Europäisches Prozessrecht. Christoph Herrmann
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Calliess/Ruffert/Wegener, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 267 AEUV Rn. 1.
Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL September 2017, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 67.
BVerfGE 89, 155 (175); Voßkuhle, Der europäische Verfassungsgerichtsverbund, NVwZ 2010, S. 1 ff. (1 ff.).
EuGH, Rs. C-297/88, Dzodzi, Slg. 1990, I-3763, Rn. 29-43; Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 62. EL 2017, Art. 288 AEUV Rn. 131.
EuGH, Rs. C-451/03, Servizi ADC, Slg. 2006, I-2941, Rn. 28 f.; EuGH, Rs. C-250/03, Mauri, Slg. 2005, I-1267, Rn. 21.
Calliess/Ruffert/Wegener, EUV/AEUV, 5. Aufl. 2016, Art. 267 AEUV Rn. 1.
Streinz, Europarecht, 10. Aufl. 2016, § 8 Rn. 717.
Pernice, Die Zukunft der Unionsgerichtsbarkeit, EuR 2011, S. 151 ff. (153 f.).
Im deutschen Recht hingegen schafft § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO mit der Anforderung einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit „nichtverfassungsrechtlicher Art“ im Zusammenspiel mit Art. 93 GG eine vergleichbare Trennung, allerdings zwischen Verwaltungsgerichtsbarkeit und Bundesverfassungsgerichtsbarkeit (vgl. insb. Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 GG sowie § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für den „nichtverfassungsrechtlichen Bund-Länder-Streit“).
EuGH, Rs. 294/83, Parti écologiste „Les verts“/Europäisches Parlament, Slg. 1986, 1339, Rn. 23.
§ 2 Die EU als Rechtsgemeinschaft
Inhaltsverzeichnis
A. Begriffsgenese und Adaption durch die Rechtsprechung
B. Rechtsstaatlichkeit in der EU
C. Unionaler Rechtsschutz durch Gerichte
D. Recht auf effektiven Rechtsschutz
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Die EU bildet – auch nach ihrem Selbstverständnis und der Rechtsprechung des EuGH – eine Gemeinschaft des Rechts. Art. 2 S. 1 EUV zählt die Rechtsstaatlichkeit zu den grundlegenden Werten der EU. Auch die zentrale Rechtsschutznorm des Art. 19 I EUV und Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) bringen dies zum Ausdruck. Gleichzeitig umfasst die Rechtsgemeinschaft neuartige, unionsspezifische Elemente des Rechtsstaates, die gerade im Lichte aktueller politischer Entwicklungen an Relevanz gewonnen haben. Von zentraler Bedeutung ist das im Unionsrecht verbürgte Recht auf effektiven Individualrechtsschutz. Rechtsgemeinschaft, ein vollständiges Rechtsschutzsystem und effektiver Rechtsschutz stellen gleichsam die unionsverfassungsrechtlichen Grundsätze dar, die den einzelnen Verfahrensarten des europäischen Prozessrechts zugrunde liegen.
§ 2 Die EU als Rechtsgemeinschaft › A. Begriffsgenese und Adaption durch die Rechtsprechung
A. Begriffsgenese und Adaption durch die Rechtsprechung
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Die heutige EU wurde schon früh als Rechtsgemeinschaft bezeichnet. Der erste Kommissionspräsident der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Walter Hallstein, führte dazu bereits im Jahr 1973 aus, dass die EWG in dreifacher Hinsicht ein Phänomen des Rechts sei: Schöpfung des Rechts, Rechtsquelle, und Rechtsordnung.[1] Diese drei Wesensmerkmale bestehen fort.
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Anders als die Mitgliedstaaten, deren Existenz auch durch gravierende verfassungsrechtliche (Um)Brüche nicht in Frage gestellt wird, existiert die EU überhaupt nur Kraft ihrer Gründungsverträge. Sie ist infolge ihres vertragsrechtlichen Charakters – vergleichbar juristischen Personen des innerstaatlichen Rechts – eine Schöpfung des Rechts. Die Gründungsverträge beschränken sich dabei nicht auf Regelungen der jeweils bi- oder multilateralen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, sondern haben eine eigenständige Rechtsperson geschaffen (Art. 47 EUV), die kraft ihres institutionellen Rahmens handlungsfähig ist (Art. 13 ff. EUV). Rechtssubjekte des Unionsrechts sind neben der EU aber nicht allein die Mitgliedstaaten, sondern vielmehr auch natürliche und juristische Personen, für die das Unionsrecht als eine „neue Rechtsordnung des Völkerrechts“ zum nationalen Recht hinzutritt.[2]
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Als Rechtsquelle, so Hallstein, müsse die EU für das Erreichen ihrer Ziele ein dynamisches Eigenleben entfalten, indem sie selbst verbindliche Regelungen hervorbringt. Die EU tritt hier durch ihre gesetzgebenden Organe, das Europäische Parlament und den Rat, in Erscheinung. Daneben ist die Europäische Kommission gesetzgebungsinitiativberechtigt und z.T. mit eigenen Normsetzungsbefugnissen betraut. Das so geschaffene abgeleitete Unionsrecht (Sekundär- oder Tertiärrecht) erfährt durch die Möglichkeit, unmittelbar und mit Anwendungsvorrang wirksam zu werden, eine erhebliche Stärkung und Bedeutung im Rechtsverkehr und der Lebenswirklichkeit der Unionsbürger.
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