Friedrich Schiller – Basiswissen #02. Bert Alexander Petzold

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Friedrich Schiller – Basiswissen #02 - Bert Alexander Petzold Basiswissen

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       1. Schiller, bedeutender deutscher Dramatiker und Lyriker

      Heute sind Schillers Werke der Inbegriff des deutschen Literaturkanons und fester Teil der Schulbildung. Sie formten die deutsche literarische Klassik-Epoche und erfreuten sich schon zu Schillers Lebzeiten einer Bekanntheit, die nicht einmal dem Freund Johann Wolfgang von Goethe zuteilwurde. Direkt nach seinem frühen Ableben im Jahr 1805 begann eine Euphorie um die Persönlichkeit Schiller und seine Werke, die in den Folgejahren eine gewisse Verzerrung mit sich brachte.

      So wurde die Weimarer Klassik um Goethe und ihn vor allem während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gezielt hochstilisiert und abgegrenzt, um Kaiser Wilhelm II. eine kulturelle Grundlage für seine Reichsvereinigung zu liefern. Gleichzeitig wurde Schiller gewissermaßen Opfer seiner eingängigen, klaren und direkten Sprache, denn viele seiner Dramen, Balladen und Gedichte beinhalten Ein- und Zweizeiler, die auch außerhalb des Kontexts Sinn machen und schlichtweg gut klingen. So wurden Zitate aus seinen Werken bereits kurz nach seinem Tod vielfach für allerlei Belange zweckentfremdet. Nicht ganz ein Jahr nach seinem Tod zum Beispiel wurde anonym die Sammlung „Schiller’s Aphorismen, Sentenzen und Maximen, über Natur, Kunst, Welt und Menschen“ veröffentlicht, die sich großer Beliebtheit und mehrerer Auflagen erfreute.

      Schiller wurde vor allem durch das Bürgertum im 19. Jahrhundert stark in Anspruch genommen, denn die Zeiten waren unsicher und die Werke Schillers lieferten eine nachvollziehbare Ethik, orientiert an gewissermaßen unantastbaren Vorbildern. Dabei waren vor allem die späteren Werke – unter den Dramen „Wallenstein“, „Maria Stuart“, „Die Jungfrau von Orleans“, „Die Braut von Messina“ und „Wilhelm Tell“, in der Lyrik „Die Kraniche des Ibyskus“, „Die Bürgschaft“ und „Das Lied von der Glocke“ – Zeugnis der meisterhaften Beherrschung seines Handwerks, die eben jene noch eingängiger machten.

      Diese Werke waren auch repräsentativ für die Produktivität der einzigartigen Freundschaft zwischen Goethe und ihm, die ungeachtet aller politischen Instrumentalisierung wirklich sehr besonders war und während dem Sturm und Drang und der Romantik sozusagen im Alleingang eine Rückverortung der deutschen Literaturszene in die Klassik mit sich brachte.

      Schon zu Beginn der Freundschaft 1794 hatten sich beide ausdrücklich zum Ziel gemacht, jene Stürmer und Dränger und Romantiker, die in den Augen beider nicht mehr als Unterhaltungsliteratur fabrizierten, zu Gunsten ihrer Weimarer Klassik zurückzudrängen. Zwischen beiden bestand der Konsens, dass Literatur dem antiken Bildungsideal der „schönen Seele“ dienen sollte, anstatt bloß zu belustigen. Wie ernst sie es damit meinten, bewiesen sie 1796 mit ihren berühmt-berüchtigten „Xenien“ – zweizeilige Schmähgedichte, die nicht weniger als ein Rundumschlag gegen die zeitgenössische Literaturszene waren.

      Natürlich war auch Schiller Kind seiner Zeit und in jungen Jahren Stürmer und Dränger durch und durch. Ganz dieser Phase verschrieben war sein Debüt 1781, „Die Räuber“, welches im Endeffekt einen spektakulären und für die Zeit ganz und gar unkonventionellen Lebenslauf anstieß, der bedauerlicherweise ebenso kurz und von chronischer Geldsorge und gesundheitlicher Fragilität geprägt war wie eben von seiner Genialität.

      Blickt man also heute auf Schiller, war sein später, aber anhaltender Ruhm sicherlich zurückzuführen auf seine Fähigkeit, den Zeitgeist zu lesen und Stücke für die Menschen zu schreiben, die sich aber nicht einfach der Sensationslust unterwarfen, sondern kritisch tiefgreifende Bedürfnisse der Zeit aufarbeiteten, ohne dabei kryptisch zu werden. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass Schiller zu einer historisch immens bewegten Zeit gelebt und gearbeitet hat, die nach seinem Tod nur noch weiter an Fahrt aufnehmen sollte. In dem Sinne reichen die Versuche, Schiller als „kulturelles Kapital“ zu verwenden, von der jüngsten Geschichte Deutschlands bis zum Anfang der 1840er, keine 35 Jahre nach seinem Dahinscheiden.

       2. Familie, Kindheit und Jugend (1759–1777)

      Am 10. November 1759 wurde Johann Christoph Friedrich Schiller in Marbach am Neckar als zweites Kind seiner Eltern Johann Caspar und Dorothea geboren. Das Geburtshaus, gelegen inmitten der ländlichen Neckar-Idylle, ist bis heute in minutiösem Zustand erhalten. Schiller hatte drei Schwestern: die zwei Jahre ältere Christophine, die nach ihm gefolgte Luise und die jüngste, Nanette.

      Die Schillers lebten in bürgerlich-bescheidenen Verhältnissen. Elisabetha Dorothea Kodweiß, geboren am 13. Dezember 1732, war Wirtstochter. Johann Caspar Schiller, geboren am 27. Oktober 1723, war der Sohn eines Schultheißen, einer Art Gemeindevorsteher. Ursprünglich war Johann Caspar ambitioniert zu studieren, doch das frühe Ableben seines Vaters durchkreuzte diese Pläne. Aus der Not heraus folgte ein für die damalige Zeit spektakulärer Lebenslauf.

      Die Arbeit auf dem Feld und die Ausbildung zum Barbier hatten sich schnell als wenig rentabel herausgestellt, weshalb er zum Militär wechselte, wo er als Wundarzt ausgebildet wurde sowie als Feldscher – ein Heilkundiger, der Verwundungen von Soldaten chirurgisch versorgte. Nach seiner Teilnahme am Siebenjährigen Krieg im bayrischen Regiment ließ er sich in Marbach als Wundarzt nieder. Hier lernte er Dorothea kennen, die Hochzeit folgte am 22. Juli 1749, Dorothea war sechzehn, Johann Caspar fünfundzwanzig.

      Seinem Studienwunsch kam der junge Wundarzt durch seine Ausbildung nicht näher, da die feldmedizinische Ausbildung damals keinen akademischen Hintergrund hatte – sie verhalf ihm aber dabei, 1753 als Soldat in die Dienste des württembergischen Herzogs Karl Eugen einzutreten. Im Dienst des Herzogs machte er Karriere bis zum Rang des Offiziers. Nebenbei erarbeitete Johann Caspar zahlreiche Verbesserungen für die Landwirtschaft, weswegen ihm 1775 die Leitung der höfischen Baumschule übertragen wurde. Johann Caspars Arbeit verbesserte den Obstgewinn im gesamten Herzogtum nachhaltig, man kann sich also unschwer vorstellen, dass der Herzog durchaus gut auf die Schillers zu sprechen war. Trotzdem ist mitnichten von einer Art persönlichen Beziehung die Rede, denn die Schillers waren weiterhin nur Kleinbürgerliche.

      Eine solche Reputation wollte bewahrt werden, und so profilierte sich der intelligente Lutheraner in der Erziehung als strenger und rigoroser Vater, der vor allem gegenüber dem einzigen Sohn eine Erwartungshaltung an den Tag legte, die oft nur schwer zu befriedigen war. Vor allem aber wusste er den Wert guter Bildung zu schätzen und war von Anfang an bedacht, Johann Friedrich einmal die beste Lehre zu bieten. Dorothea, die zwar mit ihrer liebevollen Nachsicht mildere Töne in den Haushalt trug, vermochte es nie, als Gegenpol zu Johann Caspars dominantem Einfluss zu agieren. Im Endeffekt jedoch wird der prägnanteste Einfluss weder von der Mutter noch von dem Vater ausgehen, sondern vom Herzog von Württemberg, Karl Eugen.

      Zuerst aber zog die Familie Schiller von der Dauerresidenz in Marbach nach Lorch. Johann Friedrich besuchte zum ersten Mal die Schule und musste bereits mit sechs Jahren Latein lernen. Die Studien beim Pastor Moser waren anspruchsvoll, Johann Friedrich wurde früh mit konsequenter Arbeitsdisziplin vertraut. Mit acht Jahren siedelte die Familie nach Ludwigsburg um. Die Kleinstadt in der Nähe des Schlosses Solitude galt als Haupt- und Lieblingsresidenz des Herzogs. Stuttgart war zwar die Landeshauptstadt, Ludwigsburg aber hatte Karl Eugen nach seinem Geschmack geformt. Hier war auch die militärische Pflanzschule, mithilfe dessen er eine Bildungselite heranzog, die den Prunk seiner Kleinstadt bezahlen sollte.

      Der Lateinunterricht hatte frühe Ambitionen beim jungen Schiller geweckt, er träumte vom Studium und der Professur. Zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich in Deutschland durchaus einiges getan. So war es mittlerweile auch für Söhne aus bürgerlichen Familien möglich zu studieren. Gleichzeitig musste das kostspielige Studium üblicherweise aus eigener Tasche bezahlt werden. Die einzige Ausnahme dazu machte das Theologiestudium, für das die Kirche die Kosten trug. Eine Zwickmühle, denn die KlerikerAusbildung kam für Johann Friedrich eigentlich nicht in Frage. Zu diesem Zeitpunkt trat der Herzog in sein Leben.

      Sicherlich

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