Meteorologie. Hans Häckel

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zunehmendem Tropfenradius und gleichzeitig abnehmender Salzkonzentration kommt dann aber der Oberflächeneffekt immer mehr zur Geltung. Ab einem bestimmten Tröpfchenradius beginnt die Oberflächenspannung die Überhand zu gewinnen: Über dem Tröpfchen wird dann der resultierende Sättigungsdampfdruck größer als über einer ebenen Oberfläche und damit setzt Verdunstung ein (→ Abb. 2.8). Ab jetzt müssen andere Prozesse für das weitere Wachstum der Tröpfchen sorgen.

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      Abb. 2.8 Zur Tropfenbildung in der Atmosphäre (Einzelheiten siehe Text).

      Gefrierprozesse

      Nicht nur die Kondensationsprozesse verlangen unter den Bedingungen der Atmosphäre eine gesonderte Betrachtung, auch die Gefriervorgänge bedürfen einer differenzierten Behandlung. Die Oberfläche eines Süßwassersees gefriert wie erwartet bei einer Temperatur von 0 °C. Auch das Wasser im Erdboden geht praktisch beim Unterschreiten der 0 °C-Schwelle in festes Eis über. Hoch gereinigtes Wasser dagegen konnte man im Labor schon unter –30 °C abkühlen, ehe das Ge 71 frieren einsetzte. Einzelne Tröpfchen reinsten Wassers blieben bis –61 °C flüssig. Flüssiges Wasser mit Temperaturen unter 0 °C nennt man unterkühltes Wasser.

      Tatsächlich sind auch zum Gefrieren Kerne notwendig, um die sich der Eiskristall aufbauen kann. Je ähnlicher die Oberflächenstruktur eines Materials der von Eis ist, desto besser eignet es sich als Gefrierkern. Man muss sich die Vorgänge ähnlich vorstellen wie beim Auskristallisieren von Kandiszucker an der Schnur, die dem Kristallisationskern bei der Eisbildung entspricht. Dass sich Eiskristalle besonders gerne dort bilden, wo bereits passende Strukturen vorhanden sind, kann man häufig bei den Eisblumen an Fensterscheiben beobachten. Die Kristallisation setzt bevorzugt an Kratzern oder ähnlichen Unebenheiten der Glasoberfläche ein.

      In unserer Umwelt gibt es genügend geeignete Oberflächenstrukturen, die als Kristallisaationskerne fungieren können. In absolut reinem Wasser fehlen sie. Dort können Kristallisationskerne nur dadurch entstehen, dass sich mehrere Wassermoleküle zufällig in passender Form aneinander anlagern.

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      Abb. 2.9 Eiskristalle und Eisblumen an Fensterscheiben bilden sich bevorzugt dort, wo Kratzer passende Strukturen anbieten.

      Bei Temperaturen nur wenig unter 0 °C ist die Wahrscheinlichkeit dafür recht gering, weil durch die Molekülbewegung ein entsprechendes Zusammenfügen von Wasserteilchen erschwert wird, genauso wie es mit zitternder Hand schwerfällt, eine Nähnadel einzufädeln oder ein Kartenhaus aufzubauen.

      Mit sinkender Temperatur und dadurch ruhiger werdender Molekularbewegung steigt die Chance, dass die notwendigen Strukturen zustande kommen und nicht gleich wieder zerstört werden. Bei Kondensationskammerversuchen hat man festgestellt, dass ab Temperaturen von etwa –40 °C die Stabilität so groß geworden ist, dass spontanes Gefrieren einsetzt.

      Wolkentröpfchen sind aber kein reines Wasser, das wissen wir schon seit der Diskussion des Kondensationsvorganges. Vielmehr enthalten sie eine Reihe von Substanzen, die als Kristallisationskerne dienen können. Vor allem solche, die selbst eine ähnliche Struktur haben wie das Eis, bilden, wie wir wissen, eine Basis, auf der ein Eiskristall entstehen und wachsen kann. Allerdings muss selbst dann eine gewisse Beruhigung in der Molekularbewegung eingetreten sein, ehe ein geordneter Wachstumsprozess einsetzen kann. Das bedeutet letzten Endes, dass, selbst wenn Kristallisationskerne vorhanden sind, atmosphärische Wassertröpfchen noch nicht bei 0 °C gefrieren, Unterkühlung bis –10 °C ist etwas ganz Gewöhnliches. Es werden sogar noch flüssige Tröpfchen bei Temperaturen bis –35 °C gefunden.

      Die Zahl der für die Eisbildung geeigneten Kerne ist weitaus geringer als die Zahl der Kondensationskerne. So findet man je m3 Luft nur einen einzigen, der bereits bei Temperaturen über –30 °C aktiv ist. Kerne, die im Bereich –30 °C bis –40 °C Gefriervorgänge einleiten, sind häufiger. Im Mittel enthält jeder cm3 Luft einen von ihnen.

      Energieumsätze bei den Phasenübergängen

      Um uns die energetischen Auswirkungen bei der Kondensation von Wasserdampf in der Atmosphäre klarzumachen, betrachten wir die Abbildung 2.10. Wir finden darin ein mit gekennzeichnetes Luftpaket, das auf Meeresniveau liegt und eine Temperatur von 20 °C hat.

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      Abb. 2.10 Temperatur-Höhenkurve bei Vertikalbewegungen mit

      Kondensation.

      Dieses Luftpaket bewegen wir nun in einem Gedankenexperiment mit konstanter Geschwindigkeit nach oben. Dabei kühlt es sich wie gewohnt adiabatisch ab, also um 1 K pro 100 m Höhenzu 72 nahme. In 1200 m Höhe soll die Taupunkttemperatur erreicht werden. Die Luft ist dann Feuchte-gesättigt und es setzt Kondensation ein. Man spricht deshalb vom Kondensationsniveau, für das das Formelsymbol hk verwendet wird.

      Mit einsetzender Kondensation wird die sogenannte latente Energie frei. Zur Erinnerung: Die latente Energie ist beachtlich, sie beträgt nicht weniger als 2,3 kJ pro Gramm kondensierenden Wasserdampfes. Diese Energie wirkt sich auf unser Luftpaket wie eine plötzlich einsetzende Heizung aus, die der weiteren Abkühlung entgegenwirkt. Die Folge ist, dass die Abkühlungsrate von bislang 1 K/100 m auf Werte zwischen 0,4 und 0,7 K/100 m zurückfällt. In Abbildung 2.10 macht sich das Einsetzen der „Kondensationsheizung“ durch einen kräftigen Knick in der Temperatur-Höhenkurve des Luftpaketes bemerkbar.

      Doch damit ist unser Gedankenexperiment noch nicht zu Ende. Wir heben unser Luftpaket über das Kondensationsniveau hinaus in immer größere Höhen. Dabei geht seine Temperatur weiter zurück – wenn auch langsamer als vor dem Einsetzen der Kondensation. Mit fortschreitender Abkühlung wird auch ständig neuer Wasserdampf zur Kondensation gebracht, somit bleibt die „Kondensationsheizung“ weiterhin wirksam.

      Dennoch ist, wie man sieht, die Temperatur-Höhenkurve jetzt keine Gerade mehr. Nach dem steilen Verlauf, den sie mit dem Richtungssprung am Kondensationsniveau angenommen hatte, beginnt sie jetzt wieder zunehmend abzuflachen. Mit anderen Worten ausgedrückt heißt das: Die Abkühlungsraten beginnen wieder zu wachsen. In etwa 3500 m Höhe wird sogar wieder der adiabatische Wert erreicht. Wie kann das sein? Wo doch, wie vorhin gesagt wurde, die Kondensationsheizung weiterhin wirksam bleibt!

      Die Erklärung für dieses Verhalten liefert uns die Kurve der Sättigungsfeuchte in Abbildung 2.1 auf Seite 51. Denken wir uns 25 °C warme, Feuchte-gesättigte Luft. Ihre Taupunkttemperatur beträgt dann 21,5 °C. Zur leichteren Orientierung ist dieser Punkt mit (10) gekennzeichnet. Wird diese Luft um 5 K auf 20 °C abgekühlt (11), dann werden etwa 21,5–15,0 = 6,5 g Wasserdampf je kg Luft zur Kondensation gebracht (wie die Kondenswassermenge bestimmt wird, ist ebenfalls auf S. 51 dargestellt).

      Hätte die Taupunkttemperatur 15 °C betragen (9) und hätten wir ebenfalls um 5 K abgekühlt, so wären aus einem kg Luft aber nur etwa 3 g Wasserdampf auskondensiert. Hätten wir schließlich die gleiche Abkühlung bei einer Taupunkttemperatur von 0 °C durchgeführt, so hätten wir in einem kg Luft sogar nur 3,8–2,8 = 1,0 g Kondensat gefunden.

      Wir können also feststellen: Je kälter die Luft ist, desto weniger Wasserdampf kondensiert bei der Abkühlung um einen bestimmten Betrag (z. B. um 5 K). In der Grafik Abbildung 2.1 manifestiert sich dieser Zusammenhang durch die exponentielle Krümmung der Sättigungsfeuchte-Kurve.

      Je weniger Wasserdampf kondensiert, desto weniger Kondensationsenergie wird dabei freigesetzt

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