Die NATO. Falk Ostermann

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Die NATO - Falk Ostermann

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Russland und den NATO-Staaten verschlechterten sich seit 2006 im Zuge der russischen Unterstützung von Unabhängigkeitsbewegungen in zwei georgischen Teilrepubliken, Abchasien und Südossetien, die bis zum militärischen Eingreifen Moskaus zum Zurückschlagen georgischer Kräfte im Jahr 2008 führte. Die USA favorisierten eine NATO-Mitgliedschaft GeorgienGeorgien(krieg)s (und der Ukraine), worauf Russland nicht gut zu sprechen war (Hill 2018, Kap. 8). NRC-Treffen wurden bis zum Frühjahr 2009 eingestellt. Zu einer noch deutlicheren Verschlechterung der Beziehungen führte die Invasion der KrimUkraine/Krim(krise) ab Februar 2014 mit ihrer völkerrechtswidrigen Annexion und der darauf aufbauende Konflikt im Osten der Ukraine. Durch die gewaltsame Veränderung von Grenzen hat sich eine neue Bedrohungsperzeption in der Allianz entwickelt. Alle Kooperationsformate mit Russland wurden von April 2014 bis 2016 komplett eingestellt. Die Arbeit des NRC läuft seit 2016 mit wenigen Sitzungen pro Jahr und der Feststellung gegenseitiger Uneinigkeit bzgl. der Ukraine, SyrienSyrien(krieg)s und RüstungskontrollRüstungskontrollee langsam wieder an (NATO 2019 l, p). Nichts kann jedoch im Moment darüber hinwegtäuschen, dass die Beziehungen auch mit Blick auf die russischen Einmischungsversuche in politische Prozesse der NATO-Staaten auf einem Tiefpunkt angelangt sind (s. Kap. 4.4, 7; Hill 2018, 370ff.).

      2.3.6 Die Parlamentarische Versammlung

      WenngleichParlamentarische Versammlung (NATO-PA) formal nicht Teil der NATO-Strukturen, existiert seit 1955 eine Parlamentarische VersammlungParlamentarische Versammlung (NATO-PA) (NATO-PA) aus Mitgliedern der nationalen Parlamente der NATO-Mitgliedstaaten. Seit 1979 tagt die Parlamentarische VersammlungParlamentarische Versammlung (NATO-PA) an rotierenden Orten zweimal jährlich und arbeitet ähnlich nationaler Volksvertretungen auch dazwischen in Ausschüssen. Die Grundsatzidee ist, Parlamentarier*innen in NATO-Themen einzubinden und den transatlantischen Austausch demokratisch legitimierter Vertreter*innen zu fördern, womit die Versammlung das in der Präambel und Art. 2 des NordatlantikvertragNordatlantikvertrags vorgesehene Wertefundament und transatlantische Solidarität betont. Seit 1967 bestehen formale Kontakte zur NATO durch Besuche des GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatärs und seinen Stellungnahmen zu Empfehlungen der Versammlung. Die Versammlung war eine Vorreiterin der Integration der östlichen Staaten Europas nach 1991, die früh einen Beobachterstatus bekamen (Flockhart 2004). Die NATO-PA unterhält auch Kontakte zu weiteren Staaten und Versammlungen anderer Organisationen (EU, OSZE, Europarat; Marschall 2005, 164f., 198ff.; NATO-PA o. J.-a, b).

      Die Parlamentarische VersammlungParlamentarische Versammlung (NATO-PA) der NATO ist eine so genannte interparlamentarische Versammlung. Das heißt, dass ihre Mitglieder ein parlamentarisches Mandat auf höchster nationaler Ebene ausüben und in die PA proportional zu ihrer Vertretung in nationalen Parlamenten entsandt werden (Habegger 2005, 20; Marschall 2005, 22f.). 2020 gehören der NATO-PA 266 Mitglieder an, wobei die verschiedenen Nationen je nach Bevölkerungsstärke unterschiedlich starke Delegationen entsenden (Marschall 2005, 237f.; NATO-PA o. J.-b).1 Die fachliche Arbeit wird im Wesentlichen in fünf Ausschüssen geleistet:

       Zivile Sicherheitsfragen (Civil Dimension of Security);

       Verteidigung und Sicherheit (Defence and Security);

       Wirtschaft und Sicherheit (Economics and Security);

       Politischer Ausschuss (Political Committee);

       Wissenschaft und Technologie (Science and Technology).

      Diese Ausschüsse sind teils weiter unterteilt und befassen sich mit Herausforderungen und Politiken der Allianz in ihren jeweiligen Kompetenzbereichen. Wie in Parlamenten üblich, verfassen diese Ausschüsse Berichte zu spezifischen Themen sowie auf der Annual Session im Herbst Handlungsempfehlungen, die an den Nordatlantikrat, den NATO-GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatär und die nationalen Regierungen weitergeleitet werden (NATO-PA o. J.-b). Der NACNordatlantikrat (NAC) kann ebenfalls Anfragen zu Stellungnahmen an die NATO-PA stellen (Marschall 2005, 165). In der Regel spricht der NATO-GeneralsekretGeneralsekretär/ -sekretariatär vor der Versammlung, antwortet für die Allianz auf deren Handlungsempfehlungen und unterstützt die NATO-PA mit seiner Expertise (ibid., 200f.). Die Versammlung führt zudem Seminare und Dialogforen mit Partnerinstitutionen und -ländern durch (Flockhart 2004, 371ff.; NATO-PA o. J.-b). Die PA erfüllt die wichtige Funktion, die Volksvertretungen an einer gemeinsamen Meinungsbildung im transatlantischen Raum teilhaben zu lassen und so das gesellschaftliche Fundament der Allianz zu untermauern (kritisch s. Šabič 2013, 2016).

      2.4 NATO-Kapazitäten und Verteidigungsplanung: Getrennt und gemeinsam

      ImKapazitäten (militärische) Gründungsmoment der NATO wurde die Schaffung gemeinsamer militärischer KapazitätenKapazitäten (militärische) zwar angedacht (s. Art. 3, 5 NordatlantikvertragNordatlantikvertrag), die akuten Umstände führten aber zunächst zum Rückgriff auf vorhandene KapazitätenKapazitäten (militärische) der Alliierten und deren Koordination. Bis heute entscheiden Nationalstaaten zwar NATO-koordiniert, aber meist unabhängig, welche militärischen KapazitätenKapazitäten (militärische) sie vorhalten wollen, ob sie z. B. FähigkeitenKapazitäten (militärische) entlang des kompletten militärischen Aufgabenspektrums – also von LandesverteidigungLandesverteidigung über KrisenmanagementKrisenmanagementmissionen bis hin zur Expeditions- und Kriegsfähigkeit1 – haben oder AtomwaffenAtomwaffen besitzen wollen. Einerseits wird so das Demokratieprinzip umgesetzt, das vor allem in der Bundesrepublik Deutschland die Streitkräfte einer strikten parlamentarischen Kontrolle unterzieht und das Budgetrecht bei den nationalen Parlamenten belässt. Andererseits entstehen durch diese nationalen Entscheidungsprozesse aber Probleme für eine gemeinsame Verteidigungsplanung. Dies kann z. B. das Fehlen bestimmter FähigkeitenKapazitäten (militärische) sein (europäische LufttransportLufttransportkapazitäten sind lange schon ein wunder Punkt), eine starke Unterentwicklung von Teilstreitkräften (wie Panzer gegenüber Russland) oder im umgekehrten Fall die Duplizierung von KapazitätenKapazitäten (militärische) (z. B. die Existenz verschiedener Waffensysteme für denselben Zweck, wie Jagdflugzeuge). Nicht zuletzt stecken dahinter nationale industriepolitische Entscheidungen oder Sorgen um die Wahrung nationaler Souveränität. Letzterer Punkt ist vor allem für Mächte wie Frankreich, Großbritannien oder die USA, die sich entschlossen haben, das volle Spektrum militärischer FähigkeitenKapazitäten (militärische) aufrechtzuhalten, relevant.

      Aufgrund enger gewordener finanzieller Spielräume haben sich verschiedene Staaten mittlerweile entschlossen, FähigkeitenKapazitäten (militärische) gar nicht vorzuhalten, zu poolen oder gemeinsam zu entwickeln. Ein Extremfall ist IslandIsland, das mit Ausnahme einer Küstenwache komplett auf ein eigenes Militär verzichtet und von NATO-Verbündeten Unterstützung bei der LandesverteidigungLandesverteidigung erhält. Der Luftraum einiger Staaten wird von den Alliierten gemeinsam überwacht, wenn die Länder nicht über eigene Luftwaffen verfügen (NATO 2019d). Belgien und die Niederlande koordinieren ihre Marinekräfte seit den 1950er Jahren bereits sehr eng (BENESAM-Abkommen, Sauer 2015). Diese Art der Zusammenarbeit wird als pooling bezeichnet, weil die Staaten nationale KapazitätenKapazitäten (militärische) zwar erhalten (sowohl die Niederlande als auch Belgien haben Fregatten und Minenräumboote), aber sie nur noch gemeinsam nutzen und führen. Eine wiederum andere Form der Zusammenarbeit ist die bi- oder multinationale Entwicklung spezifischer Waffensysteme, wie die deutsch-französisch-spanische Kooperation für das FCAcounterinsurgencyS-Jagdflugzeug (Future Combat Air SystemFCAS-Jagdflugzeug) oder der seit den 1980er Jahren von denselben Ländern entwickelte TigerTiger-Helikopter-Kampfhubschrauber. Die Projekte unterliegen meist spezifischen Vereinbarungen. Das FCAcounterinsurgencyS ist somit nicht etwa ein von der NATO entwickeltes Kampfflugzeug, sondern eines der Mitgliedstaaten, das zudem in Konkurrenz zu Produkten anderer Alliierter steht, wie z. B. dem F35F35-Jagdflugzeug Joint Strike FighterF35-Jagdflugzeug, der unter Leitung der USA mit vielen anderen NATO-Alliierten und befreundeten Staaten entwickelt wurde. Nationale industriepolitische Aspekte (und manchmal auch PrestigePrestige, Status) werden an diesen Beispielen klar.

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