BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann
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Da § 320 mit dem Gegenseitigkeitsverhältnis eine stärkere Verbindung als § 273 erfordert, ist § 320 gegenüber § 273 lex specialis: Bei Ansprüchen im Gegenseitigkeitsverhältnis findet nur § 320 Anwendung, ein Rückgriff auf § 273 ist ausgeschlossen. Praktisch besteht freilich auch kein Bedürfnis dafür, dass beide Normen parallel zur Anwendung kämen. Nicht § 273, sondern § 320 gibt dem Mieter ein Recht, die Zahlung des Mietzinses zu verweigern, wenn der Vermieter die Mietsache nicht überlässt (Ansprüche im Gegenseitigkeitsverhältnis). § 273 ist dagegen einschlägig, wenn der Vermieter die Mietkaution nicht ordnungsgemäß anlegt. Denn die Pflicht zur ordnungsgemäßen Anlage der Mietkaution aus § 551 Abs. 3 steht zur Mietzinszahlungspflicht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis, sodass § 320 nicht anwendbar ist.
2. Anwendungsbereich
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Die §§ 320-322 gelten nur für gegenseitige Verträge. Im Falle des Rücktritts gelten die Normen aber auch für die Rückgewähransprüche, wie sich aus § 348 ergibt. Erfasst sind auch kauf- oder werkvertragliche Nacherfüllungsansprüche.
a) Gegenseitige Ansprüche im Synallagma
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Wie § 273 setzt auch § 320 voraus, dass wechselseitige Ansprüche bestehen. Dazu tritt die für § 320 entscheidende Voraussetzung: Die Ansprüche müssen im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) stehen. Dazu genügt nicht etwa, dass überhaupt ein gegenseitiger Vertrag vorliegt, der Grundlage der wechselseitigen Pflichten ist. Vielmehr muss für die konkreten Ansprüche das synallagmatische Verhältnis geprüft werden. Denn nicht alle Ansprüche, deren Grundlage ein gegenseitiger Vertrag ist, stehen in der von § 320 vorausgesetzten engen Beziehung zueinander. Das trifft vielmehr grundsätzlich nur für die Hauptleistungspflichten zu.
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Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2) stehen dagegen nicht im synallagmatischen Austauschverhältnis. So begründet beispielsweise der Kaufvertrag auch die Abnahmepflicht des Käufers (§ 433 Abs. 2). Diese Pflicht des Käufers steht grundsätzlich aber nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Pflicht des Verkäufers aus § 433 Abs. 1 S. 1.[40] Aus besonderen Umständen des Einzelfalls kann sich aber anderes ergeben, wenn beispielsweise ein Räumungsverkauf vorliegt; denn dann hat der Verkäufer ein dem Käufer erkennbares und schutzwürdiges besonderes Interesse daran, die Kaufsache auch „loszuwerden“.[41] Die Kaufpreiszahlungspflicht aus § 433 Abs. 2 steht dagegen immer im Gegenseitigkeitsverhältnis zu § 433 Abs. 1 S. 1. Das Gleiche gilt für die Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2: Der Käufer kann daher die Kaufpreiszahlung gem. § 320 Abs. 1 grundsätzlich so lange verweigern, bis der Verkäufer seiner Nacherfüllungspflicht nachgekommen ist.[42] Auch eine etwaige Pflicht des Verkäufers, die für den Betrieb einer Computeranlage nötigen Handbücher zu liefern, gehört zu den im Synallagma stehenden Pflichten des Verkäufers.[43]
b) Wirksamkeit und Fälligkeit des Anspruchs auf die Gegenleistung (beachte aber: § 215)
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Wie § 273 setzt § 320 voraus, dass der Gegenanspruch des Schuldners auch wirksam und fällig ist. Insofern kann auf die Ausführungen zu § 273 verwiesen werden. Allerdings kann der Schuldner die Einrede des nicht erfüllten Vertrags auch auf eine verjährte Gegenforderung stützen.[44] Dabei ist – anders als beim Zurückbehaltungsrecht, vgl § 215 – nicht erforderlich, dass Anspruch und Gegenanspruch einmal unverjährt gegenüberstanden. Das folgt aus der engen Verbindung synallagmatischer Ansprüche, die in Entstehung und Fortbestand miteinander eng und dauerhaft verbunden sind. Nicht die Verjährung, sondern erst der geschuldete Leistungserfolg trennt diese Verbindung.
c) Vertragstreues Verhalten des Schuldners
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§ 320 setzt zusätzlich voraus, dass sich der Schuldner selbst vertragstreu verhält: Nur wer selbst erfüllungsbereit ist und am Vertrag festhalten möchte, kann die Einrede aus § 320 geltend machen.[45] § 320 dient gerade der Erzwingung der Gegenleistung, die im Synallagma aber auch Erfüllungsbereitschaft des Leistenden voraussetzt. Wenn also der Schuldner seine eigene Leistung gänzlich und endgültig verweigert – vielleicht, weil er meint, nicht zur Leistung verpflichtet zu sein –, muss er weitergehende Rechtsbehelfe geltend machen (etwa Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 281 verlangen oder gem. § 323 zurücktreten). Daher besteht kein Zurückbehaltungsrecht, wenn der Schuldner ablehnt, seine eigene Leistung zu erbringen oder auch die Gegenleistung anzunehmen.[46] Denn dann wird ja der Zweck des § 320 gerade nicht erreicht, nämlich die Erfüllung der gegenseitigen Pflichten. Es ist allerdings erforderlich, dass die Weigerung des Schuldners unmissverständlich, ernstlich und endgültig ist.[47] Nicht vertragstreu handelt der Schuldner auch dann, wenn er sich im Schuldnerverzug befindet.[48] Dabei ist § 320 nicht nur dann ausgeschlossen, wenn Schuldnerverzug bereits vorliegt, sondern auch dann, wenn die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung den Verzug erst begründet (weil die Mahnung gem. § 286 Abs. 2 Nr 3 dann entbehrlich ist).
d) Kein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts
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Das Zurückbehaltungsrecht darf nicht ausgeschlossen sein. Der wichtigste Fall ist die Vorleistungspflicht des Schuldners, die § 320 Abs. 1 S. 1 aE ausdrücklich anspricht. Die Parteien können individualvertraglich auch bei synallagmatischen Pflichten vorsehen, dass eine der Parteien vorleistungspflichtig ist. Vorleistungspflicht bedeutet, dass eine Pflicht früher als die andere fällig ist. Ein Beispiel bietet der Ratenkauf, bei dem der Verkäufer vorleistungspflichtig ist. Strenge Grenzen gelten allerdings für Vereinbarungen in AGB: § 309 Nr 2 lit. a schließt Vereinbarungen aus, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Einrede des nicht erfüllten Vertrags genommen wird oder durch die § 320 eingeschränkt wird. Die Vorleistungspflicht kann sich auch aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben. Beispiele sind die §§ 579, 614 und 641 Abs. 1. Wenn eine Seite vorleistungspflichtig ist, greift § 321 ein.[49]
a) § 320 Abs. 2
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§ 320 Abs. 2 ist ein besonderer Ausdruck