Investieren wie die Profis. Joshua Rosenbaum
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Auch ging Delphi mit wettbewerbsfähigeren Besteuerungsgrundlagen aus der Insolvenz hervor, weil es damals im Vereinigten Königreich steuerpflichtig war. Dazu kamen langfristiger und kurzfristiger Rückenwind, ein ausgebauter „Burggraben“, eine bessere finanzielle Verfassung und eine verlockende Bewertung – summa summarum hatten Anleger auf mehrfache Weise etwas zu gewinnen. Natürlich mussten auch viele Risiken bedacht werden. Man musste bloß wissen, wonach man suchen musste … und wie man das macht.
Ende 2011 ging Delphi zu einem Aktienkurs von 22 Dollar an die Börse. Die neue Strategie erwies sich in den Jahren danach als nachhaltig und bestand auch noch lange nachdem O’Neal im Jahr 2015 die Zügel an seinen Finanzvorstand Kevin Clark übergab. In dieser Zeit gab es zahlreiche strategische Initiativen, die einen erheblichen Shareholder Value schöpften, und sie gipfelten in der steuerfreien Ausgliederung der Antriebsstrang-Sparte Powertrain Systems im Jahr 2017.
Ende 2017, kurz vor der Aufspaltung von Delphi, wurde die Aktie für mehr als 100 Dollar gehandelt. Anleger, die die Chance bei Delphis Börsengang beim Schopf gepackt hatten, wurden mit einem Ertrag von 375 Prozent belohnt. Das war eine durchschnittliche Jahresrendite von 30 Prozent, während der S&P 500 nur 13 Prozent abgeworfen hatte.
Unser Ansatz der Aktienauswahl in fünf Schritten soll Ihnen helfen, die nächste Delphi Automotive zu entdecken. Auch soll er Ihnen helfen, Ihre Aktienpositionen im zeitlichen Verlauf zu verwalten. So wies beispielsweise der Aktienmarkt im Jahr 2018 erste Anzeichen für eine zyklische Verlangsamung auf. Wie im Kapitel „Post mortem“ besprochen, erlitt die frisch ausgegliederte Antriebsstrang-Sparte Delphi Technologies außerdem einige selbst zugefügte Wunden und war aufgrund ihres geografischen Fußabdrucks mit Gegenwind konfrontiert. Unser System der Frühwarnsignale und der aktiven Überwachung soll Ihnen helfen, solche Fallstricke zu umgehen. Zu wissen, wann man aus einer Position aussteigen oder sie zurechtstutzen sollte, ist genauso wichtig wie die Entscheidung, wann man einsteigen oder aufstocken sollte.
Schritt I: Ideenfindung
Bei Schritt I geht es darum, wie professionelle Investoren auf Anlageideen kommen. Dieser Prozess erfordert viel Geduld und Disziplin. Es kommt nicht selten vor, dass man Dutzende oder gar Hunderte von Unternehmen prüft, bevor man eine Chance von hoher Qualität entdeckt.
Der Schwerpunkt unseres Buches liegt auf dem Bottom-up-Investing, einer Methode, die beim Auffinden attraktiver Aktien vom Unternehmen ausgeht. Man beginnt mit einem konkreten Unternehmen und analysiert gründlich seine geschäftlichen Faktoren, seine finanzielle Performance, seine Bewertung und seine Zukunftsaussichten. Den Top-down-Ansatz, der anhand volkswirtschaftlicher beziehungsweise makroökonomischer Faktoren (daher auch als „Macro-Investing“ bezeichnet) oder anhand langfristiger Themen nach Chancen sucht, besprechen wir ebenfalls. Bei den wichtigsten Top-down-Strategien geht es darum, weltweit oder innerhalb einer Volkswirtschaft Trends beziehungsweise Zyklen der Börse oder der Konjunktur zu erkennen und die Profiteure zu kaufen – sowie im Gegenzug die Opfer zu meiden oder gar zu shorten.
Erfahrene Anleger beziehen meist sowohl Bottom-up- als auch Top-down-Elemente in ihren Ansatz ein. Für den Bottom-up-Anleger ist es gefährlich, bedeutenden makroökonomischen und sonstigen umfassenden Trends nicht genug Aufmerksamkeit zu schenken. Ebenso darf der erfolgreiche Top-down-Anleger die Fundamentalanalyse einzelner Unternehmen nicht ignorieren.
In Schritt I befassen wir uns mit den wichtigsten „Eimern“, aus denen professionelle Investoren ihre Ideen schöpfen. Dabei fangen wir mit unterbewerteten Unternehmen an, für die der Weg zu besserer Finanzleistung oder höherer Bewertung offensteht. Dann befassen wir uns mit Unternehmen, die Kapitalmaßnahmen treffen, die ihren Wert erhöhen, zum Beispiel Fusionen und Übernahmen (M&A = Mergers and Acquisitions), Ausgliederungen und Veräußerungen, Umstrukturierungen (Sanierungen) und Turnarounds, Aktienrückkäufe und Dividenden, Börsengänge (IPOs) und Insiderkäufe. Und zum Schluss erklären wir, wie man erfolgreiche Investoren zwecks Beschaffung neuer Ideen beobachtet.
Schritt II: Die besten Ideen identifizieren
Aus der Grundidee ergeben sich häufig Dutzende potenzieller Investmentgelegenheiten. In Schritt II wird erläutert, wie man eine lange Liste nach den besten Ideen durchforstet. Dafür muss man jede Aktie genauer prüfen, um seine Aufmerksamkeit gezielt auf Ideen zu richten, die zu „Kernpositionen“ werden können. Um ein starkes Portfolio auf den Weg zu bringen, braucht man nämlich nur ein paar Aktien von hoher Qualität.
Um die Herde auf diese Weise auszudünnen, muss man jede Idee schnell und systematisch auf hohem Niveau untersuchen. Zu diesem Zweck stellen wir Ihnen einen Rahmen zur Verfügung, der Ihnen dabei hilft. Seine Schwerpunkte sind eine Anlagethese, das Geschäftsmodell, die Unternehmensleitung/das Management, Risiken und sonstige Überlegungen sowie Finanzperformance und Bewertung. Diese Vorab-Analyse ist notwendig, um das Narrengold vom „wahren Jakob“ zu trennen.
Auch bieten wir eine Vorlage zur Erfassung von Investmentideen an, mit der Sie Ihr Research zu jeder Aktienidee ordnen und fortführen können. Sie stellt Schritt II unseres Rahmens übersichtlich dar und macht den Vergleich mehrerer Unternehmen leicht.
Je länger die in Schritt I erstellte Liste potenzieller Ideen, umso schwieriger ist die Aufgabe der Filterung. Manchmal springt einem eine Idee, die das Portfolio umkrempelt, regelrecht ins Gesicht. Aber in den meisten Fällen treten die Ideen mit den besten Gewinnchancen nicht so deutlich hervor wie Schwarz auf Weiß. Sobald die offenkundigen Nieten aussortiert sind, kann die gründliche Analyse der verbliebenen Aktien beginnen.
Schritt III: Geschäftliche und finanzielle Due Diligence
In Schritt III ist es Zeit, viel tiefer in die Gelegenheiten einzutauchen, die den Ausleseprozess überlebt haben. Nach der anfänglichen Prüfung sind gründlichere geschäftliche und finanzielle Recherchen erforderlich. Anders ausgedrückt ist dies die entscheidende Phase der Due Diligence.
Wir führen vor, wie man beurteilt, ob ein Unternehmen in geschäftlicher Hinsicht eine hohe Qualität besitzt oder eine hohe Qualität erreichen kann. Dafür prüfen wir sowohl seine zentralen Stärken als auch die Risiken, die Ihre Anlagethese kippen könnten. Ein Großteil dieser Arbeit ist qualitativer Natur und erfordert solides Urteilsvermögen sowie solide Erkenntnisse. Dabei ist es besonders nützlich, wenn man Erfahrung mit konkreten Geschäftsmodellen und Sektoren hat und daher mit ihnen vertraut ist. Dabei können Ihnen auch persönliche Interessen und Einblicke zugutekommen.
In finanzieller Hinsicht muss man die wichtigsten Finanzberichte eines Unternehmens gründlich durchkämmen, um seine Vorgeschichte, seine derzeitige Verfassung und seine Aussichten zu ermitteln. Diese Analyse besteht zu einem großen Teil darin, die entscheidenden Posten zu durchleuchten und dafür vertretbare Erklärungen zu finden. Man muss jegliche Schwäche im Hinblick auf das