Allgemeine Staatslehre. Alexander Thiele

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ohne die eine Beschreibung und Analyse des Status quo der heutigen (modernen) Staatenwelt und möglicher Transformationen letztlich nicht möglich ist[56] – trotz der polemischen und eher einer persönlichen Abneigung geschuldeten Bedenken, die Egon Friedell gegenüber der Geschichtswissenschaft geäußert hat.[57] Zum anderen umfasst die Allgemeine Staatslehre auch die normwissenschaftliche, rechtswissenschaftliche Perspektive; sie ist auch normative Wissenschaft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Allgemeine Staatslehre dadurch zum Aliud der Staatswissenschaften wird (denen es gerade an dieser Perspektive mangelt) oder – wofür Roman Herzog plädiert hat – sie als Unterdisziplin der umfassend zu verstehenden Staatswissenschaften[58] anzusehen ist.[59] Entscheidend ist, dass eine Untersuchung des modernen Staates ohne diese normative Perspektive keine Allgemeine Staatslehre im hier verstandenen Sinne sein kann. Die Allgemeine Staatslehre strebt vielmehr gerade an, die im Positivismus (für den der ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstehende Verfassungsstaat im Zentrum stand)[60] begründete Aufspaltung in eine soziale Staatslehre einerseits und eine normative Staatsrechtslehre andererseits rückgängig zu machen und beide Seiten der „staatlichen Medaille“ wieder zusammenzuführen – so wie dies in der Hochphase der Allgemeinen Staatslehre zu Beginn des 19. Jahrhunderts beinahe selbstverständlich der Fall war.[61] Angesichts dieser |10|doppelten Ausrichtung erscheint es aber losgelöst von vermeintlichen „Fachegoismen“ wenig überzeugend, eine Umbenennung der Allgemeinen Staatslehre in „Politikwissenschaft“[62] zu einer zweitrangigen Frage zu erklären.[63] Begrifflichkeiten sind zur Abgrenzung und Systematisierung der Wissenschaftszweige ebenso wie zur Vermeidung von Verständnisproblemen innerhalb des Wissenschaftsraumes nicht beliebig und austauschbar – auch wenn zuzugeben ist, dass diese bisweilen historischen Zufälligkeiten geschuldet sind und es allein auf das materielle Verständnis und die behandelten Fragestellungen ankommen kann. Gerade der Begriff der Politikwissenschaft dürfte sich aber so etabliert und ausdifferenziert haben, dass seine Gleichsetzung mit der (sozial-normativen) Allgemeinen Staatslehre auf Seiten aller Beteiligten eher für Verwirrung, zumindest aber Verwunderung sorgen dürfte.

      Fußnoten

       41

      Vgl. auch T. Vesting, Staatstheorie, Rn. 16ff.

       42

      H.H. von Arnim, Ist Staatslehre möglich?, JZ 1989, 157 (158).

       43

      Vgl. C. Möllers, Staat als Argument, S. 419.

       44

      Vgl. auch C. Möllers, Staat als Argument, S. 419.

       45

      H.H. von Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, S. 10.

       46

      C. Möllers, Staat als Argument, S. 419.

       47

      Dass die Zusammenführung gegenwärtig mehr oder weniger methodenfrei abläuft ist allerdings ein Kritikpunkt, der nicht von der Hand zu weisen ist. Siehe dazu sogleich.

       48

      C. Möllers, Staat als Argument, S. 419.

       49

      Vgl. M. Payandeh, Allgemeine Staatslehre, in: J. Krüper (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, § 4, Rn. 2.

       50

      In zahlreichen Lehrbüchern kommen ökonomische Aspekte, nicht zuletzt die Frage nach der Finanzierung des Staates, allerdings nur sehr verkürzt oder überhaupt nicht vor. Hier besteht insofern zweifellos Forschungsbedarf aus der Perspektive der Allgemeinen Staatslehre. Vor allem aktuelle wirtschaftswissenschaftliche Entwicklungen – etwa zur Bewertung der Staatsverschuldung – werden allenfalls rudimentär zur Kenntnis genommen.

       51

      Zur Methodenkritik auch gleich noch unten.

       52

      Vgl. T. Vesting, Staatstheorie, Rn. 36.

       53

      Siehe auch R. Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 1.

       54

      H.H. von Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, S. 5.

       55

      Einführend dazu E. Özmen, Politische Philosophie, 2013.

       56

      Speziell zum historischen Staatsverständnis zuletzt auch G. Metzler, Der Staat der Historiker, 2019.

       57

      E. Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit, S. 24ff. Friedell spricht der Geschichtswissenschaft dabei im Ergebnis jede Wissenschaftlichkeit ab, aaO, S. 26: „Wir gelangen demnach zu dem Resultat: sobald die referierende Geschichtsschreibung versucht, eine Wissenschaft zu sein, hört sie auf objektiv zu sein, und sobald sie versucht, objektiv zu sein, hört sie auf, eine Wissenschaft zu sein.“ Diese Einschätzung wird hier nicht geteilt, sie sei aber zur nicht ernstgemeinten Provokation befreundeter HistorikerInnen gleichwohl zitiert.

       58

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