Kreisläufe des Klimawandels. Dalai Lama
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Wie können wir es, mit all den Erkenntnissen, die uns die Wissenschaft bietet, wagen, uns nicht zu ändern?
Dieses Buch wird uns dabei helfen, diese Fragen gemeinsam zu beantworten, zusammen einen Schritt vom Abgrund tiefster Zerstörung zurückzutreten und die Welt zu heilen und neu aufzubauen, um sie wieder für alle Menschen und die zahllosen anderen Wesen, denen die Erde ein Zuhause ist, zu einem lebenswerten Ort zu machen.
Vor Jahrzehnten, als der Dalai Lama das erste Mal über die Bedeutung des Umweltbewusstseins sprach, lenkte er die Aufmerksamkeit auf einen spezifischen Aspekt des Problems, der es für uns Menschen so schwer macht, die aufkommende Bedrohung zu begreifen. Anders als Krieg, dessen Auswirkungen offensichtlich und unmittelbar sind, sind die Folgen der voranschreitenden Umweltzerstörung der alltäglichen menschlichen Wahrnehmung verborgen. Er warnte davor, dass es bereits zu spät sein könnte, wenn wir warten, bis die Auswirkungen deutlich erkennbar sind.
Der Dalai Lama setzte sich dafür ein, dass wir das Prinzip der Interdependenz, also der gegenseitigen Abhängigkeit, ernst nehmen, damit wir die komplexen Kausalzusammenhänge zwischen menschlichem Verhalten und dessen Folgen für die Umwelt besser erkennen. Klimaforscher legen die grundlegende Tatsache der Interdependenz auf eindrückliche Weise dar, insbesondere mittels der Klima-Feedback-Loops, dem Thema dieses Buchs.
Die gute Nachricht lautet, dass Feedback-Loops sich so, wie sie sich jetzt in einer negativen Abwärtsspirale drehen, auch in eine positive Richtung entwickeln könnten.
Die Einsicht, dass die Pfeile dieses Kreislaufs in gegensätzliche Richtungen weisen können, zur Zerstörung ebenso wie zur Heilung, birgt ein machtvolles Versprechen sowie Hoffnung für die Zukunft unseres Planeten und aller Wesen, die er beherbergt.
Es wird heute von Tag zu Tag deutlicher, dass unser Planet vor etwas weitaus Dramatischerem und Gefährlicherem steht, als wir Menschen es jemals zuvor gesehen oder erlebt haben. Extreme Wetterereignisse sind nichts Neues, ihre rasante Wiederkehr und ihre katastrophalen Ausmaße jedoch sind alarmierend: die zerstörerischen Brände in Sibirien, Australien, Kalifornien und Kanada, die unerbittliche Hitze, die zu Krankheiten und Tod geführt hat, Wirbelstürme, Tornados, Überflutungen und Dürren. Die Nachrichten über wetterbedingte Naturkatastrophen erreichen uns so schnell, dass wir angefangen haben, fast jede Woche, wenn nicht gar jeden Tag mit einer neuen Katastrophe auf der Welt zu rechnen.
Das Problem mit dem permanenten Tröpfeln dramatischer Nachrichten ist, dass sie sich allmählich normal anfühlen können. Wir sehen die Nachrichten, aber wir »sehen« sie nicht wirklich. Wir hören von einer Schlammlawine, die eine Ortschaft zerstört, und wir schütteln fassungslos den Kopf, doch das Ausmaß des Leids ist zu groß, um es zu ertragen, also wenden wir uns ab. Es ist nicht so, als ob es uns nicht berühren würde. Wir fühlen uns nur zu hilflos, um irgendetwas zu tun. Wir stellen in unserem Inneren nicht den Zusammenhang her, dass dies alles etwas mit uns zu tun hat, dass wir alle auf eine gewisse Weise damit verbunden sind, dass es bereits Menschen gibt, die etwas dagegen tun und dass wir auch selbst etwas tun können, wenn wir dem Ruf folgen.
Vielleicht fühlt es sich an, als würde das nur »anderen Menschen« weit weg widerfahren. Vielleicht scheint es so, als würde das Drama erst in der Zukunft geschehen und wir hätten noch Zeit, uns zu ändern. Vielleicht fürchten wir auch, dass, wenn wir es zulassen, das Leid in der Welt zu empfinden, wir verzweifeln oder es uns lähmt. Wie würden wir es schaffen, morgens aufzustehen, wenn wir wirklich den Verlust und den Schmerz von zahllosen Menschen, Tieren und der Umwelt um uns herum spüren würden? Es liegt nicht in unserer Hand, oder?
Viele von uns tun, was sie können. Sie recyceln, unterstützen politische Kandidaten, die sich für die Umwelt einsetzen, bereiten sich vielleicht sogar mit Solarpanelen auf dem Dach auf eine unsichere Zukunft vor, kaufen Elektroautos oder nehmen sich vor, sich verstärkt pflanzlich zu ernähren. Das alles ist vorbildlich, aber die Realität des Klimanotstands sucht uns trotzdem heim, und mit einem Mal fühlt sich das, was wir tun, mickrig an im Vergleich zum riesigen Ausmaß der düsteren Vorhersagen von steigenden Meeresspiegeln und schmelzenden Polkappen.
Es hat schon immer Menschen in der Welt gegeben, die sich bereitwillig den scheinbar unüberwindbaren Herausforderungen stellen und ihr eigenes Wohl zugunsten anderer aufs Spiel setzen oder opfern. Diese Menschen sehen sich Leid, Ungerechtigkeit und Gefahren gegenüber und laufen darauf zu, um Alarm zu schlagen, einen strukturellen Wandel zu entfachen oder um andere aus den Klauen dieser Gefahren zu retten.
Sie sind unsere Helden, unsere Heiligen, unsere Anführer, die die Integrität und den Mut haben, den Status quo herauszufordern und diejenigen zu enttarnen, die uns Schaden zufügen möchten. In der Buddhistischen Tradition werden diese Menschen »Bodhisattvas« genannt – Menschen, die die Welt so sehen, wie sie ist, und die bereit sind, alles Notwendige zu tun, um jedes Wesen, egal wie klein oder groß, von seinem Leid zu befreien. Es heißt, sie würden niemals jemanden aufgeben. Wenn wir ihre Geschichten hören oder sie bei ihrer Arbeit sehen, dann geht uns das Herz auf.
Es heißt, dass wir alle als »Bodhisattvas« geboren werden, dass jeder Einzelne von uns dieses »Gen« hat, den Funken, der uns dazu bringt, unsere größten Taten für andere und für die Welt zu vollbringen.
Das ist es, was es uns ermöglicht, Trauer zu fühlen, wenn wir den Schmerz von Eltern sehen, die ein Kind verloren haben, ob wir sie nun persönlich kannten oder nicht. Das ist es, was uns dazu bringt, in einen reißenden Fluss zu springen, um jemanden vor dem Ertrinken zu retten. Dieser Funke ist in jedem von uns. Um den Zeiten, in denen wir uns heute befinden, gerecht zu werden, um millionenfach Flucht, Leid, Tod oder Aussterben zu verhindern und unseren Planeten für unsere Kinder bewohnbar zu hinterlassen, müssen wir diesen Funken entfachen. Durch Inspiration, Bildung und Miteinander.
Sogar trotz der düsteren Vorhersagen unserer KlimaforscherInnen und den beängstigenden Wetterextremen, die wir erleben, gibt es einen Weg nach vorne. Diesen Weg haben für uns zwei Menschen beleuchtet, deren inneres Licht Millionen um sie herum wärmt und die Welt erhellt, Seine Heiligkeit der Dalai Lama und die Umweltaktivistin Greta Thunberg.
Als sie bei jener Begegnung über die Klimakatastrophe sprachen, kam es am Ende zu einer der unwiderstehlichsten Einladungen, sich zu bessern, die die Menschheit jemals erhalten hat: die Einladung, unsere angeborene Güte einzuschalten, die Welt um uns herum, ob nah oder fern, klarer zu sehen, zusammenzuarbeiten und uns gemeinsam dem Wandel zu verschreiben.
Von wissenschaftlicher Seite aus haben das Gespräch wie gesagt zwei renommierte Klimaforscher bereichert, Susan Natali und William Moomaw, die zu einer anderen Kategorie moderner Helden gehören. Seit Jahren schlagen Klimaforscher wie sie Alarm und wurden mundtot gemacht und sogar bedroht, dafür, dass sie unnachgiebig die Wahrheit verbreiteten.
Eine herausragende Eigenschaft sowohl von Susans als auch Williams Arbeit besteht darin, dass sie, zusätzlich zu ihren Forschungen über die Entwicklung der Klimakrise, herausarbeiten, wie wir der Natur helfen können, ihr unfassbares Potenzial zur Selbstheilung zu entfalten. Bei der Veranstaltung liefen auch einige Kurzfilme, nachzusehen unter feedbackloopsclimate.com.
Sie zeigen die neuesten Erkenntnisse darüber, was den Klimanotstand vorantreibt und welche Rolle Feedback-Loops bei der Beschleunigung der Erderwärmung spielen. Sie zeigen, warum wir uns als Folge unseres Ressourcenmissbrauchs bereits an einem Punkt befinden, ab dem die Erde sich selbst erwärmt, auch ohne unser weiteres Zutun.
Die wenigsten Menschen wissen das, doch unter Experten sorgt das für schlaflose Nächte. Trotzdem besteht Hoffnung. Die Forschungen zeigen, dass sich