Der Brandner Kaspar. Kurt Wilhelm
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Читать онлайн книгу Der Brandner Kaspar - Kurt Wilhelm страница 16

»No freili!«
»Die großen Hofjagden, soso? Net solche wie heut? G’scheide? Mit dem Eurigen Kini? Majestät persönlich?«
»Mit eahm selm. Und grad der möcht mi allweil dabei haben.«
Der Boanlkramer kratzt sich am Kopf und meint kleinlaut:
»Das freilich hab ich nicht bedenket.«
»Also. Was redst dann daher?«
Der Schwarze wackelt, seufzt tief, denkt angestrengt nach und kratzt sich dabei abermals ausgiebig am Kopf und den Schultern, ehe er würdig verkündet:
»Also, von mir aus, guat. Na mach ma ’s a so: I hol di im Winter. Punktum!«
Der Kaspar trumpft noch einmal auf:
»Punktum? Ja freili, so redt ma daher, wenn ma von nix was versteht. Und was is mit ’m Fuchspassen und ’m Marderausjagen? Außerdem is’ im Winter aa z’ kalt. Punktum!«
Ist dem Boanlkramer in seinem Surri das Heulen schon nahe? Er greint jedenfalls: »Ja, z’ kalt! Mir is’ immer z’ kalt! Verstehst, was des heißt, Kaspar? Zu kalt in Ewigkeit«, und legt die Knochenhänd auf den Kachelofen.
»Der Ofen is aa kalt. Da, trink, des wärmt. Was Bessers gibt’s net für di.«
Er schenkt abermals ein, er weiß nun schon selber nicht mehr, wie viele Kerschgeist er seinem Bedränger schon eingeflößt hat. Der bringt währenddessen einen letzten Vorschlag daher:
»Guat, Kaspar, wenn’s alles so schwierig sein soll, na kimm i im Fruahjahr! Aus Äpfi Amen! Aber des is mei allerletztes Wort!«
Der Kaspar verdreht nur die Augen:
»Im Fruajahr! Woaßt denn du net, dass da d’ Hahnfalz is und der Schnepfenstrich und die kloan Vögel am schönsten singen im Wald! Des kannst du im Ernst doch net moana, geh zua!«
Der Boanlkramer weiß keine Antwort mehr. Er klappt den Mund auf und zu, und der Kaspar nutzt das, um endlich zur Handelschaft mit dem Berauschten zu kommen, aber so, wie er sie sich vorstellt:
»Schau, bei mir bist eh an der falschen Adress’. Ich g’hör noch net ’nüber. Des muss ohnedem a Irrtum sein.«
Das hätt er nicht sagen sollen. Der Boanlkramer lässt das Glasl stehen, hebt sich würdig zu drohender Größe und donnert den Erdensohn an, so gut es ihm im Gewackel gelingen will:
»Irrtum?! Mir san die oberste aller Instanzen, du Mensch!«
Was soll der Kaspar da anderes tun, als behutsam einlenken:
»Is ja gut, hock di nur grad wieder hin. I moan bloß, ’leicht gibt’s noch an anderen Brandner Kaspar, könnt doch sein. Im Werdenfelser Land eppa …«
Die oberste aller Instanzen aber erweist sich als äußerst gekränkt und donnert unbeirrt weiter:
»Erdenwurm du! Ich komme aus der Allweisheit daher! Ich bin ausgesandt, dich zu geleiten in den ewigen Glanz – öha!«
Da dreht ihn der Kerschgeist, die Knie knicken ein, er plumpst zurück auf die Bank und vermag nur noch nachzumaulen: »Und du Bursch, du kecker, du werfertst mir eine Amtsverwechslung vor – i muss schon sagen –, naa!«
»Is ja guat, es war net a so g’meint.«
»Also! Was redst na! – Weißt was, jetzt trink ma aus, und dann gehn wir zwei miteinand auf die Reise, als guate Freund!«
Auf die Reise – die letzte, die endgültige? Nichts hatte der Kerschgeist genützt, nichts die schönen Worte und guten Wahrheiten allesamt. Der Unheimliche bleibt unerbittlich. Den Brandner packt eine Wut. Die Furcht vor dem Schwarzen hat er verloren, seit er ihn so lallend vor sich sieht, und darum traut er sich blaffen:
»Guate Freund, soso! Des wär mir a saubere Freundschaft, mit dem Kommando: ›Mir gehn mitnand auf die Roas!‹ Des is koa G’hörtsi unter g’standene Leut – und braucht auch nix weiter zum Trinken – Punktum!«
Mit einem ganz raschen Griff nimmt er dem Gast die Flasche gach aus der Hand und stellt sie weit weg, unter sich, unter die Bank auf den Boden. Punktum!
Dem Boanlkramer reißt es die rauschigen Augen weit auf:
»Kasper, ich hab dir a ganzes Jahr ’boten, als Zuwag, aber du, du hast ja für alles a Ausred. Willst denn du noch zehn Jahr leben?«
Er kann einem schier Leid tun, so kläglich schaut er jetzt drein. Der Brandner aber schüttelt nur seinen Kopf:
»Mein Vatern selig hast du schon vor der Zeit g’holt …«
»Geh, vor der Zeit, woher möchtst du des wissen?«
»Weil mei Großvater und fast alle meine Ahndln Neunz’ge worden san! Jaja, des is so bei uns! Und so alt werd i aa! Nachert kannst kommen, von mir aus, ehnder net.«
Das ist zu viel. Da schnappt der Boanlkramer nach Antwort und bringt keine heraus. Er wiegt sich und stöhnt, wie man es bei einer Handelschaft tut, und zieht seine Finger herauf, zählt an ihnen herum und murmelt dazu:
»Neunz’ge – achtz’ge – siebz’ge – äh – wie viel gaab denn des nachert, so alles mitnander?«
»Akkrat achtzehn Jahr«, sagt der Brandner leise und fest, holt tief Luft, greift zum ersten Male von sich aus nach seinem Stamperl und trinkt es leer auf einen einzigen Zug. Der Boanlkramer achtet nicht darauf. Er spitzt das faltige Maul, siffelt leise, pfeift vor sich hin und denkt nur und denkt. Dann sagt er entschieden:
»Naa – geht net!«
Ehe der Brandner etwas erwidern kann, hört er von draußen, ganz nah vor der Tür, ein Wiehern und Schnauben. Ein Ross? – Wo käm denn da mitternächtlich eines daher, denkt er erschrocken, und fragt:
»Was war des?«
»No, mein Karrenross, was denn sonst.«
Der Schwarze wundert sich nicht, dass der Brandner sich wundert. Er tut auf zwei Fingern einen gellenden Pfiff, und aus ist’s und gar mit dem Wiehern und Schnauben.
Dem Brandner ist es wieder eisig ins Herz gefahren, weil er sich vorstellt, wie da draußen die Fuhr auf ihn wartet, nur auf ihn, für die letzte Reise, deren Ziel niemand kennt. Wie oft hat er beim Rosenkranzbeten gedankenlos leiernd den Satz wiederholt: ›– jetzt und in der Stunde unseres Todes – Amen‹, und nun soll sie wirklich gekommen sein, die grausame Stunde der Überfuhr zu dem Ort, den keines Lebenden Aug je gesehen, für den er mit allen anderen um Gnade und Fürbitt gebetet, sein Leben lang. Dort draußen im Dunkel soll es beginnen –
»– auf am Karren?«
»Sowieso. Ich kann meine Passagier ja net gut auf’m Buckel spedieren oder auf meine Arm tragen«, grinst der Fuhrmann grob und ungerührt zu ihm her. Dann gedenkt er und lispelt mitleidig vor sich hin: »Höchstens die klein’ blassen Kinder, wenn s’ im Eis ein’brochen san – die sind eine









