Medienwissenschaft und Mediendidaktik. Группа авторов

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Medienwissenschaft und Mediendidaktik - Группа авторов Kompendium DaF/DaZ

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solche Diskrepanz hat Folgen für das sprachliche Lernen mehrsprachiger Schüler und Schülerinnen, da nach wie vor „de facto von einer impliziten Hierarchie der Sprachen“ (Allemann-Ghionda 2010: 1) ausgegangen wird, nach der den modernen Fremdsprachen der Vorzug gegenüber den kleinen Migrantensprachen gewährt wird. Die Folgen zeigen sich unter anderem in den großen Leistungsstudien, in denen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund durchschnittlich schlechter abschneiden als ihre einsprachig deutschen Altersgenossen. Tatsache ist jedoch, dass die Sprachen der Schüler und Schülerinnen im Unterricht thematisiert werden müssen, um diese auch für das Lernen der Zweit- oder Fremdsprache Deutsch aktiv nutzen zu können. Umsetzungen lassen sich in alle Kompetenzbereiche des Faches integrieren, beispielsweise durch die Lektüre mehrsprachiger Bilderbücher in der Grundschule oder durch biografische Auseinandersetzungsformen mit Sprache, Kultur und Identität. Unterrichtsanregungen dazu finden sich in diesem Beitrag.

      1.3.2 Medialität und Spracherwerb

      Nicht nur Mehrsprachigkeit hat, wie bereits eingangs thematisiert, unsere Gesellschaft verändert, sondern auch deren Mediatisierung. Unter dem Terminus MediatisierungMediatisierung (mediatization) beziehungsweise mediatization wird in Anlehnung an den Begriff der Globalisierung die zunehmende Prägung von Gesellschaft und Kultur durch digitale Medien verstanden (vergleiche Lundby 2009; Hjarvard 2008). Inwieweit digitale Medien zum Alltag von Kindern und Jugendlichen gehören, zeigen hierzulande die Ergebnisse der KIM-Studie (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a) und der JIM-Studie, die alle zwei Jahre erscheinen (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010b). So belegt bereits die KIM-Studie 2010, dass über 50 % der Kinder zwischen dem sechsten und siebten Lebensjahr über Erfahrungen mit dem Computer verfügen (vergleiche Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a: 25). Tatsache ist auch, dass der Anteil der Nichtleser der KIM-Studie zufolge gestiegen ist, denn ein Fünftel der befragten Kinder haben angegeben, nicht zu lesen (vergleiche Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a: 23). Neuere Daten bestätigen, dass bereits 6- bis 13-Jährige über ein breites Medienrepertoire verfügen (vergleiche KIM-Studie 2016). Die ausgeprägte Mediennutzung setzt sich bei den 12- bis 19-Jährigen fort beziehungsweise verstärkt sich in dieser Lebensphase noch einmal, denn „etwa neun von zehn Jugendlichen nutzen regelmäßig (zumindest mehrmals pro Woche) ein Handy (91 %), das Internet (90 %) und den Fernseher (88 %)“ (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010b: 11). Auch hier bestätigen neuere Daten den Zuwachs an digitalen Medien mit zunehmenden Alter (vergleiche JIM-Studie 2018). Hinzu kommt, dass Printmedien nicht in jedem Kulturkreis eine exponierte Rolle einnehmen, sondern ein zum Teil stark audio-visuell geprägtes Medienverhalten vorherrscht (vergleiche unter anderem Kuyumcu 2006, 2008; Worbs 2010). Vor dem Hintergrund einer allmählichen Angleichung des Mediennutzungsverhaltens von Migranten und Migrantinnen an die Gesamtbevölkerung und die damit einhergehende integrative Funktion von Medien resümiert schließlich die ARD/ZDF-Studie Migranten und Medien 2011:

      Die Medien können ihre integrative Funktion nur dann erfüllen, wenn sie auch genutzt werden und somit Informationen über verschiedene soziale und kulturelle Gruppen kommunizieren können. (ARD/ZDF-Medienkommission 2011)

      Auf der Folie von Mediatisierung und Globalisierung ist es mehr denn je erforderlich, dass Kinder und Jugendliche systematisch an die verschiedenen (Kommunikations-)Medien herangeführt werden und den Umgang mit diesen erlernen, ansonsten laufen sie Gefahr, eine weitestgehend passive Rolle in Gesellschaft und Arbeitswelt einzunehmen (vergleiche Rosenberg 2010). Besonders Heranwachsende aus ökonomisch und bildungsbezogen weniger bevorzugten Familien müssen gefördert werden, denn „sie stehen in der Gefahr, mit der wachsenden Medienpalette nicht adäquat umgehen zu können“ (Aufenanger & Six 2001: 95). Den Versuch Kausalitäten zwischen dem Mediennutzungsverhalten und beispielsweise der Leseentwicklung auszumachen, hat bereits 1993 die Bertelsmann-Studie zum Leseklima in der Familie unternommen und ist dabei zu einem interessanten Ergebnis gelangt:

      Nicht nur in Familien, in denen das Buchlesen im Vergleich zum übrigen Mediengebrauch dominiert, finden wir Kinder, die gern lesen, sondern auch in Familien, in denen man sich einer Vielzahl von Medien intensiv zuwendet. (Hurrelmann, Hammer & Nieß 1993: 38)

      Die Autorengruppe um Hurrelmann stellt fest, dass neben den familiär geprägten Sozialisationsbedingungen vor allem die Mediennutzungsmuster ausschlaggebend dafür sind, ob ein Kind zum Leser oder Nichtleser wird. Zu einem ähnlichen Resultat kommen Rupp, Heyer & Bonholt (2004), die in ihrer Studie zu Lesen und Medienkonsum zunächst verschiedene Mediennutzungstypen herauskristallisieren, jedoch darüber hinaus feststellen, dass „der nachhaltige und dramatische Medienwandel der letzten zwanzig Jahre eine außerordentlich vielgestaltige Bandbreite an Nutzungsarten und Nutzungsorientierungen ergeben kann“ (Rupp et al. 2004: 208). Eine Korrelation zwischen Mediengebrauch und Sprachentwicklung bleibt, gerade wenn man das Lesen und Schreiben nicht eng auf Printmedien und manuelles Tun reduziert, weiterhin problematisch. Im Gegenteil, gilt es doch an mancher Stelle seine Vorurteile zu revidieren, wenn laut der Studie Lesen in Deutschland jeder zweite Intensivnutzer digitaler Medien sich selbst zugleich als Intensivleser einstuft (Schulz 2009: 70).

      1.3.3 Multiliteralität und Spracherwerb

      Im Jahre 1994 wurde der Terminus der multiliteracies pedagogy von der New London Group erstmalig definiert. Eine Gruppe aus Wissenschaftlern aus den USA, Australien und Großbritannien erarbeitete zusammen ein Konzept, „mit dem sich die monolithische Struktur des tradierten Literalitätsbegriffs aufbrechen lässt“ (Bach 2007: 24). Folgt man der New London Group (vergleiche NLG 1996), so umfasst MultiliteralitätMultiliteralität ein äußerst komplexes Spektrum von Teilkompetenzen, das in seiner Vielfalt das Ziel hat, das Individuum für ein zunehmend vernetztes Europa zu stärken (vergleiche Elsner, Küster & Viebrock 2007; Küster 2007). In diesem Sinne gestaltet sich sprachliches Lernen im Rahmen einer Multiliteralitätsdidaktik multimedial sowie multimodal. Es setzt am vorhandenen sprachlichen, medialen und interkulturellen Erfahrungswissen an und zielt darauf ab, zur Kompetenzerweiterung beizutragen, indem die verschiedenen Dimensionen von multiliteracy einbezogen werden (siehe dazu Abbildung 1.9), um die Lerner zu befähigen, in komplexen und sich verändernden mehrsprachigen, interkulturellen und multimedialen Kontexten zu interagieren. Multiliteralität beinhaltet demnach sowohl „mündliche als auch schriftliche Fähigkeiten in mehreren Sprachen“ (Wildemann 2011: 279). Es ist allerdings ein Irrtum anzunehmen, dass sich multiliteracies ausschließlich über das Lesen und das Schreiben bestimmen lassen, vielmehr fokussiert es auch „social practices and relationships, about knowledge, language and culture“ (UNESCO 2010). Das Konzept der multiliteracies pedagogy stützt sich somit „auf zwei gesellschaftliche Veränderungen [ab], zum einen die sprachlich-kulturelle Diversität und zum anderen die fortschreitende Entwicklung der Kommunikationstechnologien“ (Wildemann 2011: 278). Folglich zielt eine Multiliteralitätsdidaktik darauf ab, die vorhandene sprachliche Vielfalt aufzugreifen und im schulischen Kontext durch arrangierte Lernsettings, in denen Sprachenlerner interaktiv und autonom ihre mehrsprachigen Kompetenzen entwickeln und ausbauen können, zu erweitern. Hierbei sind die vorhandenen und zu erlernenden Sprachen Ausgangs- und Zielperspektive zugleich.

      Abbildung 1.9:

      Dimensionen einer Multiliteralitätsdidaktik (Erweiterung von Wildemann 2011: 280)

      Multilinguale und monolinguale Lerner begeben sich auf diese Weise in einen Begegnungsraum, der sowohl sprachliche als auch interkulturelle Dimensionen des Lernens beinhaltet. Interkulturalität beinhaltet dabei in Anlehnung an Welschs Transkulturalitätsbegriff ein Verständnis von Kulturen, die „hochgradig miteinander verflochten [sind]“ (Welsch 1995), und daher individuell, flexibel und quer verlaufend sind (vergleiche Wildemann 2008, 2010; Wildemann & Hoodgarzadeh 2008).

      1.3.4

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