Soziale Arbeit. Johannes Schilling
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Sozialarbeit und Sozialpädagogik hatten im Mittelalter und zum Beginn der frühen Neuzeit noch die gleichen geschichtlichen Wurzeln. Denn im Mittelalter unterschied man noch nicht zwischen Hilfe für Erwachsene und Kinder bzw. Jugendliche. Seit der frühen Neuzeit konzentrierte man sich jedoch zunehmend gesondert auf Kinder und Jugendliche und versuchte sie vorbeugend vor Verwahrlosung zu schützen. Diese beiden Linien, Erwachsenen- und Jugend-Fürsorge, haben sich eine Zeit lang auseinander entwickelt. Jeweils eigene Hilfe-Modelle wurden entworfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sie sich dann zunächst allmählich, mittlerweile jedoch wieder soweit aufeinanderzubewegt (sie konvergieren), dass man zwar immer noch vielfach von Sozialarbeit/Sozialpädagogik, aber zunehmend nur noch von Sozialer Arbeit spricht, in der beide historische Entwicklungslinien zusammengeflossen sind (Abbildung 6). Wie diese Entwicklung verlaufen ist, werden die weiteren Kapitel näher beleuchten. |
Abbildung 6: Hilfeleistungen
Lösungsvorschlag zur 1. Praxis-Situation: Problem – Hilfe
Vielleicht kann man Frau Stark folgendermaßen helfen:
Zuerst könnte man ihr bestätigen, dass sie stolz auf sich sein kann. Wie gut sie ihre Familie organisiert hat und dass sie zu Recht unabhängig bleiben möchte. Als zweites könnte man ihr aufzeigen, dass sie nicht versagt hat. Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist kein Eingeständnis, dass man die anstehenden Aufgaben nicht auch alleine meistern kann. Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist keine Schande und kein Zeichen von Schwäche oder Versagen. Nach Hilfe zu bitten, gehört zu unserem Alltag, begleitet uns ständig. Ich bitte die Schuhverkäuferin oder den Versicherungsfachmann um Rat, frage in einer fremden Stadt einen Passanten nach einer Straße, suche im Internet nach Informationen über ein Medikament oder ein Krankheitsbild. Umso komplizierter unsere Gesellschaft wird, desto mehr benötige ich Informationen, d.h. Hilfe. Alle diese Beispiele sollen aufzeigen: Hilfe ist eine Urkategorie, sie gehört zum menschlichen Leben. Drittens könnte man bei Frau Stark nachfragen, ob sie sich aus eigener Erfahrung oder nur vom Hörensagen ein Bild vom Jobcenter gemacht hat. Frau Stark sollte vermittelt werden, dass es am besten ist, wenn sie sich ein eigenes Urteil über das Jobcenter bildet. Vielleicht sind die MitarbeiterInnen des Jobcenters ja doch sehr kompetent, können zuhören und sind ehrlich bemüht, Hilfe anzubieten. Absagen könnte Frau Stark dann ja immer noch. Ihr kann deutlich gemacht werden, dass sie über ihr Leben selbstverständlich selbst entscheidet. Diese aufgeführten Überlegungen helfen Frau Stark vielleicht. Eventuell haben Sie aber auch völlig andere Gedanken und würden das Gespräch ganz anders gestalten. Ein Richtig oder Falsch gibt es in der Beratung nicht. Wichtig ist, Frau Stark zu helfen, die Entscheidung zu finden und zu treffen, die für sie die nützlichste ist und die ihr Selbstbewusstsein stärkt.
Lösungsvorschlag zur 2. Praxis-Situation: Privates Problem – Soziales Problem
Solange Familie Müller ihre Probleme selbst zu lösen versucht, oder ihr Familienangehörige, Verwandte, FreundInnen oder NachbarInnen dabei helfen, bleiben es zunächst private Probleme. Ein soziales Problem liegt erst dann vor, wenn die Situation eine Form annimmt, die öffentlich bzw. gesellschaftlich als veränderungsbedürftig angesehen wird und hierfür entsprechende Hilfeangebote eingerichtet werden. Dies könnte z. B. bei Erziehungsproblemen der Fall sein, die Gewalt in der Familie nach sich ziehen. In diesem Fall könnte Familie Müller öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen, z. B. zum Jugendamt gehen oder eine Beratungseinrichtung aufsuchen, um sich professionell helfen zu lassen. Wie die Hilfe bei sozialen Problemen konkret gestaltet wird, kommt darauf an, ob es sich um Hilfe im primären, sekundären oder tertiären Bereich handelt.
Hering, S., Münchmeier, R. (2014): Geschichte der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. 5., überarb. Aufl. Beltz Juventa, Weinheim
Müller, C. W. (2013): Wie Helfen zum Beruf wurde. Eine Methodengeschichte der Sozialen Arbeit. 6. Aufl. Beltz Juventa, Weinheim
Niemeyer, C. (2010): Klassiker der Sozialpädagogik. 3., aktual. Aufl. Beltz Juventa, Weinheim
Zeller, S. (2006): Juan Luis Vives (1492–1540). (Wieder)Entdeckung eines Europäers, Humanisten und Sozialreformers jüdischer Herkunft im Schatten der spanischen Inquisition. Lambertus, Freiburg
1. Warum sollten sich SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen mit der Geschichte ihres Berufsbildes beschäftigen?
2. Was besagt die Kernaussage: Hilfe ist eine Urkategorie des menschlichen Handelns?
3. Was war der Grund für die Entstehung der öffentlichen Fürsorge?
4. Wodurch unterscheidet sich die Erwachsenen-Fürsorge von der Jugend-Fürsorge?
5. Welche Einstellung hatten die Menschen im Mittelalter zum Betteln?
6. Wie bewertet Martin Luther das Betteln?
7. Welche zentralen Aussagen enthält das Modell der Armenpflege von Juan Luis Vives?
8. Worum ging es den Nürnberger Bettel- und Armenordnungen?
9. Worin unterscheidet sich das Straßburger System vom Elberfelder System?
10. Was beinhalten die Bismarckschen Sozialgesetze?
11. Welche Veränderung erfuhr die Fürsorge im Ersten Weltkrieg?
12. Wie wurde in der Weimarer Republik die Fürsorge/Wohlfahrtspflege geregelt?
13. Worum ging es Alice Salomon in ihrem theoretischen Modell?
14. Worin bestand im Nationalsozialismus der „Paradigmenwechsel“ der Weimarer Wohlfahrtspflege?
15. Wie wird Armut definiert?
16. Was versteht man unter Armutsgefährdungsquote?
17. Durch welche gesetzlichen Grundlagen versuchte man nach dem zweiten Weltkrieg, die Probleme der Armut in den Griff zu bekommen?
18. Inwiefern hat sich der Begriff „Armut“ verändert?
19. Inwiefern hat sich der Begriff „Hilfe“ verändert?
20. Was versteht man unter primärer, sekundärer und tertiärer Hilfe?
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