Medienwissenschaft und Mediendidaktik. Группа авторов
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Zur Überprüfung des Mehrwerts der Animationen zu den Wechselpräpositionen führte Scheller (2009) eine Interventionsstudie durch, in der die zwei Variablen Erklärungsansatz (traditionell versus kognitionslinguistisch) und Präsentationsmodus (statisch versus dynamisch) getestet wurden (siehe Tabelle 1.1). Insgesamt wurden also vier unterschiedliche Gruppen gebildet: Eine erste Gruppe (WS) lernte mit einer Standbildversion der Wo-wohin-Erklärung, in der die Dynamik durch Pfeile symbolisiert wurde; eine zweite Gruppe (WA) nutzte eine animierte Version der Wo-wohin-Erklärung; eine dritte Gruppe (GS) lernte mit einer Standbildversion des Erklärungsansatzes der Grenzüberschreitung, in der die Dynamik durch Pfeile symbolisiert wurde und sowohl die Grenze als auch der Zielbereich explizit markiert wurden; eine vierte Gruppe (GA) nutzte eine animierte Darstellung des Erklärungsansatzes der Grenzüberschreitung.
Präsentationsmodus/ Erklärungsansatz | wo/wohin | Grenzüberschreitung |
statisch | WS | GS |
animiert | WA | GA |
Tabelle 1.1:
Untersuchungsdesign der Studie von Scheller (2009)
Insgesamt nahmen 89 weißrussische Deutschlerner am Experiment teil. Zuerst wurde ein Pre-Test durchgeführt, um das Vorwissen der Versuchsteilnehmer in Bezug auf die Wechselpräpositionen zu erheben. Danach lernten die Versuchsteilnehmer mit den Animationen und bearbeiteten Aufgaben (circa 45 Minuten). Unmittelbar nach der Lernphase wurde ein Nachtest durchgeführt (circa 20 Minuten) und zur Sicherstellung langfristiger Lerneffekte wurde eine Woche später ein weiterer Nachtest eingesetzt (circa sieben Minuten). Die Auswertung der Nachtests zeigt, dass die Gruppe GA am besten abschnitt und dass sie sich von allen anderen Gruppen signifikant unterschied. Zwischen den drei anderen Gruppen bestanden keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Lernleistung. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass erst durch die Kombination von kognitionslinguistischen Erklärungsansätzen mit einer medial adäquaten Präsentation nachhaltige Lerneffekte im Grammatikerwerb erreicht werden können. Das heißt also, dass weder das reine Animieren traditioneller Regelerklärungen noch die Darbietung des kognitionslinguistischen Erklärungsansatzes in Form von Standbildern zum gewünschten Lernmehrwert führen.
1.2.3 Modalverben
Wie bereits gesehen, lassen sich die Modalverben in Anlehnung an Tyler (2008; vergleiche auch Sweetser 1990; Talmy 2000) als unterschiedliche Konstellationen von Kraft-Dynamik-Verhältnissen beschreiben. So kann der sogenannte Agonist entweder eine Tendenz zum Ruhezustand oder zur Fortbewegung haben. Der Antagonist versucht seinerseits, den Agonisten durch einen Druck von hinten oder durch eine Gegenkraft von vorne zur Fortbewegung zu zwingen. Das Ergebnis hängt davon ab, wie das Kräfteverhältnis zwischen beiden Entitäten ausgefallen ist. Zur Illustration dieser kraft-dynamischen Verhältnisse sind sowohl die Darstellungsformen nach Talmy (2000) als auch die Zeichnungen nach Tyler (2008) nicht besonders geeignet, da sie von Lernern unterschiedlich interpretiert werden und daher verwirrend wirken können. Im Gegensatz dazu bieten grammatische Metaphern einen viel direkteren Zugang zur konzeptuellen Struktur der Modalverben, da sie Alltagserfahrungen der Lerner als Grundlage nehmen. So schlagen Roche & Suñer (2014) für das Modalverb dürfen in deontischer Lesart die folgende grammatische Metapher vor:
[Dürfen] lässt sich anhand eines Rennwagens (Agonist) darstellen, der dank der Aufhebung einer Schranke (Antagonist) durch eine externe Autorität (zum Beispiel eine Ampel) fortfahren kann. Wird das Hindernis (Antagonist) nicht durch eine externe Autorität aufgehoben, ist kein Fortfahren mehr möglich. (Roche & Suñer 2014: 134)
Die folgenden Abbildungen zeigen die Umsetzung dieser grammatischen Metapher:
Screenshot aus den Grammatikanimationen zum Modalverb dürfen in deontischer Lesart (Roche & Suñer 2014: 134)
Andere Modalverben wie müssen und sollen in deontischer Lesart nutzen nach Roche & Suñer (2014) völlig unterschiedliche kraft-dynamische Elemente:
Bei müssen erfährt der Autofahrer (Agonist) einen kaum widerstehlichen Druck von hinten durch das Geschrei der Fans, der ihn zum Fortfahren zwingt; bei sollen ist der Druck zwar vorhanden, das Fortfahren ist weniger zwingend als bei müssen, was […] durch abgesoftete Kraftwellen und durch eine fast leere Tribüne dargestellt wird. (Roche & Suñer 2014: 135)
Screenshots aus den Grammatikanimationen zu den Modalverben müssen und sollen in deontischer Lesart (Roche & Suñer 2014: 135)
Bei der Verwendung dieser Animationen zur Vermittlung der Modalverben können sich Lerner oder gar Kollegen zu Recht fragen, warum sich Vettel überhaupt bewegen soll. Es kann ja sein, dass er zwar fortfahren muss, aber trotzdem nicht will. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass die Modalverben in deontischer Lesart lediglich die Notwendigkeit und Möglichkeit des Zustandekommens von Sachverhalten beziehungsweise Handlungen ausdrücken. Darüber, ob Vettel sich am Ende aufgrund des starken Drucks der Fans wirklich bewegt oder lieber Kaffee trinken geht, werden also keine Aussagen gemacht.
In einer umfangreichen Interventionsstudie mit insgesamt 127 Versuchsteilnehmern untersuchte Kanaplianik (2016) den Lernmehrwert von animierten Darstellungen zu den deutschen Modalverben auf der Basis des Kraft-Dynamik-Ansatzes (vergleiche Talmy 2000; Tyler 2008). Ähnlich wie in der Studie von Scheller (2009), wurden durch ein zweifaktorielles UntersuchungsdesignUntersuchungsdesign die Variablen Erklärungsansatz (kognitionslinguistisch versus traditionell) und Darstellungsform (animiert versus statisch) getestet, so dass sich daraus insgesamt vier unterschiedliche Experimentalgruppen ergaben. Das Untersuchungsdesign sah einen Vortest, ein 40-minütiges TreatmentTreatment und einen Nachtest direkt nach dem Treatment vor sowie einen Nachhaltigkeitstest eine Woche später. Weitere Daten zur Lernbiografie der Versuchsteilnehmer sowie zur Arbeit mit den Animationen wurden ebenfalls elizitiert.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass nur diejenigen Versuchsteilnehmer vom kognitionslinguistischen Ansatz nachhaltig profitieren, die die dort vermittelten grammatischen Metaphern als Lernerstrategie übernehmen und bei der Bearbeitung der Aufgaben verwenden: Sie zeigen nicht nur direkt nach dem Treatment einen signifikanten Lernzuwachs zwischen Vor- und Nachtest, sondern sie verbessern sich deutlich im Nachhaltigkeitstest und zeigen somit eine positive Lernentwicklung. Im Gegensatz dazu erzielen die Lerner, die den traditionellen Ansatz anwenden, zwar auch einen Lernzuwachs zwischen Vor- und Nachtest, dieser verringert sich jedoch bereits im Nachhaltigkeitstest, so dass von kurzfristigen Lerneffekten auszugehen ist. Insgesamt zeigt sich also, dass der Einsatz kognitionslinguistischer Animationen nur dann zu einem nachhaltigen Lernmehrwert führt, wenn die dort vermittelten grammatischen Metaphern auch als Lernerstrategie übernommen und auf weitere Kontexte angewandt werden. Für die Praxis bedeutet das, dass die Arbeit mit den Animationen unbedingt Aufgaben vorsehen sollte, die eine aktive und tiefer gehende Auseinandersetzung mit den jeweils relevanten Grammatikprinzipien fördert und damit die entsprechenden Prozesse mentaler Organisation und Integration initiiert, ganz im Sinne der active processing assumption von Mayer (2009; vergleiche Lerneinheit 1.1). Dieser Befund geht konform mit anderen Studien zum Einsatz grammatischer Metaphern