SELBST-geführte Psychotherapie. Uta Sonneborn

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SELBST-geführte Psychotherapie - Uta Sonneborn

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System SELBST führen und die Teile mit ihrer Person SELBST verbunden sein möge(n). Ausgegangen wird von einer natürlichen Vielfältigkeit der Persönlichkeit, von einer erlebbaren inneren Instanz, dem Menschen SELBST, und von den inneren Persönlichkeitsanteilen.

      Es stellt sich jetzt die Frage: Wer oder was ist dieses SELBST? Und was genau sind die Persönlichkeitsanteile? Es ist schon spannend, darüber nachzusinnen, wer in uns als Therapeut*in die Therapie eigentlich durchführt – und mit wem in unseren Klient*innen wir denn da arbeiten? Und wie können wir das auseinanderhalten? Und wozu? Und auf welcher Zeitachse arbeiten wir eigentlich? Führen wir die Therapien in SELBST-Qualität oder in Persönlichkeitsanteilen mit therapeutischen Rollen durch, die aus der eigenen Biografie, der erlernten Psychotherapieschule, der Arztrolle und/oder in Resonanz oder Gegenübertragung auf die Anteile der Klient*innen stammen? Mit welchen Persönlichkeitsanteilen kommen die Klient*innen zu uns? Und mit welchen Therapeut*innen-Teilen reagieren wir auf sie? Wer in uns kann uns und ihnen helfen, sich SELBST aufzuspüren und die Persönlichkeitsanteile mit uns SELBST und ihnen SELBST in Kontakt zu bringen? Wie kann das geschehen? Und wie können wir gar eine Beziehung zwischen uns SELBST und unseren Teilen und dem Klienten-SELBST und seinen Persönlichkeitsanteilen ermöglichen?

      Die SELBST-geführte Psychotherapie in der »Integrativen Systemischen Therapie mit der Inneren Familie, IIFS« basiert auf den Grundlagen humanistischer Psychotherapien, achtsamer Wahrnehmungsschulung, der integrativen Gestaltpsychotherapie, der Hakomi-Therapie und weiteren Körperpsychotherapien, der psychodynamisch imaginativen Trauma­therapie von Luise Reddemann, der systemischen Therapie, der Bindungstheorie, neurophysiologischen Erkenntnissen und natürlich der IFS nach Richard Schwartz mit ihren entsprechenden Grundannahmen. Der SELBST-Begriff hat in diesem inneren System eine ganz spezielle Bedeutung, die wir Ihnen in der Einleitung kurz und in einzelnen Kapiteln gerne ausführlicher nahebringen möchten.

      Zu dem inneren System gehören neben dem SELBST – dem Wesenskern eines Menschen – noch die unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile (im Weiteren auch oft kurz als Teile bezeichnet). Das SELBST ist kein Teil. Die Formulierung »das Selbst eines Menschen« könnte zu dieser Annahme verleiten. Wenn möglich verwenden wir daher die Formulierung »ich SELBST«, der Mensch SELBST oder sprechen von SELBST-Qualitäten. SELBST und Teile sind körperlich und mental erlebbar. Der Körper reagiert als Erster auf Emotionen und Reize, noch bevor das Bewusstsein die Reaktion wahrnehmen kann. Wenn das körperliche Erleben mit dem Gefühlten kongruent ist, erfährt der Mensch Vertrauen in sich, eine Stabilisierung seiner selbst. Wenn solch ein mental und physisch ganzheitliches Erleben stattgefunden hat, beginnen sich neuronale Netzwerke umzustrukturieren. Die Geschichte eines Menschen ist in leiblichen Szenarien gespeichert und erfahrbar. Sie zeigt sich in seinem beseelten Körper mit all seinen Gefühlen, seinem Denken, seinem Verhalten und seiner Geschichte. Daher beziehen wir das körperliche Erleben in jeden Therapieprozess mit ein.

      Aus dem achtsamen, körperlichen und mentalen Erleben der SELBST-Qualitäten, wie Wohlwollen, Mitgefühl, Zentriertheit, Nichtbewertung u.a.m., können die verschiedenen Persönlichkeitsanteile mit einem kleinen Abstand wahrgenommen werden. Indem die Geschichte ihrer Entstehungsgrundlagen angenommen und akzeptiert wird und die Teile in den ihnen aufgebürdeten Rollen mit den jeweiligen Auswirkungen im heutigen Leben erfahren werden, fühlen sich die Teile heute vom Klienten SELBST und von uns SELBST gesehen. Sie erleben Zugehörigkeit zu ihrer jeweiligen Person SELBST und doppelten Trost. Das hat eine tief verbindende, heilsame und nachhaltige Wirkung auf die Teile. Wir lernen so die eigene Geschichte, die unserer Klienten und diese ihre neu kennen, besser verstehen, und finden Möglichkeiten der Wertschätzung und Entlastung. Das beinhaltet die Chance einer Neuintegration der Persönlichkeitsanteile, die mit ihrem Menschen SELBST in warmherziger Verbindung stehen können. Der nicht mit seinen Teilen verwobene Mensch SELBST ist in der Lage, die eigenen ­Persönlichkeitsanteile zu erkennen, sie zu sehen, in Beziehung mit ihnen zu treten und sie zu führen. In dieser SELBST-geführten Beziehung können die Teile ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem Menschen SELBST entwickeln und kooperieren gerne mit ihm. Es entsteht intrapsychisch eine erlebbare SELBST-Du- und Du-SELBST-Beziehung. Dieses intrapsychische, gegenseitige sowie mental als auch physisch erlebbare in Beziehung-Treten von SELBST und Teilen prägt ein innovatives Moment. Unsere Persönlichkeitsanteile erfahren dann uns SELBST, fühlen sich gesehen und verbunden und agieren nicht mehr allein oder wie in einem alten Film. Eine echte Veränderung und eine Entlastung des Systems werden möglich. Wie eine Kollegin nach einem Kurs staunend sagte: »Jetzt habe ich mich seit 25 Jahren mit meinem Inneren Kind beschäftigt und heute hat es zum ersten Mal mich SELBST erlebt!« Vielleicht der Beginn einer wundervollen Freundschaft.

      Die Integrative Psychotherapie Innerer Systeme – IIFS – ist sowohl Methode als auch Haltung, körperlich und sinnlich für alle Menschen, Therapeut*innen und Klient*innen erfahrbar und anwendbar. Sie verbindet in ihrer Ausübung das Wissen um Achtsamkeit, Wahrnehmungsschule, Körperpsychotherapie und IFS. Ihre Anwendung eröffnet uns neue Wege und Möglichkeiten in der Psychotherapie, der Selbsterfahrung, der Supervision und auch in der Professionellen SELBST-Fürsorge – intrapersonell im System eines Menschen und interpersonell, wenn sie die Inneren Systeme von Klient*innen, Therapeut*innen und Supervisor*innen unter IIFS-Aspekten miteinander in Beziehung treten lässt – auch hier mit neuen Ideen. Sie schärft unsere Wahrnehmung, lässt uns neugierig und lebendig mit einem Anfänger-Geist in jede neue Begegnung gehen und kann auch dadurch neuronale Strukturen verändern.

      In Psychotherapien und Supervisionen sollte sie nur von erfahrenen Therapeut*innen durchgeführt werden, da man mit dieser kleinen Methode sehr schnell ans »Eingemachte« gelangen kann.

      Die IIFS wirft auch ein neues Licht auf das innere System bei schwerwiegenden psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, wenn diese unter dem Aspekt polarisierter Teile gesehen werden. ­Komorbiditäten (wie Ängste, Panik, Süchte, Dissoziationen etc.) als beschützende Persönlichkeitsanteile zu sehen, eröffnet ebenso neue Behandlungsmöglichkeiten.

      Für die (Professionelle) SELBST-Fürsorge kann sie in unterschiedlichem Ausmaß im täglichen Leben wie bei der Arbeit angewendet werden. Das könnte das persönliche, das professionelle und das Gemeinwohl mehren. Dem SELBST den Raum zu öffnen und mit seinen eigenen Anteilen in SELBST-Verantwortung zu leben, verändert schon viel.

      Arbeiten in spürbarer Präsenz, also in SELBST-Qualität, fühlt sich nicht anstrengend an, aus Therapeuten-Teilen hingegen oftmals schon. Mit Professioneller SELBST-Fürsorge und IIFS können Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen einen spannenden Zugang zu ihren berufstätigen Teilen gewinnen und sie ggf. entlasten. Auf diese Weise ist es möglich, ein Leben lang Freude und Überraschung in diesen manchmal so schweren und gleichzeitig so wunderbaren Berufen zu erleben und zu erhalten. Sie macht uns wieder neugierig und offen für uns selbst und die anderen, geht mit einer gewissen Leichtigkeit einher und ist gleichzeitig doch tiefgründig.

      Was erwartet Sie nun beim Lesen dieses Buches?

      Sie erhalten einen Einblick in das Fundament der Integrativen Systemischen Psychotherapie mit inneren Anteilen, in die Grundhaltungen und Gedanken humanistischer und ressourcenorientierter Psychotherapien, in die Systemische Therapie mit der Inneren Familie, in die achtsame Wahrnehmungsschulung mit Elementen aus der integrativen körperbezogenen Gestalttherapie und in die körpertherapeutische Ausrichtung der IIFS.

      Der Selbst-Begriff wird Ihnen aus psychologischer, anthropologischer und philosophischer Perspektive nähergebracht und sein Platz in der IFS und der IIFS begründet.

      Durch die detaillierte Beschreibung des Verhältnisses von SELBST und Persönlichkeitsanteilen gewinnen Sie theoretisch und praktisch einen profunden Einblick in die SELBST-Haltung und in das Wesen und die Dynamik der Interaktionen von SELBST und Teilen.

      Mit vielen Anregungen zur Professionellen SELBST-Fürsorge, selbstständigen Übungen und Reflexionen sowie in Beispielen aus der Praxis können Sie vieles von dem Gelesenen an sich selbst, Ihren Persönlichkeitsanteilen und an sich SELBST erleben

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