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Carola meinte, das Stück könnte durch Streichungen gewinnen, da aber alle Mitwirkenden außer Vida, Guy und ihr selbst über jede einzelne Zeile jammerten, die sie einbüßen sollten, wurde sie geschlagen. Sie sagte sich, schließlich ließe sich ja mit Regie und Bühnenbild doch sehr viel erreichen.
Sam Clark hatte seinem Schulkameraden, Percy Bresnahan, dem Generaldirektor der Velvet Motor Company in Boston, einen prahlerischen Brief über den Theaterverein geschrieben. Bresnahan schickte einen Scheck auf hundert Dollar, Sam fügte fünfundzwanzig hinzu, überbrachte das Kapital Carola und rief freudig: »Hier! Das wird Ihnen wunderschön über den ersten Anfang hinweghelfen!« Sie mietete für zwei Monate das zweite Stockwerk des Rathauses. Das ganze Frühjahr hindurch begeisterte sich die Gesellschaft in diesem trübseligen Saal an ihren eigenen Talenten.
Nur Kennicott, Guy und Vida halfen ihr. Sie dachten darüber nach, wie man Versatzstücke aneinanderbefestigen könnte, um eine Mauer zu bekommen, sie hängten krokusgelbe Vorhänge an das Fenster; sie polierten den schwarzen Eisenofen; sie banden sich Schürzen vor und fegten. Der Rest der Gesellschaft kam jeden Abend ins Theater und war literarisch und überlegen. Sie hatten sich Carolas Inszenierungshandbücher ausgeliehen und warfen mit den fabelhaftesten Theaterausdrücken um sich.
Juanita Haydock, Rita Simons und Raymie Wutherspoon saßen auf einem Sägebock und sahen Carola zu, die für den ersten Akt die richtige Stelle für ein Bild an der Wand suchte.
»Ich will mich selbst absolut nicht loben, aber ich glaube, im ersten Akt werd' ich blendend sein«, bekannte Juanita. »Wenn nur Carola nicht so alles besser wissen wollte. Sie versteht nichts von Kleidern. Ich möchte ein, oh, ein blendendes Kleid, das ich hab' – ganz scharlachrot – tragen, und da hab' ich zu ihr gesagt: ›Würd' es nicht einen fabelhaften Eindruck machen, wenn ich beim Auftritt in diesem engen scharlachroten Ding dasteh'?‹ Aber sie hat mich nicht gelassen.«
Die junge Rita stimmte zu: »Sie ist so von allen dummen Einzelheiten und von der Zimmermannsarbeit und von allem eingenommen, daß sie das Bild gar nicht mehr als Ganzes sehen kann. Also, ich hab' gemeint, es würde reizend sein, wenn wir eine Bureauszene hätten wie die, die ich in Duluth gesehen hab'. Aber sie hat mich überhaupt nicht anhören wollen.«
Juanita seufzte: »Ich wollte einen Monolog sprechen, wie es Ethel Barrymore in einem solchen Stück machen würde (Harry und ich haben sie mal in Minneapolis gesehen – wir haben blendende Plätze gehabt, Orchestersessel – ich weiß, daß ich sie kopieren könnte). Carola hat sich um meinen Vorschlag überhaupt nicht gekümmert. Ich will nicht kritisieren, aber ich glaube, Ethel versteht mehr vom Theater als Carola!«
»Sagen Sie, glauben Sie, Carola hat recht mit dem Kulissenlicht hinter dem Kamin im zweiten Akt? Ich hab' ihr gesagt, wir sollten Reihenlicht nehmen«, hatte Ramie zu sagen. »Und ich hab' ihr auch vorgeschlagen und gesagt, wie nett es wär', wenn wir vor dem Fenster im ersten Akt einen Rundprospekt hätten, und was meinen Sie, hat sie darauf gesagt? ›Ja, und es wär' auch nett, wenn wir Eleonora Duse die Hauptrolle spielen ließen‹, hat sie gesagt, ›und abgesehen davon, daß der erste Akt am Abend spielt, sind Sie ein großartiger Techniker‹, hat sie gesagt. Ich muß sagen, ich hab' sie recht ironisch gefunden. Ich hab' alles nachstudiert, und ich weiß, ich könnt' einen Rundprospekt bauen, wenn sie nicht alles dirigieren wollte.«
»Ja, und noch so was, ich meine, der Auftritt im ersten Akt sollte links vorne sein, und nicht links hinten«, meinte Juanita.
»Und warum will sie nur glatt weiße Soffitten haben?«
»Was sind Soffitten?« platzte Rita Simons heraus.
Die Wissenden schüttelten über diesen Mangel an Bildung den Kopf.
3
Solange Carola mit der Dekorationsmalerei beschäftigt war, ärgerte sie sich nicht über diese Krittelei, und nicht allzusehr über diese plötzlichen Kenntnisse. Bei den Proben erst brachen Streitigkeiten aus. Niemand begriff, daß Proben ebenso ernsthafte Verpflichtungen seien wie Bridgepartien oder »Gesellige Zusammenkünfte« in der Anglikanerkirche. Sie kamen fröhlich eine halbe Stunde zu spät oder mit Geschrei zehn Minuten zu früh, und wenn Carola dagegen protestierte, waren sie so beleidigt, daß sie flüsternd davon redeten, zurückzutreten. Sie telephonierten: »Ich glaube, ich geh heute lieber nicht aus; in der Feuchtigkeit könnten meine Zahnschmerzen anfangen«, oder: »Heute abend werd' ich wohl nicht können; Dave möchte, daß ich bei der Pokerpartie mitspiel'.«
Als nach einem Monat voller Arbeit tatsächlich neun Elftel der Mitwirkenden oft bei Proben gewesen waren, die meisten von ihnen ihre Rollen gelernt hatten und manche wie menschliche Wesen sprachen, hatte Carola einen neuen Schrecken: es wurde ihr klar, daß Guy Pollock und sie selbst sehr schlechte Schauspieler waren, und Raymie Wutherspoon ein erstaunlich guter. Bei all ihrer Phantasie hatte sie keine Gewalt über ihre Stimme, und die fünfzigste Wiederholung der wenigen Zeilen, die sie als Mädchen zu sprechen hatte, ekelte sie. Guy zupfte an seinem Schnurrbärtchen, sah unsicher aus und machte aus Herrn Grimm eine leere Attrappe. Raymie aber, als Schurke, hatte keine Hemmungen. Es war voller Charakter, wie er seinen Kopf schief legte; sein Näseln war bewundernswert verrucht.
Einen Abend gab es, an dem Carola hoffte, es würde eine anständige Aufführung werden; eine Probe, während deren Verlauf Guy nicht verlegen aussah.
Von diesem Abend an wurde es immer schlechter.
Sie war müde. »Wir können unsere Rollen jetzt gut genug; was hat es für einen Sinn, sie uns zu verekeln?« klagten sie. Sie begannen Unsinn zu treiben; mit den heiligen Beleuchtungsgegenständen zu spielen; zu kichern, so oft Carola sich bemühte, aus der sentimentalen Myrtle Cass einen lustigen Laufburschen zu machen; alles mögliche zu spielen, nur nicht »Das Mädchen von Kankakee«. Dr. Terry Gould erzielte, nachdem er seine eigene Rolle heruntergeleiert hatte, großen Beifall mit seiner Hamletparodie. Sogar Raymie verlor seinen einfachen Glauben und wollte zeigen, daß er einen Operettentanz könne.
Carola nahm sich ihre Gesellschaft vor. »Hört mal, dieser Unsinn muß aufhören. Wir müssen ganz einfach arbeiten, und sonst nichts.«
Juanita Haydock war die Anführerin der Meuternden: »Hören Sie, Carola, kommandieren Sie nicht so rum. Schließlich machen wir das Ganze hauptsächlich wegen des Spaßes, den wir dran haben, und wenn uns alle möglichen Dummheiten Spaß machen, warum sollen –«
»Ja-a«, schwach.
»Sie haben einmal gesagt, daß die Leute in Gopher Prairie nicht lustig genug sind. Und jetzt, wo wir unseren Spaß haben, wollen Sie, daß wir aufhören!«
Carola antwortete langsam: »Ich weiß nicht, ob ich erklären kann, was ich meine. Es ist so wie der Unterschied zwischen der Witzbeilage und einem Bild von Manet. Ich möchte daran natürlich Spaß haben. Nur – ich glaube, es wäre nicht weniger Spaß, wenn wir die Aufführung so gut machen, wie wir können.« Sie war seltsam erregt; ihre Stimme war angestrengt; sie sah nicht ihre Gesellschaft an, sondern starrte auf die grotesken Kritzeleien auf den Rückseiten der Kulissen, die vergessene Bühnenarbeiter hingemalt hatten. »Ich weiß nicht, ob Sie den ›Spaß‹ verstehen können, den man hat, wenn man an etwas Schönem arbeitet, den Stolz und die Befriedigung, die es gewährt, und die Heiligkeit!«
Die Mitglieder der Gesellschaft sahen einander zweifelnd an. In Gopher Prairie gehörte es nicht zum guten Ton, außerhalb der Kirche Sonntags zwischen zehn Uhr dreißig und zwölf Uhr heilig zu sein.
»Aber wenn wir's tun wollen, müssen wir arbeiten; müssen wir Selbstdisziplin haben.«
Man