Auf nach Berlin!. Friedrich Rentschler

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Auf nach Berlin! - Friedrich Rentschler

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fiebert mit, dass alles gut klappt. Sie machte mir wiederholt Vorschläge, wie ich die Reise besser und auch leichter gestalten könnte. Zuletzt meinte sie, ich könne ja den ersten Tag durchhalten und dann überlegen, was ich mache. Für sie ist eine Bootsfahrt, schon allein wegen dem kleinen Rollsitz, unvorstellbar.

      Jetzt rücke ich meinen Spiegel am Käppi zurecht. Damit kann ich die Fahrzeuge, die vor mir fahren, rechtzeitig sehen. Nervös greife ich nach meinen Skulls. Aber nicht richtig. Mit der Folge, dass sich die Schwalbe nach nicht mal fünfzig Meter mit dem linken Ruder fast in einem eisernen Begrenzungspfosten verfängt.

      Na, das geht ja gut los. Ich steige ins Boot und greife nicht richtig nach den Skulls. Ja, ja liebe Ruderkameraden, ich höre euch deutlich grummeln: »Ob das gut geht?« – »Allein den Rhein runter.« – »Allein in die Schleusen.«

      Obwohl, als ich mir vorstelle, in wenigen Minuten unter der Aubrücke durchzufahren und dann in vier Wochen in Berlin sein zu wollen, geht mein Puls ganz schön hoch.

      Jetzt schaue ich auf die drei Boote, die mich begleiten und konzentriere mich darauf, die so oft in den letzten Wochen gefahrene Hausstrecke bis Hofen in mich aufzunehmen. Unter der Aubrücke durch, rechts danach die Auwiese, links voraus das Restaurant direkt am Wasser, bei dem wir ab und zu etwas tranken oder aßen, rechts den Durchlass zum Max-Eyth-See, über mir der Max-Eyth-Steeg – eine Fußgängerbrücke –, danach die Einfahrt in die Schleuse, rechts Wassersport Center mit Anlage für Sportboote und Ausstiegstelle für den Stuttgarter Kajak-Club.

      An der Schleuse Hofen werde ich herzlich verabschiedet mit einem dreifachen »Hipp, Hipp, Hurra« und allen guten Wünschen für meine Tour. Das ist schön!

      Wiebke, Thomas und Axel begleiten mich beim Umtragen an der Bootsschleppe in Hofen. Schleusen geht nicht, weil gerade entgegengesetzt zwei oder drei Sportboote in der Schleuse sind. Axel tritt in Socken auf Glassplitter. Trotzdem geht er weiter mit auf dem Weg zur anderen Seite und hilft beim Einsetzen in das Unterwasser. Ich bedanke mich und bin dann allein auf der Strecke.

       18.07.2010 Stuttgart – Hessigheim

      36 km / 8 Std.

      6 Schleusen: Hofen, Aldingen, Poppenweiler, Marbach, Pleidelsheim, Hessigheim

       Stuttgart – S-Hofen (Schleuse) – S-Mühlhausen Aldingen (Schleuse) – Zufluss Rems – Neckargröningen Hochberg – Poppenweiler (Schleuse) – Ludwigsburg Marbach (Schleuse) – Zufluss Murr – Autobahn A81 Mundelsheim – Hessigheim

      Umtragen sagt man im Rudersport, wenn ein Boot um die Schleusenkammer herum auf die andere Seite gebracht wird. Das kann auf drei Arten erfolgen:

      Erstens: Man trägt das Boot tatsächlich mit den Händen auf die andere Seite. Zweitens: Man benutzt dazu einen eigenen Bootswagen. Drittens: Es gibt an der Schleuse eine Bootsschleppe. Das ist eine Anlegestelle mit Wagen für kleinere Boote an den Staustufen.

      Die Bootsschleppe ist gleichzeitig die Ausstiegsstelle für Boote, wenn man nicht mitschleusen will. Der Wagen wird oft auch Rollwagen genannt. Seine Räder stehen auf Schienen im Wasser, so dass das Boot auf das Gestell gezogen und befestigt werden kann. Er ist aus Eisen und damit entsprechend schwer und unhandlich. Dann muss dieser Wagen mit einer Kette oder einem dicken Seil gezogen werden. Je nachdem wie schwer das Boot und wie weit der Rollweg ist, braucht der Ruderer dazu ganz schön Kraft. Vor allem, wenn er alleine ist.

      In Aldingen benutze ich zum ersten Mal den Rollwagen alleine.

      Von einem Ehepaar aus dem Ruderclub werde ich nach der Schleuse Aldingen fotografiert. Das ist für mich der letzte Gruß meines Ruderclubs, und ich freue mich sehr, dass ich jetzt unterwegs bin.

      Nach dem Zufluss der Rems bin ich versucht, rechts hinter die kleine Insel zu fahren und beim WSV Schifferclub Neckarrems Rast zu machen. Hier bin ich letztes Jahr am 1. Mai kaum noch aus dem Boot rausgekommen. Wir ruderten da bis zur Poppenweiler Schleuse und dann hierher. Das war für mich das erste Mal, zwanzig Kilometer am Stück zu rudern. Mein Po tat entsetzlich weh und die Beine zitterten, als ich aus dem Boot stieg.

      Aber bei dieser Ausfahrt entstand meine Liebe zum Wanderrudern. Mir gefällt dabei die Mischung von Jung und Alt, von Rennruderern und Freizeitruderern, die es möglich macht, unterschiedliche Menschen näher kennen zu lernen.

      Kurz danach rauscht die Weiße Flotte mit Vollgas vorbei. Durch die sich bildenden Wellen werde ich fast an Land gespült.

      Und schon ist es Mittag. Ich mache an der Poppenweiler Schleuse Pause. Ein mit mir herangefahrenes motorisiertes Schlauchboot benutzt den Rollwagen, solange ich mein Brot esse und kräftig trinke. Es ist sehr warm.

      Bei Ludwigsburg sehe ich mich, wie ich als Junge während eines Besuches im Schloss bei den Wasserspielen im Garten weghüpfte, um nicht nass zu werden. Das Residenzschloss Ludwigsburg ist eines der größten Barockschlösser Deutschlands.

      In Marbach denke ich an Schillers Geburtshaus, das jetzt als Museum eingerichtet ist. Der Rollwagen hat hier an Stelle des Seiles eine Kette zum Ziehen. Meine Hände schmerzen sehr, als ich das Boot auf die andere Seite der Schleuse ziehe.

      Vor der Autobahnbrücke der A81 Stuttgart-Heilbronn, bei Wasser-Km 152,2, werde ich zum ersten Mal mit Spundwänden konfrontiert. Wieder rauscht ein Schiff der Weißen Flotte in einer leichten Kurve ohne abzubremsen vorbei und bringt das Wasser zum Schwappen. Wie in der Badewanne schaukele ich fast zwei Kilometer, bis sich die Oberfläche wieder beruhigt. Du kannst nicht richtig ziehen bei diesem hin und her schwappenden Wasser. Und du kommst auch nicht richtig vorwärts.

      Einige Kilometer später, kurz vor der Schleuse Pleidelsheim werde ich plötzlich vom Ufer aus angesprochen: »Hallo!«

      Ich drehe mich auf die Seite zum Ufer und sehe da mein Patenkind Judith grinsend mit Mann und wenige Wochen altem Baby im Kinderwagen stehen. Martin mit der laufenden Kamera im Anschlag.

      »Da seid ihr!«, rufe ich und freue mich riesig.

      Martin ruft: »Tag, Fritz!«

      »Was macht ihr hier?«, frage ich, denn sie wollten mir an der Neckarbrücke zuwinken.

      »Wir waren erst um Viertel nach eins an der Neckarbrücke.«

      »Da war ich schon weg.«

      »Das dachten wir uns. Dann sind wir nach Marbach gefahren. Aber da bist du auch schon durch gewesen.«

      »War wohl so.«

      »Deshalb sind wir weiter nach Ingersheim gefahren.«

      »Ich habe in Poppenweiler Mittagspause gemacht.«

      »Warst du am Bootsanlegesteg?«

      »Nein, vor der Schleuse.«

      »Wir warteten nach der Schleuse Poppenweiler«, sagt Judith.

      »Und da hätten wir dann wohl bleiben sollen«, sagt Martin. »Wie geht’s dir?«

      »Mir geht’s gut.«

      »Ist das Wetter optimal?«

      »Ist gut. Es lief auch gut. Ich habe jetzt achtundzwanzig Kilometer hinter mir.«

      »Cool!«,

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