verraten: Mystischen Kennern des Balletts Schwanensee offenbaren sie bei Vollmondlicht den Tanz der vier kleinen Schwäne. Ja, und es gab sogar Gäste die insistierten, die verzauberte Prinzessin Odette in einem der Schwäne erkannt zu haben.

      Aber Carl scherte sich heute einen Deut um Schwäne und Seen. Er bremste hart direkt an der weit ausladenden, äusseren Haupttreppe, und hinterliess eine unschöne Bremsspur auf dem Kies. In stiller Vorfreude genoss er bereits seinen baldigen Triumpf über Blumenstein.

      Die weiss rot gestreiften Flügel der hölzernen Eingangstüre öffneten sich wie auf Kommando gleichzeitig, und ein livrierter Hausdiener beeilte sich schnellen Schrittes, den Gast mit gebührender Aufmerksamkeit zu empfangen.

      „Ich heisse Sie im Namen des Hausherrn Jakob Blumenstein herzlich Willkommen, Mister Boromeo!“, schnarrte der Diener, der jetzt wie ein Zinnsoldat vor ihm stand, um dann mit einer etwas weniger steifen Verbeugung fortzufahren:

      „Herr Blumenstein erwartet Sie bereits in der Bibliothek. Bitte folgen Sie mir!“

      Die Eingangshalle in weissem Kalkgemäuer wirkte schlicht prachtvoll. Sie war lichtdurchflutet, hoch geschnitten und mit einer wuchtigen Glaskuppel gedeckt. Die in Blattgold gefertigten Wandstuckaturen ergänzten sich prächtig mit Gängen und Treppen, die in schwarzem, unbehandelten Naturschiefer gehalten waren. Und sozusagen das Tüpfchen aufs i waren die schmideisernen Handläufe mit kunstvoll verzierten Tierköpfen. Man hatte seinerzeit bei der Rennovation auf jedes Detail geachtet. Zwei Haupttreppen führten von hier links und rechts in die Flügeltrakte.

      Mit einladenden Handbewegungen animierte dieser wiederholt, dass Carl doch voranschreiten solle. Nach einigem Treppensteigen und durchschreiten ausladender Gänge erreichten sie die Bibliothek. Der Bedienstete klopfte dezent, und öffnete beide Türflügel weit. Er entliess Carl mit einem leichten Knicks, schloss die Türen behutsam von Aussen und entschwand.

      „Ja mein lieber Herr Boromeo, was mag Sie wohl zu mir führen? Was hat das Schicksal denn heute für mich parat?“

      Blumenstein, mit leicht geröteten Wangen und erhobenen, ausladenden Armen flog Carl buchstäblich in die Arme. Mit theatralischer Gestik beeilte er sich, Carl um das Monstrum von Lese- und Arbeitstisch herumzunavigieren.

      „Ist mir ein grosses Vergnügen, Sir, Sie hier begrüssen zu dürfen!“ Dabei wies er auf buntbezogene Sessel einer Relaxsitzgruppe: „Bitte, nehmen Sie doch Platz.“

      Blumenstein beklagte seit seiner Jugendzeit die hohe Stirnglatze, die er mit einem Toupet geschickt zu kaschieren wusste. Seine braungelockten, gepflegt geschnittenen Haare wiesen keine einzige graue Stelle auf. Eine Lesebrille baumelte an einem goldenen Kettchen auf seiner Brust. Es gehörte zu seinen ureigenen Gepflogenheiten, auch im Sommer bei grosser Hitze Anzug, Gilet und Krawatte zu tragen.

      Carl musste es auch jetzt wieder feststellen: Er sah gepflegt, aber einfach spiessig aus, dieser Blumenstein. Overdresst, würde man heute sagen. Mit den beiden aus dem Gilet baumelnden Taschenuhrketten und den massigen Manschettenknöpfen wollte er wohl alten Reichtum unterstreichen. Dies signalisierte auch ein goldener Ring mit blutrotem Stein am rechten kleinen Finger, sowie ein alter, protzig wirkender Goldsiegelring am linken Ringfinger.

      Wenn man sich überall ein bisschen umsah, konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass Blumenstein nicht wusste, wo überall er seinen Reichtum verstreuen sollte. Skulpturen auf Steinsockeln oder erlesene Blumengefässe mit entsprechendem grünem Inhalt sorgten in den ausgedehnten Räumlichkeiten und Gängen wenigstens dafür, dass man sich nicht so verloren vorkam.

      Ein Blick durch die offene Tür in den angrenzenden Speise- und Ballsaal zeigte die Ahnengalerie. Blumensteins besonderer Stolz. Er pflegte jeweils immer zu betonen, wie wichtig es sei, Familiengeschichte und Kulturgut zu pflegen. So eine Galerie zeige dem Besucher ohne grosse Worte den gesellschaftlichen Stand. Carl erinnerte sich:

       Dies waren jetzt also seine mehr- oder weniger erfolgreichen Vorfahren? Alle kunstvoll an die Wand gepinselt. Dereinst würde auch er hier hängen. Ja wenigstens gepinselt, und hängen höchstens im Rahmen. Momentan liess aber ein leerer Bilderrahmen an der Wand, etwas links seines Vaters selig ahnen, dass es noch nicht ganz soweit war.

      Blumenstein hatte Carl einmal etwas verschämt gestanden, dass auch er sich unlängst von einem namhaften Porträtisten in Öl hatte malen lassen. Erst nach seinem Tode soll dieses aber gerahmt, und dem erlauchten Kreis der Ahnen angegliedert werden. Es zeigte einen Jakob Blumenstein, etwas gesetzter als heute, und noch gedankenverlorener am Studierpult sitzend als heute schon. Vor sich Zirkel und Vergrösserungsglas in der Hand, beugte er sich über einen Bunsenbrenner. Daneben handgeschriebene, alte und vergilbte Manuskriptrollen aus Pergament. Im Hintergrund gut sichtbar den riesigen, antiken Globus, sein weiterer, besonderer Stolz.

      Unterdessen hatte ein Lakai in goldbedresster Jacke mit unterwürfigem Knicksen eine Flasche alten Armagnacs und zwei bauchige Schwenker auf einem Silbertablett behutsam hingestellt, und sich dann lautlos verdrückt.

      „Na dann Prost mein Freund, und jetzt schiessen Sie endlich los!“ sagte Blumenstein nach dem Einschenken, und rieb sich in Vorfreude auf die kommenden Enthüllungen die dicken Patsch-Händchen.

      Carl schwenkte das Glas und betrachtete wie hypnotisiert den leuchtenden, bernsteinfarbigen und stark duftenden Inhalt. Dicke Tränen rannen am Innenglas herunter, genau so, wie es sein musste. Diese andächtige Betrachtung verhalf ihm zu etwas Abstand für seine kommende, verrückte Geschichte. Er hatte ein wenig Bammel und wusste nicht recht, wie er damit beginnen sollte.

      Carl nahm einen Schluck des köstlichen Nass, und liess ihn im Munde hin und her rollen. Das schnörkellose Aroma dieses herrlichen Brandweins entfaltete sich rasch in seinen Geschmacksknospen. Aber es nützte nichts, auch dieser Augenblick ging vorbei. Noch einmal durchatmen, dann berichtete Carl. Das mit seiner persönlichen Angst erzählte er etwas kürzer, und das Angebot der fremden Wesen dafür etwas mystifizierter, ganz dem Gusto Blumensteins entsprechend.

      Etwas musste Carl ihm zugestehen: Blumenstein unterbrach ihn nicht ein einziges Mal, zog nicht mal die Stirne kraus. Mit grossen Augen folgte er konzentriert den Ausführungen, seufzte zwischendurch und nickte an bestimmten Stellen. Er akzeptierte die fast unglaubliche Geschichte mit der grössten Selbstverständlichkeit,

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