Klimatologie. Stefan Brönnimann
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Im oberen Teil einer Wolke liegen die Temperaturen oft weit unter dem Gefrierpunkt. Reine Wassertropfen brauchen allerdings sehr hohe Unterkühlung, um zu gefrieren (homogenes Gefrieren). Auch hier spielen Aerosole eine Rolle. Als Eiskeime können sie heterogenes Gefrieren auslösen. Wenn ein unterkühltes Wolkentröpfchen mit einem solchen Kern kollidiert (oder bereits einen solchen enthält), kann es bereits bei wenigen Minusgraden gefrieren. Wasser kann sich auch direkt an Aerosole anlagern. Eiskeime sind allerdings selten, sodass oft sehr hohe Übersättigungen beziehungsweise Unterkühlungen erreicht werden. Nicht alle Kondensationskerne sind auch gute Eiskeime. Typische Eiskeime sind Tonmineralien, aber auch biologische Aerosole wie Pollen und Sporen.
Für das weitere Wachstum ist nun entscheidend, dass der Sättigungsdampfdruck über Eis geringer ist als über Wasser (vgl. → Abb. 2-12).
Bergeron-Findeisen-Prozess: Eiskristalle wachsen auf Kosten der Wassertröpfchen
Wasserdampf lagert sich deshalb bevorzugt an Eis an. Wenn ein Luftpaket sowohl Eiskristalle als auch Wassertröpfchen enthält, kann sich die Feuchtigkeit in einem Bereich einpendeln, in welchem die Luft bezüglich des flüssigen Wassers untersättigt ist, also Wasser verdunstet wird, während sie gleichzeitig in Bezug auf Eis übersättigt ist, also dort Eis angelagert wird. Als Resultat wachsen die Eiskristalle auf Kosten der Wassertropfen. Diese Tatsache ist uns aus dem Alltag bekannt: Ein schlecht abgetauter Kühlschrank mit einem stark vereisten Kühlaggregat wird dem im Kühlschrank gelagerten Salat Wasser entziehen, der Salat trocknet aus, während das Eis am Kühlaggregat schnell zunimmt. Nach seinen Entdeckern wird der Vorgang Bergeron-Findeisen-Prozess oder auch Wegener-Bergeron-Findeisen-Prozess genannt (zu Wegener vgl. → Box 10.2).
Durch Anlagerung und Gefrieren kleinster Wassertröpfchen an vorhandene Eiskristalle entstehen Schneeflocken. Diese können zu umfangreicheren Größen heranwachsen als Wassertropfen. Fallen sie aus der Wolke, dann schmelzen sie beim Durchgang durch die wärmeren Luftschichten. Die Tropfen können weitere Tropfen anlagern oder wieder in kleinere Tröpfchen zerfallen. Die Tropfen, welche die Erdoberfläche erreichen, sind bei diesen Niederschlagsformen aber größer als bei Niederschlag aus reinen Wassertröpfchen. Typische Gewitterregen laufen auf diese Weise ab.
Abb. 2-12 |Sättigungsdampfdruck über Eis und über Wasser.
Abb. 2-13 |Schematische Darstellung der Prozesse bei der Wolken- und Niederschlagsbildung.
Wolkenteilchen können auch mehrmals durch einen solchen Zyklus laufen, weil sie immer wieder von Aufwinden nach oben getragen werden. So können große Hagelkörner heranwachsen.
Der gesamte Prozess der Wolken- und Niederschlagsbildung mit Eisphase ist in → Abb. 2-13 zusammengefasst. Sie zeigt links ein aufsteigendes Luftpaket, in welchem Wolkenkondensationskerne aktiviert werden (d.h., Wasser angelagert wird), dann Tröpfchen gebildet werden, welche durch Kollision und Zusammenfließen weiter wachsen. Im kalten Teil der Wolke ermöglichen Eiskeime das Gefrieren. Dann kommt der Bergeron-Findeisen-Prozess zum Tragen. Das direkte Gefrieren von Wassertropfen kann nur bei sehr tiefen Temperaturen, also in großer Höhe erfolgen. Die Schneeflocken wachsen in der Wolke durch Anlagern von Wasserdampf und unterkühlten Wassertröpfchen. Beim Fallen durch den warmen Teil der Wolke schmelzen die Schneeflocken. Unterhalb der Wolke schließlich kommt es zur Verdunstung, wenn die Luftfeuchtigkeit entsprechend gering ist.
2.5 | Die Clausius-Clapeyron-Beziehung
Die Abhängigkeit des Sättigungsdampfdrucks von der Temperatur haben wir für die Wolkenbildung eingangs angesprochen. Nur deshalb führt Aufsteigen zum Kondensieren. Die Bedeutung dieser Abhängigkeit, der sogenannten Clausius-Clapeyron-Beziehung, geht aber weit über die Wolkenbildung hinaus. Sie ist eine der fundamentalen physikalischen Grundlagen des Klimasystems, denn diese Beziehung verknüpft die Frage der Energie mit derjenigen der Massenflüsse (Wasserdampf) und schließlich mit der atmosphärischen Zirkulation.
Clausius-Clapeyron: Pro °C Erwärmung nimmt die Feuchte um 7 % zu
In einfachster Form ausgedrückt besagt die Clausius-Clapeyron-Beziehung, dass der Sättigungsdampfdruck pro 1 K Temperaturzunahme um ca. 7 % ansteigt (→ Abb. 2-14). Das bedeutet, dass warme Luft mehr Wasserdampf enthalten kann als kalte Luft (oft wird gesagt, warme Luft kann mehr Wasserdampf «aufnehmen», allerdings ist es nicht die Luft, die Wasserdampf «aufnimmt»; dasselbe würde der Fall sein, wenn es in der Atmosphäre nur Wasserdampf gäbe).
Etwas genauer sagt die Gleichung, dass eine Änderung des Sättigungsdampfdrucks es abhängig ist von der spezifischen Verdampfungsenthalpie (Lv für Wasser bei 20 °C: 2453 kJ kg–1, vgl. → Tab. 4-1) und der Temperatur T (RW ist die spezifische Gaskonstante für Wasser, 461.4 J kg–1 K–1; in → Kap. 4 gehen wir näher auf die Gaskonstante ein):
Für Temperaturen zwischen 0 und 20 °C ergibt sich daraus eine Zunahme von es um 6–7 % K–1. Diese Beziehung hat weitreichende Folgen für die Art und Weise, wie die Atmosphäre Energie transportieren kann. Wenn die Verdunstung nicht limitierend ist und die relative Feuchte konstant bleibt, dann wird um 1 K erwärmte Luft um 7 % feuchter. Entsprechend wird sie auch sehr viel energiereicher. Damit werden die Energieströme bei gleichbleibender Zirkulation viel größer. Dies wiederum hat Folgen für die atmosphärische Zirkulation und deren Aufgabe, Energieunterschiede auszugleichen.
Abb. 2-14 |Abhängigkeit des Sättigungsdampfdrucks für Wasserdampf von der Temperatur: die Clausius-Clapeyron-Beziehung.
Wenn mehr Wasserdampf transportiert wird und kondensiert, wird auch mehr Energie freigesetzt. Diese muss letztlich abgestrahlt werden. Die Abstrahlung nimmt gemäß dem Stefan-Boltzmann-Gesetz (vgl. → Kap. 3) mit der Temperatur nur um ca. 1.4 % K–1 zu. Dazu kommen zwar komplizierte Rückkopplungseffekte, doch letztlich kann die Strahlungszunahme nicht mit der Clausius-Clapeyron-Zunahme mithalten. Die frei werdende Energie erwärmt die obere Troposphäre stärker als die bodennahen Schichten und führt somit – im zeitlichen Mittel – zu einer Stabilisierung der Atmosphäre (vgl. → Kap. 4). Das betrifft auch die Zirkulation und den Energietransport durch die Atmospäre, zumindest unter Annahme konstanter relativer Feuchte und konstanten Energietransports durch Atmosphäre und Ozean. Diese Annahmen treffen in der realen Welt zwar nicht zu. Global gemittelt nimmt die relative Feuchte ab, und die Ozeane spielen ebenfalls eine wichtige