Mind life balance. Sebastian Goder
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mind life balance - Sebastian Goder страница 7
»Herr Godaaa, gommse. Ab zum Verhöör.« Der Offizier, der plötzlich vor mir in der Zelle stand, schaute etwas pikiert, als ich ihm mit einem breiten Grinsen folgte. Den gesamten Weg durch die engen Korridore der Stasizentrale hielt ich an meinem Kurztraum fest. Ich war mir instinktiv sicher, dass ich meinen »Flug« über die Mauer in den Westen gesehen hatte. Ich wusste, dass das die Ausreise aus diesem Staat bedeutete, der mich seit meiner Kindheit gefangen hielt. Ich war mir so sicher, dass sie mir nichts tun würden, mir nichts anhaben könnten, dass ich beinahe vor Glück in die Luft sprang.
Der Oberst, der mich verhörte, arbeitete mit allen Mitteln. Zuerst mit der Drohung, dass, »wenn ich vorhätte, im sozialistischen Arbeiter– und Bauernstaat unangemeldet Theater zu spielen, ich in diesem Land auch beerdigt werden würde.« Damit spielte er eindeutig auf die vielen unaufgeklärten Morde durch die Stasi an. Ich schaute auf die Uhr. Es war genau ein Uhr Mittag. Ich hörte keine Sirene. »Ganz schön schalldicht, der Kasten hier«, dachte ich. Als der Oberst mir drohte, dass meine ganze Familie nicht glücklich werden würde, wenn ich »irgendwelche Aktionen auf der Straße« vorhätte, schaute er nervös auf seine Uhr. Immer noch war keine Sirene zu hören. »Ihre Eltern wären sicher nicht glücklich, wenn sie ihre Berufe verlieren würden. Oder?« Ich ließ das Ganze in tiefer Seelenruhe über mich ergehen. Woher nahm ich nur diese Kraft?
Man muss wissen: Andere, Gleichgesinnte, waren an diesem Punkt, in genau dieser Situation, bereits verurteilt und für Jahre weggeschlossen worden.
Ich wusste durch meinen Tauchgang und meinen Flug über die Mauer, dass ich etwas gesehen hatte, das eintreten würde. Plötzlich sah ich meinen Rastan in der Ecke neben dem Vernehmer stehen. Er wedelte freudig mit dem Schwanz. Er schaute mich direkt an und schien tatsächlich zu lächeln. Das machte mir unglaublich viel Mut. Ich sah ihn ebenfalls an und musste lachen. Das verunsicherte den Vernehmer. Er war es gewohnt, seine »Gäste« einzuschüchtern und zu Unterschriften zu bewegen, die ihr Schicksal besiegelten. Viele inoffizielle Mitarbeiter der Stasi sind auf diese Weise rekrutiert worden. Ich schmiss in Gedanken Stöckchen, die mein Rastan freudig apportierte. Dabei sabberte er glücklich meinem Vernehmer auf die Uniformhose. Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Der Oberst fragte, ob ich mir der Tragweite meiner Taten bewusst sei. »Unangemeldetes Theaterspielen.« »Provokative Aktionen auf öffentlichen Plätzen.« »Kontaktaufnahme zum Klassenfeind.« Das waren die Vorwürfe, die in der DDR jahrelangen »Wegschluss« rechtfertigten. Er drohte mir mit Untersuchungshaft, da man wisse, dass ich am Abend zuvor dem »Imperialistischen Klassenfeind« ein Interview gegeben hätte.
Ich hatte tatsächlich dem Reporter eines Westberliner Senders ein Interview gegeben, nachdem wir auf unserem Dachboden ein Stück mit dem Titel »Technik des Glücks« aufgeführt hatten. Es ging selbstverständlich um das Thema Ausreise.
»Für stootsfeindlische Hetze gibt’s bis zu fünf Jahren Bau! Das wissen Se hoffentlisch.« Ich hatte nichts zu verlieren. Egal was ich gesagt hätte, sie hätten mir in jedem Fall einen Strick daraus gedreht.
In diesem Moment sah ich meinen Rastan eines meiner Bücher zerfleddern. Eigentlich hatte er das nur als Welpe mit meinen Turnschuhen getan. Jetzt war es aber eindeutig ein Buch. Mein Gehirn lief auf Hochtouren. Ich war so gebannt von der Szenerie, dass ich tatsächlich keine Zeit für Angst hatte. Ich wollte wissen, was das für ein Buch war. Und in dem Moment stand in einem klaren Flash deutlich ein Buchtitel vor meinem geistigen Auge: »Wo der Hund begraben liegt.«
Das war der Titel eines meiner Lieblingsbücher von Pavel Kohut. Ein tschechischer Autor und Dissident, der sehr oft vom tschechischen Geheimdienst verhaftet worden war. In diesem Buch beschreibt Kohut, wie er regelmäßig Zahnbürste und ein gutes Buch in seine Umhängetasche legt, damit er das Notwendigste im Falle einer Verhaftung bei sich trägt. Er hatte während des Verhörs immer folgenden Satz parat: »Mein Name ist Pavel Kohut, ich bin geboren am …, wohne in … und gebe zu Protokoll, dass ich ab jetzt nichts mehr sage.«
Die Duplizität der Ereignisse wurde mir erst viel später bewusst. Auch ich hatte meine Zahnbürste zurechtgelegt. Auch ich hatte einen Lieblingshund, der mich obendrein auf den Buchtitel brachte, der Bände spricht. Nicht zuletzt mein Flug über die Mauer. Bei dem Gedanken daran bekomme ich heute noch eine Gänsehaut. Zum damaligen Zeitpunkt aber rettete es mir wahrscheinlich das Leben. Ich war so überwältigt von der Inspiration, beziehungsweise dem Hinweis meines Hundes auf das Buch und den Satz von Pavel Kohut, dass ich instinktiv das Richtige tat. Ich sagte: »Mein Name ist Sebastian Goder, ich wohne in …, bin geboren am … und gebe zu Protokoll, dass ich ab jetzt nichts mehr sage und unterschreibe.«
Sosehr der Vernehmer sich auch mühte zu erfahren, wer meine Freunde seien, was wir weiterhin vorhätten, was der Inhalt unserer Aktionen sei. Warum es mir in der DDR nicht mehr gefalle, bis hin zu: »So jemand wie Sie wäre als Mitarbeiter in unseren Reihen stets willkommen«, er hörte von mir an diesem Tag nichts weiter als: »Mein Name ist Sebastian Goder, ich wohne in …, bin geboren am … und gebe zu Protokoll, dass ich ab jetzt nichts mehr sage und unterschreibe.«
Während ich das sagte, verlor mein Rastan immer mehr an Kontur und löste sich schwanzwedelnd Stück für Stück auf. Tatsächlich hatte er seine treue Schuldigkeit getan. Mein liebster Rastan, ich danke dir von Herzen und werde dich nie vergessen.
Nach acht Stunden in der Stasizentrale war ich wieder auf freiem Fuß. Hatte ich nur Glück gehabt? Oder waren es der Traum und die Gegenwart meines Hundes, die mir das Leben gerettet, beziehungsweise die Freiheit geschenkt hatten? Oder wäre ich auch ohne die Vision davongekommen? Was wäre gewesen, wenn ich voller Angst geredet und alle Fragen des Verhörers beantwortet hätte? Ich bin fest davon überzeugt, dass mir meine Traumreise enorm geholfen hat.
Unser Traum-Ich hält eine Bandbreite von unzähligen Möglichkeiten für uns bereit. Diejenige, die uns im Tagesbewusstsein am stärksten motiviert, stellt einen Persönlichkeitsfaktor dar, der gelebt werden sollte.
Das Wesen unserer inneren Bilder
Dieses Erlebnis bestärkte mich, meinen inneren Bildern wieder mehr Beachtung zu schenken. Nicht zuletzt träumte ich mich mit ihnen immer wieder weg aus dem Land, das mich in meiner damaligen Wahrnehmung von einem wirklich glücklichen Leben abhielt. Heute weiß ich, dass ich 25 Jahre meines Lebens hinter einer Mauer verbringen musste, um die Notwendigkeit des bewussten Träumens und der inneren Bilder zu entdecken.
Diese Not erwies sich in den folgenden Jahren als riesiges Geschenk. Durch mein »Tauchen« war ich in der Lage, Dinge aus meinem Unbewussten sichtbar zu machen und in die Zukunft zu reisen.
Der Unterschied zwischen dem einfachen Visualisieren eines zukünftigen Ziels und dem tatsächlichen Erleben dieses Ziels im Sekundenschlaf, ist der, dass es nicht vom Wunschdenken gesteuert wird, sondern vom unbewussten wahren Selbst. Das Wunschdenken ist Ego-verhaftet und somit oberflächliches Denken. Tatsächlich aber steuern uns unbewusste Programmierungen und Glaubenssätze. Und das, was dort im Unbewussten läuft, ist hundert Mal stärker als das bloße Denken. Wir ziehen also nicht an, was wir uns wünschen, sondern das, was wir sind. Wir ziehen über das Prinzip der Resonanz (eins der sieben Lebensprinzipien) immer das an, was wir aus tiefstem Herzen unbewusst empfinden und somit auch ausstrahlen.
Sicher kennen Sie das aus eigener Erfahrung. Sie wünschen sich heiß und innig eine intakte Beziehung, ein Leben in den eigenen vier Wänden oder die Lösung eines Problems. Aber egal, was Sie unternehmen, der Erfolg bleibt aus. Die Wunscherfüllung lässt auf sich warten. Was tun Sie? Sie beginnen an dem Prinzip der Resonanz zu zweifeln. Und die Resonanz gibt Ihnen scheinbar recht. Sie ziehen aufgrund des Zweifels immer nur Zweifel bis hin zur Verzweiflung an. Denn das, was da in Ihnen rumort, was sich noch vor die Wunscherfüllung schiebt, was tief in Ihnen als Glaubenssatz (oft unbewusst) vorherrscht,